Trendwende bei Renditeentwicklung
Erscheinungstermin: Mai 2023
Herausgeber: Scope Fund Analysis
Wie haben sich offene Immobilien-Publikumsfonds 2022 angesichts eines komplett verändert Marktumfelds – Zinswende, Baukostensteigerung und hohe Inflationsraten – entwickelt? Scope Fund Analysis hat die Renditebestandteile von 27 offenen Immobilienpublikumsfonds untersucht, die insgesamt mehr als 120 Mrd. Euro verwalten. Sie erzielten 2022 im Durchschnitt eine Rendite von 2,6%. Die Performance von Immobilienfonds besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: der Mietrendite (Mieterträge abzüglich Bewirtschaftungsaufwand in Relation zum Immobilienvermögen), der Änderung der Gebäudewerte und der Verzinsung der Liquidität.
Die Mietrendite war 2022 höher als 2021. Sie lag im volumengewichteten Durchschnitt bei 3,7% netto. Damit ist ein jahrelang anhaltender Abwärtstrend gebrochen. Das Vor-Corona-Niveau mit 4,0% im Jahr 2019 ist aber noch nicht wieder erreicht. Mehrere Aspekte führten zu diesem Anstieg. Zum einen kamen durch die Lockerung pandemiebedingter Maßnahmen Umsatzmieten zurück und teilweise wurden Mietstundungen aufgeholt. Zum anderen stieg die Inflationsrate 2022 deutlich. Weil die meisten Gewerbemietverträge entsprechend indexiert sind, erhöhten sich viele Mieten. Scope geht davon aus, dass die Netto-Mietrenditen in Summe mittelfristig weiter steigen werden, vor allem weil das Marktpreisniveau korrigieren dürfte. Die Bewirtschaftungskosten werden jedoch mittel- bis langfristig weiter zunehmen, da insbesondere das Thema ESG und damit Investitionen in den Bestand immer wichtiger werden.
Die Wertänderungsrendite der Immobilienfonds betrug im vergangenen Jahr 1,0%. Damit liegt sie auf dem Niveau von 2021. In den vergangenen Jahren wurden die Renditen der offenen Immobilienfonds größtenteils von Aufwertungen im Bestand, aber auch durch erfolgreiche Verkäufe getrieben. Dies wird sich 2023 nicht in diesem Maße fortsetzen. Die Zeit der Aufwertungen der Immobilien dürfte im Gesamtbild vorerst vorbei sein. Die Wertänderungsrenditen werden sich abschwächen.
Zusätzlich wurde die Veränderung der Immobilienwerte seit 2018 analysiert. Bei Büroimmobilien besteht ein starker lagebezogener Unterschied. Während Objekte in sehr guten Lagen und mit guter ÖPNV-Anbindung deutlich aufwerteten, haben sich Büroimmobilien in weniger guten Lagen deutlich schlechter entwickelt. Shopping-Center befinden sich schon seit Jahren unter Druck. Auch wenn im Einzelhandel inflations- bzw. umsatzgebundene Mieten üblich sind, lassen sich nicht alle Indexierungen weitergeben, weil die Mieterbonitäten dies oft nicht zulassen. Hotelimmobilien konnten sich aufgrund der Pandemie-Lockerungen 2022 stabilisieren. Die hohe Nachfrage nach Logistik-/Industrie-Objekten hat deren Werte deutlich erhöht.
Die Liquiditätsrendite lag 2022 bei -1,9% (volumengewichteter Durchschnitt). Dies war maßgeblich getrieben von Fonds, die ihre flüssigen Mittel größtenteils in Anleihen investiert haben. Diese werteten infolge des gestiegenen Zinsniveaus stark ab. Noch fehlen allerdings die Geschäftsjahresabschlüsse von zwölf Fonds. Diese parken ihre Barreserven überwiegend bei Banken. Dies wird die Liquiditätsrendite für 2022 etwas nach oben korrigieren, sobald die Jahresabschlüsse vorliegen und eine finale Berechnung erfolgen kann. Scope rechnet insgesamt für 2022 mit einer nur leicht negativen Liquiditätsrendite. Für 2023 erwarten wir wieder einen positiven Wert, der eventuell sogar das Niveau von 2014 mit 0,7% überschreiten und damit zur höchsten Liquiditätsrendite der vergangenen zehn Jahre führen könnte.
Vor dem Hintergrund kumulierender Unsicherheitsfaktoren (steigende Zinsen, hohe Inflation, wenig Transaktionen, wandelnde Nutzeranforderungen) erhöhen sich die Risiken in vielen Segmenten weiter. Trotz dieser vielfältigen Herausforderungen erwartet Scope für 2023 für offene Immobilienpublikumsfonds eine durchschnittliche Performance zwischen 2% und 2,5%. Viele Fonds verfügen weiterhin über attraktive Objekte mit hohen Vermietungsquoten und bonitätsstarken Mietern. Ihre Liquiditätsquoten sind derzeit ausreichend hoch und die Fremdfinanzierungsquoten überwiegend gering. Zusätzlich schützen die gesetzlichen Mindesthalte- und Kündigungsfristen vor kurzfristigen Mittelabflüssen.