02.09.2020
Zukunft Bauen
Soziale Mischung und gute Nachbarschaft in Neubauquartieren
Erscheinungstermin: Juli 2020
Herausgeber: BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
Soziale Mischung in Wohnquartieren ist eine wichtige Aufgabe für Stadtentwicklung und Wohnungspolitik. Auf das schwieriger werdende Zusammenleben in einer heterogener werdenden Gesellschaft muss die Entwicklung von Wohnanlagen reagieren. Hohe Wohnzufriedenheit und gute Nachbarschaft sind die eigentlichen Erfolgskriterien sozial gemischter Neubauquartiere. Die Einflussfaktoren, Bedingungen und Instrumente für eine gelingende soziale Mischung im Neubau wurden im Rahmen der Studie "Soziale Mischung und gute Nachbarhschaft in Neubauquartieren" vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung untersucht. Am Forschungsprojekt beteiligt waren 14 Wohnungsunternehmen unterschiedlichen Typs – überwiegend kommunale Unternehmen, auch genossenschaftliche und privatwirtschaftliche – mit insgesamt 16 Beispielen.
Konzepte für sozial gemischte Neubauquartiere
Soziale Mischung betrifft verschiedene, teilweise voneinander abhängende Aspekte. Dazu gehören Maßstab und Umfang der Mischung, kombinierte Finanzierungen, spezifische Zielgruppen, Nutzungsmischung sowie Vorgaben der Kommunen und Bundesländer. Dies führt zu differenzierten Mischungskonzepten.
- Quartiersbezogene Mischung: Die Mischungskonzepte werden quartiersspezifisch entwickelt, das spezifische örtliche Wohnungsangebot im Gesamtquartier wird mit dem Neubau bedarfsgerecht ergänzt, Normstrategien gibt es nicht.
- Kleinteilige Mischung: Es werden geförderte und freifinanzierte Mietwohnungen kleinteilig innerhalb eines Hauses gemischt. Sowohl die Unternehmen als auch die Bewohner sind damit gleichermaßen zufrieden.
- Mischung mit Eigentum: Es gilt als stabilisierend für ein Quartier, Häuser im privaten Eigentum und zur Miete zu mischen. Schwieriger ist die Bewirtschaftung, hierbei treffen die Interessen von Wohnungsunternehmen und Wohnungseigentümergemeinschaften aufeinander.
- Ausgewogene Mischung: Von der Wohnungswirtschaft wird ein gedritteltes Mischungsverhältnis für günstig gehalten: je etwa ein Drittel geförderte Mietwohnungen, freifinanzierte Mietwohnungen und (selbstgenutzte) Eigentumswohnungen – dies bestätigte sich in etwa auch in der Bewohnerbefragung. Bei der Konzeption konkreter Projekte werden die Anteile je nach Ausgangssituation quartiersspezifisch festgelegt.
Baulich-räumliche Gestaltung sozial gemischter Neubauquartiere
Für die soziale Mischung sind auch Gebäudetypologie, Dichte, Wohnungsgemenge, Wohnungsgrundrisse und Wohnumfeld sehr relevant. Mit der Verständigung auf ein Bauprogramm werden die Wohnqualitäten für die sozial gemischte Nachbarschaft festgelegt.
- Wettbewerbe: Die Unternehmen empfehlen die Durchführung von Wettbewerbsverfahren, sie sehen sie als Grundlage für städtebauliche Qualität und soziale Mischung.
- Gestaltung: Die soziale Mischung ist gestalterisch meistens nicht sichtbar, die Wohnanlagen werden weitgehend einheitlich gestaltet.
- Wohnungsmix: Ein vielfältiges, differenziertes Wohnungsgemenge ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor sozial gemischter Neubauprojekte, dies betrifft Wohnungsgrößen sowie Wohnungs- und Gebäudetypen.
- Besondere Wohnformen: Es wird immer selbstverständlicher, gemeinschaftliche Wohnangebote – insbesondere für Menschen mit Assistenz- und Pflegebedarf – dezentral in die Wohnanlagen einzubinden, dies trägt zur Vielfalt bei.
- Qualität des Wohnumfelds: Das Wohnumfeld beeinflusst das soziale Leben in der Nachbarschaft erheblich. Gut bewertete Außenanlagen befördern Nachbarschaftskontakte.
Bewirtschaftung sozial gemischter Neubauquartiere
Im Rahmen der Objektbewirtschaftung ist es nicht nur bei der Belegung der Wohnanlagen, sondern auf Dauer die Aufgabe, mit entsprechenden Vorkehrungen und Instrumenten ein harmonisches Zusammenleben zu fördern und Konflikte in der Bewohnerschaft zu vermeiden.
- Belegung: Die Wohnungsunternehmen legen aus gutem Grund Wert auf Spielräume bei der Belegung der Wohnungen durch erfahrene Fachkräfte. Zur Vermeidung von Diskriminierungen sind Schulung des Personals und Evaluation der Verfahren notwendige Hilfsmittel.
- Konsequente Bewirtschaftung: Die Verwaltung erfolgt professionell mit hohem Anspruch. Regeln werden meist streng durchgesetzt, um Konflikte in der Nachbarschaft präventiv zu vermeiden und damit das Zusammenwohnen verschiedener Menschen zu erleichtern.
- Förderung sozialen Lebens: Es wird sowohl baulich-räumlich als auch mit Quartiersarbeit für gute Kontaktmöglichkeiten gesorgt.
- Nachbarschaftsleben: Geschätzt wird eine freundlich-zurückhaltende Nachbarschaft, die weder zu anonym noch zu eng ist. Gute Nachbarschaft heißt vor allem, ohne größere Konflikte zusammenzuleben.