Assetklasse gewinnt bei institutionellen Investoren an Bedeutung
Erscheinungstermin: April 2024
Herausgeber: JLL
Rechenzentren sind zu einem essentiellen Bestandteil der digitalen Infrastruktur in der modernen Gesellschaft geworden. Getrieben von der zunehmenden Digitalisierung sowohl im wirtschaftlichen als auch im privaten Bereich, dem massiven Einsatz mobiler Endgeräte und der schnellen Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz stehen Rechenzentren im Zentrum der digitalen Expansion und Innovation. Die Nachfrage nach Speicher- und Rechenkapazität sowie energieintensiveren Technologien wie spezialisierten KI-Chips steigt kontinuierlich an, was auch die Nachfrage nach entsprechenden Immobilien antreibt. Somit gewinnen Rechenzentren als Anlageprodukt für instutionelle Investoren zunehmend an Bedeutung. Doch wie stellt sich die aktuelle Marktsituation für Rechenzentren in Deutschland dar? Welche Herausforderungen und Regularien müssen Investoren beachten?
Der europäische Markt wird von den sogenannten „FLAP-D“-Märkten (Frankfurt, London, Amsterdam, Paris und Dublin) geprägt. Mit einer Gesamt-IT-Kapazität von 949 MW liegt London weiterhin an der Spitze, gefolgt von Frankfurt mit 724 MW. Allein im Jahr 2024 soll die IT-Last in der Mainmetropole um weitere 205 MW steigen. Auf den weiteren Plätzen folgen Amsterdam (500 MW), Paris (379 MW) und Dublin (232 MW).
Sechstgrößter Markt Europas und damit kein Teil der FLAP-D-Märkte ist Berlin mit einer Leistung von etwa 99 MW. Weitere Entwicklungen dürften die IT-Last der Bundeshauptstadt bis 2027 auf bis zu 700 MW katapultieren. Die Ansiedlung eines Hyperscalers eines großen Tech-Konzerns, also eines Rechenzentrums mit sehr großen Ressourcen und Kapazitäten, rief dort zuletzt Colocation-Anbieter, also Vermieter von Rechenleistung, auf den Plan.
Innerhalb Deutschlands wird das Rheinische Revier voraussichtlich Anfang 2026 mit der Eröffnung zweier Rechenzentren von Microsoft auf den dritten Platz steigen. Die beiden Objekte mit einer Gesamtleistung von 200 bis 400 MW will das Technologieunternehmen für die eigene Cloud-Infrastruktur und KI-Anwendungen nutzen. Generell zeigt sich, dass Neuentwicklungen immer größer werden: Während die meisten vor zehn Jahren errichteten Rechenzentren etwa zehn MW boten, sind heutzutage Entwicklungen von 100 MW nichts Ungewöhnliches mehr.
Auch wenn das Angebot zunimmt, mit der Nachfrage kann es nicht mithalten. Nicht nur wegen der beschleunigten Alltagsdigitalisierung während der Pandemie, sondern auch wegen der attraktiven Renditen zeigen insbesondere institutionelle Investoren vermehrt Interesse an Rechenzentren als Anlageobjekt. Um Zukunftstechnologien und niedrige Latenzen garantieren zu können, bedarf es weiterer Rechenleistung vor Ort – für die sich europäische Betreiber ohnehin bevorzugt entscheiden, um die anspruchsvollen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung zu erfüllen.
Zugleich steigen die Anforderungen an Bestand und Neubau: Bereits heute müssen Rechenzentren den Stromverbrauch zu 50 Prozent aus erneuerbaren Energien decken, für neu errichtete Objekte gilt ab 2027 gar ein hundertprozentig klimaneutraler Betrieb. Regularien wie das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) setzen verstärkt auf Pflichten, aber auch auf Anreize für nachhaltige Rechenzentren. Bestimmendes Thema ist dabei die Weiterverwertung der im Betrieb produzierten Abwärme, nicht zuletzt, da die Wärmeentwicklung mit höherer Rechenleistung ebenfalls zunimmt. Mit der Abwärmenutzung geht eine Zusammenarbeit vieler einzelner Akteure einher, letztendlich stellt sie aber auch einen Beitrag zum Erreichen der ESG-Ziele von Investoren, Entwicklern, Betreibern und Kommunen dar und kann so die politische und gesellschaftliche Akzeptanz solcher Immobilien steigern.