Einzelhändler werden wieder optimistischer
Erscheinungstermin: September 2024
Herausgeber: Hahn Gruppe
Der Einzelhandel kämpft nach wie vor mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Kaufzurückhaltung bei den Konsumenten. Wie wirkt sich diese herausfordernde Marktphase auf den Investmentmarkt für Handelsimmobilien aus? Der aktuelle Retail Real Estate Report 2024/2025, den die Hahn Gruppe in Zusammenarbeit mit CBRE, bulwiengesa und dem EHI Retail Institute erstellt hat, bietet wie in jedem Jahr einen umfassenden Marktüberblick über das Segment.
Der Handel wird nach dem Umsatzrekord 2023 wieder optimistischer. Im vergangenen Jahr wurde mit 649 Mrd. Euro (netto) im deutschen Einzelhandel ein neuer Umsatzrekord erzielt. Vor dem Hintergrund der hohen Inflationsrate war allerdings ein realer Umsatzrückgang zu verzeichnen. Für das Jahr 2024 erwartet der HDE für den stationären Einzelhandel erneut ein nominales Umsatzplus von rd. 3,5 % auf 583,3 Mrd. Euro (netto), was Dank der rückläufigen Inflationsrate ein reales Umsatzplus von rd. 1 % erwarten lässt.
Dieser Aufwärtstrend spiegelt sich auch in der Expertenbefragung der Hahn Gruppe wider: Im Vergleich zum Vorjahr weist der Einzelhandel einen gesteigerten Optimismus hinsichtlich der Umsatzentwicklung für das zweite Halbjahr auf. So rechnet über die Hälfte (60 Prozent) der Einzelhändler bis zum Jahresende 2024 mit zunehmenden Umsätzen für ihre Vertriebslinie (Vorjahr: 57 Prozent). Der Anteil der Befragten, die sinkende Umsätze prognostizieren, ist von 20 Prozent im Vorjahr auf 13 Prozent in diesem Jahr gesunken. Entsprechend leicht angestiegen ist der Anteil der Vertriebslinien, die für die zweite Jahreshälfte eine stabile Umsatzentwicklung auf dem bestehenden Niveau erwarten (27 Prozent gegenüber 23 Prozent im Vorjahr).
Regulatorik/energetische Anforderungen fordern Investoren heraus
Die befragten Investoren sehen die generell steigenden regulatorischen Vorgaben sowie die energetischen Anforderungen an die Immobilie als maßgebliche Risikofaktoren im Hinblick auf Handelsimmobilien-Investments an (71 Prozent; Vorjahr: 74 Prozent). Auf die Zinsentwicklung blicken nur noch die Hälfte der Experten mit Sorge, nach 77 Prozent im Vorjahr. Dagegen wird die Konkurrenz im Einzelhandel durch den E-Commerce gegenüber dem Vorjahr wieder kritischer betrachtet (49 Prozent; Vorjahr: 33 Prozent). Die belastenden Folgen aus der Inflationsentwicklung der vergangenen Jahre sehen in diesem Jahr nur noch 29 Prozent als Herausforderung an (Vorjahr: 36 Prozent).
ESG-Aspekte stehen bei den Investoren weit oben auf der Agenda
Bei der Investitionsentscheidung für eine Einzelhandelsimmobilie werden ESG-bezogene Aspekte von 37 Prozent der Investoren in der Hahn-Expertenbefragung als relevant bzw. von 56 Prozent als sehr relevant angesehen und entsprechend im Prozess berücksichtigt. Darüber hinaus hat eine große Mehrheit der teilnehmenden Investoren (87 Prozent; Vorjahr: 76 Prozent) bereits in ausgewiesene Nachhaltigkeitsinvestments investiert. In der aktuellen Marktphase sind 42 Prozent der befragten Marktteilnehmer bereit, einen Preisaufschlag von bis zu fünf Prozent für eine ESG-konforme bzw. eine Green-Premium-Immobilie zu bezahlen respektive 26 Prozent sogar einen Aufschlag um bis zu zehn Prozent.
Damit eng verbunden sind anerkannte und etablierte ESG-Initiativen, Benchmarkings und Zertifizierungen, die für 80 Prozent der Investoren einen bedeutsamen Einfluss auf die Investitionsentscheidung nehmen. Die Integration von Green-Lease-Vereinbarungen in Mietverträge ist bereits bei 44 Prozent ein fester Bestandteil, gleichwohl es für ebenfalls 44 Prozent noch eine wünschenswerte Ergänzung darstellt. Eine digitale Energieverbrauchsmessung (Smart-Metering) ist bei der Hälfte der Befragungsteilnehmer ein Standardprozess. Die kontinuierliche Umsetzung energetischer Maßnahmen ist bei 66 Prozent der Investoren ebenfalls unverzichtbar.
Personalmangel belastet den Handel stärker als die Online-Konkurrenz
Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen auch beschäftigt den Einzelhandel ein deutlich spürbarer Personalmangel (58 Prozent). Von den Vertriebslinien als ebenfalls belastend empfunden werden in diesem Jahr die Immobilienkosten respektive Mieten (51 Prozent; Vorjahr 65 Prozent). Ähnlich wie im Vorjahr werden die gedämpfte Konsumstimmung (41 Prozent; Vorjahr: 53 Prozent) und die bestehenden Neben- und Bewirtschaftungskosten (31 Prozent; Vorjahr: 52 Prozent) als herausfordernd wahrgenommen. Nachdem im Vorjahr über die Hälfte (56 Prozent) die Inflationsentwicklung als gravierendes Problem eingestuft haben, sind es in diesem Jahr aufgrund der zwischenzeitlich gesunkenen Inflationsrate nur noch 25 Prozent der Vertriebslinienvertreter. Nahezu unverändert im Vergleich zum Vorjahr werden die Wettbewerbsverschärfung durch neue Marktteilnehmer (4 Prozent; Vorjahr 6 Prozent), die Konkurrenz durch den Online-Handel (10 Prozent, Vorjahr: 5 Prozent) und das veränderte Einkaufsverhalten der Konsumenten (21 Prozent; Vorjahr: 24 Prozent) bewertet.
Fachmarktzentren/Nahversorgungszentren sind die Favoriten
Fachmarktzentren bleiben die präferierten Expansionsziele des Einzelhandels und werden gegenüber Shopping-Centern und innerstädtischen Lagen deutlich bevorzugt (s. Grafik 24). So erwarten 56 Prozent der befragten Einzelhändler eine positive Entwicklung für Fachmarkt- und Nahversorgungszentren im aktuellen Umfeld, während nur 9 Prozent eine negative Entwicklung prognostizieren. Bei Shopping-Centern rechnen hingegen nur 3 Prozent mit einer positiven, aber 54 Prozent mit einer negativen Entwicklung. High-Street-Immobilien liegen dazwischen, mit 26
Prozent, die eine positive und 33 Prozent, die eine negative Entwicklung erwarten.
Folgerichtig haben die Investoren ähnliche Präferenzen: Fachmarktzentren stehen bei 88 Prozent der Investoren im Fokus (Vorjahr: 74 Prozent). An zweiter Stelle folgen mit jeweils 63 Prozent Nennungen Supermärkte und Lebensmitteldiscounter (Vorjahr: 68 Prozent) sowie SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte, die im Vorjahr noch bei 26 Prozent lagen. Bau- und Heimwerkermärkte erreichen mit 25 Prozent den vierten Platz (Vorjahr: 21 Prozent).
Am Handelsimmobilien-Investmentmarkt zeichnet sich eine Trendwende ab
CBRE erkennt sich aufhellende Rahmenbedingungen für den Handelsimmobilien-Investmentmarkt. Seit Jahresbeginn ist eine Stabilisierung der Spitzenrenditen zu verzeichnen. Diese optimistischere Einschätzung wird durch die Ergebnisse der Hahn-Expertenbefragung von Investoren und Finanzierungsinstituten bestätigt, die im Sommer für den HAHN Retail Real Estate Report durchgeführt wurde.
Während 2023 noch 72 Prozent der Experten davon ausgingen, dass die Renditen weiterhin steigen würden, sind im Sommer 2024 nun 81 Prozent überzeugt, dass dieser Trend gestoppt ist. Die Mehrheit der Befragten erwartet eine Stabilisierung der Renditen (71 Prozent), während 10 Prozent sogar einen Rückgang prognostizieren. Auch bei den befragten Banken und Finanzinstituten zeigt sich ein optimistischeres Bild: 45 Prozent erwarten bis Jahresende einen Anstieg des Kreditvolumens (im Vorjahr waren es nur 29 Prozent), während nur noch 9 Prozent mit einem Rückgang rechnen (im Vorjahr: 57 Prozent).