Deutschland verliert den Anschluss
Erscheinungstermin: November 2024
Herausgeber: Bitkom e.V.
Die zunehmende Digitalisierung und der wachsende Bedarf an Cloud-Computing treiben den Rechenzentrumsmarkt in Deutschland massiv an. In den vergangenen Jahren hat sich das Wachstum der IT-Anschlussleistung erheblich beschleunigt, und Prognosen deuten auf eine weitere Expansion bis 2030 hin. Gleichzeitig stehen Betreiber vor Herausforderungen wie steigenden Energieanforderungen, regulatorischen Vorgaben und Nachhaltigkeitszielen. Die Studie „Rechenzentren in Deutschland – Aktuelle Marktentwicklungen" von Bitkom analysiert die Entwicklung des Marktes, Standortfaktoren, technologische Trends sowie Chancen und Risiken für die Branche.
Wichtigste Erkenntnisse
Marktwachstum und Cloud-Dominanz
Der deutsche Rechenzentrumsmarkt wächst ungebrochen. Zwischen 2022 und 2024 stieg die IT-Anschlussleistung um 400 MW auf 2.730 MW. Cloud-Computing ist dabei der wichtigste Wachstumstreiber: 45 % der RZ-Kapazitäten werden für Cloud-Anwendungen genutzt. Investitionen in Rechenzentren belaufen sich 2024 auf 2,9 Milliarden Euro für Gebäude und Technik sowie 10 Milliarden Euro für IT-Hardware.
Steigende Bedeutung von Colocation-Rechenzentren
Die Nachfrage nach Colocation-Diensten wächst stark. 2024 entfallen fast 50 % der gesamten RZ-Kapazitäten auf Colocation-Einrichtungen, da immer mehr Unternehmen ihre IT-Infrastruktur auslagern. Rund 10.000 deutsche Unternehmen nutzen bereits solche Services.
Steigender Energiebedarf und Nachhaltigkeitsstrategien
Der Stromverbrauch der Rechenzentren in Deutschland wird 2024 auf knapp 20 Mrd. kWh geschätzt und könnte bis 2030 auf über 30 Mrd. kWh steigen. Dennoch wird die Klimawirkung der Rechenzentren sinken, da ab 2027 der Großteil bilanziell mit erneuerbaren Energien betrieben wird.
Deutschland als führender Standort in Europa
Innerhalb Europas ist Deutschland der größte RZ-Markt, liegt jedoch bei den Kapazitäten im Verhältnis zum BIP nur im Mittelfeld. International wächst der Markt in den USA und China wesentlich schneller, insbesondere durch Investitionen in KI- und Hyperscale-Rechenzentren.
Frankfurt bleibt Spitzenstandort, Berlin-Brandenburg wächst
Frankfurt/Rhein-Main ist nach wie vor der bedeutendste Standort für Rechenzentren, vor allem durch den DE-CIX-Internetaustauschpunkt. Berlin-Brandenburg gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere durch neue Cloud- und KI-Infrastrukturen. Das Rheinland wächst durch Microsofts Engagement im Rheinischen Revier.
Künstliche Intelligenz als Gamechanger
KI-Anwendungen treiben die Nachfrage nach Rechenleistung stark an. Aktuell werden 15 % der Kapazitäten für KI- und High-Performance-Computing (HPC) genutzt, bis 2030 soll dieser Anteil auf 40 % steigen. Die steigende Leistungsdichte führt zu höheren Anforderungen an Kühltechnologien und Energieversorgung.
Regulatorische Herausforderungen und Energieeffizienzgesetz
Betreiber stehen vor hohen regulatorischen Anforderungen, insbesondere durch das Energieeffizienzgesetz (EnEfG). Vorgaben zur Power Usage Effectiveness (PUE) und Abwärmenutzung stellen große Herausforderungen dar. Experten sehen jedoch auch Chancen, da effizientere Rechenzentren langfristig wirtschaftlicher sind.
Abwärmenutzung als ungenutztes Potenzial
Obwohl 63 % der Rechenzentren zumindest Teile ihrer Abwärme nutzen, gibt es große Hürden, darunter fehlende Abnehmer und unzureichende Wärmenetze. Die Anforderungen, die sich aus dem Energieeffizienzgesetzes ergeben, könnten die Nutzung jedoch forcieren.
Aausblick: Verdopplung der Kapazitäten bis 2030
Bis 2030 sollen die Rechenzentrumskapazitäten in Deutschland auf 4.850 MW wachsen, was einer Verdopplung im Vergleich zu 2022 entspricht. Hyperscale- und Colocation-Rechenzentren werden dabei den größten Anteil haben. Gleichzeitig wird die Branche ihre Klimawirkung um 30 % reduzieren, indem sie verstärkt auf erneuerbare Energien setzt.