The Poperty Post | Institutional Magazin Nr. 02 - Mai 2024

The Property Post Institutional NR 02 - MAI 2024 37 36 Stephan Schanz W eltweit herrscht ein chronischer Woh- nungsmangel. Das Weltwirtschafts- forum schätzt, dass bis 2030 jeden Tag 96.000 Wohnungen fertiggestellt werden müssten, um den Bedarf zu decken. Unseren Berechnungen zufolge werden derzeit weni- ger als 18.000 Wohnungen/Tag fertiggestellt, weniger als 20 Prozent des Bedarfs. Angesichts des mangelnden Angebots über- rascht es nicht, dass die Wohnkosten weit stärker gestiegen sind als die realen Haushaltseinkom- men – ein Trend, der sich während der Pandemie noch beschleunigt hat. Da die Verknappung des Angebots offenbar unumkehrbar ist, wird sich das Problem weiter verschärfen. Dies wird zu größe- rer Wohnungsknappheit führen und die sozio- ökonomischen Ungleichheiten verstärken. Auch Immobilieninvestoren konzentrieren sich zu- nehmend auf die sozialen Aspekte im Rahmen von ESG. Da es jedoch nur wenige Vorschriften oder an- erkannte Best Practices gibt, ist es nicht einfach, ei- nen Ansatz festzulegen. Das „S“ ist viel schwieriger zu messen als z.B. Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Dies gilt insbesondere für bezahlbaren Wohnraum. Wir haben deshalb eine eigene Methodik zur De- finition, Messung und Bewertung der Erschwing- lichkeit von Wohnen auf Markt-, Fonds- und Objektebene entwickelt. Hiermit haben wir die Möglichkeit, zu beurteilen, was Erschwinglichkeit wirklich bedeutet, um auf dieser Basis fundiertere Entscheidungen für unsere Investments zu treffen. Erschwinglichkeit definieren und ermitteln Der erste Schritt zur Entwicklung einer Lösung ist die Definition von Erschwinglichkeit. Es gibt viele Definitionen und lokale Nuancen, aber wir können zumindest mit vernünftigen Annahmen beginnen. Wir stufen eine Marktmiete als erschwinglich ein, wenn sie weniger als 30-40 Prozent des geschätz- ten verfügbaren Haushaltseinkommens in der Re- gion beträgt. Alternative Methoden sind z.B. die Festlegung eines Mietniveaus, das 15-20 Prozent unter der Marktmiete liegt. Wir bevorzugen aller- dings die Einkommensspanne, da an manchen Or- ten die Marktmieten so hoch sind, dass selbst eine reduzierte Miete nur eingeschränkt erschwinglich sein kann. Selbst bei der von uns bevorzugten Prüfung der Erschwinglichkeit gibt es mehrere Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Die zugrundeliegenden Marktmieten lassen sich nur schwer einheitlich er- mitteln, da jede Wohnung einzigartig ist und von objektspezifischen und mikroökonomischen Ein- flüssen abhängt. Auch die Daten zum Einkommen Stephan Schanz Senior Real Estate Investment Analyst, Europa abrdn Erschwingliche Mieten: Wie wir den europäischen Markt betrachten der privaten Haushalte sind unvollkommen und verschleiern bei Betrachtung des „Durchschnitts“ oft eine erhebliche Streuung oder Polarisierung um den Mittelwert. Durchschnittswerte verbergen die entscheidende Information: Wie viele Haushal- te können sich die Marktmiete leisten? Zudem sind weder die Mieten noch die Haushalts- einkommen statisch. Mieten können aufgrund von Indexierung, Staffelung oder über Mietspiegel stei- gen. Haushaltseinkommen unterliegen dem mak- roökonomischen Druck auf den Arbeitsmärkten und (teilweise) der Inflation, während die Nettoein- kommen auch durch Steuern und Abgaben beein- flusst werden. Eine regelmäßige Überprüfung der Schlüsselkomponenten ist daher unerlässlich. Analyse der Erschwinglichkeit der Miete Angesichts dieser Herausforderungen haben wir einen Ansatz entwickelt, der es uns ermöglicht, fundiertere Bewertungen der Erschwinglichkeit in den europäischen Großstädten vorzunehmen. Ausgangspunkt für diese Analyse sind konsistente Daten für Metropolregionen über die Verteilung der privaten Haushalte auf verschiedene Einkom- mensgruppen. Unsere Analyse betrachtet auch nicht nur den Schwellenwert für die Erschwinglichkeit, sondern ebenso die Frage, welcher Anteil der Haushalte in der Metropolregion sich eine Wohnung zur Markt- miete leisten kann. Wir haben die Flexibilität, zu definieren, welcher Anteil des verfügbaren Ein- kommens für die Miete aufgewendet werden darf, um lokale Faktoren zu berücksichtigen, wie z.B. in der Miete enthaltene Heizkosten oder auch die Wohnungsgröße. Grundlage ist in der Regel eine Spanne von 30-40 Prozent des Netto-Haushaltsein- kommens. Ziel ist es, den relativen Druck auf dem Mietmarkt besser zu verstehen. Größere Wohnungen sind teurer zu mieten. Wenn man jedoch nicht weiß, welcher Anteil der Haushalte in einem Ballungs- raum sich die einzelnen Wohnungstypen leisten kann, geht ein entscheidender Aspekt der Realität bei der Beurteilung der Erschwinglichkeit verloren. Die Einkommensverteilung kann auch zwischen den europäischen Großstädten sehr unterschied- lich sein. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Erschwinglichkeit des Wohnungsmarktes für ver- schiedene Wohnungstypen. Die folgenden Abbildungen zeigen, dass sich in Berlin etwa 10 Prozent weniger Haushalte die Mie- te von Zimmern, Studios oder Mehrzimmerwoh- nungen leisten können als in Paris. Kennzahlen Einkommen und Miete Paris Berlin Bis zu 1Tsd. 1–2 Tsd. 2–5 Tsd. 5–7,5 Tsd. 7,5–10 Tsd. 10–20 Tsd. 20–35 Tsd. 35–70 Tsd. 70–100 Tsd. 100–150 Tsd. 150–200 Tsd. 200–250 Tsd. Über 250 Tsd. 0 % 13 % 25 % 38 % 50 % 63 % 75 % 88 % 100 % 0 € 1.000 € 2.000 € 3.000 € 4.000 € 5.000 € 6.000 € 7.000 € 8.000 € 0 0 0 0 1 12 27 39 % 12 6 2 0 0 Quelle: Oxford Economics, Housinganywhere, abrdn, Dez. 2023 * Einkommensstufen in US$ % an Haushalten pro Einkommensstufe* (rechts) Mietspanne, €/Whg./Monat @ 35% des verfügbaren Einkommens (links) Zimmer (Miete erschwingl. für % der HH der Region) 1-Zi.-Whg. (Miete erschw. für % der HH der Region) Whg. (Miete erschwingl. für % der HH der Region) Marktmiete/Einheit Zimmer: 680 €; 1-Zi.-Whg.: 1.338 €; Whg.: 1.802 € Marktmiete/Einheit Zimmer: 690 €; 1-Zi.-Whg: 1.350 €; Whg.: 1.700 € 0 % 13 % 25 % 38 % 50 % 63 % 75 % 88 % 100 % 0 € 1.000 € 2.000 € 3.000 € 4.000 € 5.000 € 6.000 € 7.000 € 8.000 € Bis zu 1Tsd. 1–2 Tsd. 2–5 Tsd. 5–7,5 Tsd. 7,5–10 Tsd. 10–20 Tsd. 20–35 Tsd. 35–70 Tsd. 70–100 Tsd. 100–150 Tsd. 150–200 Tsd. 200–250 Tsd. Über 250 Tsd. 0 0 0 0 0 6 3 11 17 1 1 41 % 20

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