Licht und Schatten halten sich die Waage
Erscheinungstermin: September 2023
Herausgeber: bulwiengesa AG
Die Zinsanstiege der letzten Monate bremsen weiterhin die Investments im gewerblichen Immobilienmarkt. Einzelne Sondierungs-Deals, die den nachhaltigen Immobilienwert im aktuellen Umfeld testen, bleiben lediglich Einzelfälle – auch bei Logistikimmobilien. Um so relevanter sind die wenigen Transaktionen 2023, die im Durchschnitt einen Rückgang der Kaufpreisfaktoren für Logistikimmobilien um rund ein Drittel anzeigen. Das marktübliche Mietniveau, das jüngst stark gestiegen war, bleibt allerdings wegen der noch hohen Flächennachfrage in allen Logistikregionen hoch. Ebenso wie jene Fertigstellungen von Logistikanlagen, die bereits vor der Zeitenwende in Bau oder konkreter Planung waren.
Von 5 Mio. Quadratmetern fertiggestellten Logistikflächen 2022 wird das Niveau in Deutschland absehbar nur leicht auf 4,8 Mio. Quadratmeter im laufenden Jahr 2023 sinken. Beruhigung für den Markt setzt langsam beim Baukostenanstieg ein. Die Versorgungslage mit Baumaterialien verbessert sich insgesamt und der Wettbewerb zwischen den Akteuren des Baugewerbes nimmt wieder zu. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der neuen Studie „Logistik und Immobilien 2023“, die bulwiengesa zum neunten Mal in Folge in Partnerschaft mit der Berlin Hyp AG, BREMER AG, GARBE Industrial Real Estate GmbH (GARBE) und der Savills Immobilien-Beratungs GmbH (Savills) veröffentlicht hat. Für die Untersuchung wurden die Daten von über 3.000 bestehenden, im Bau befindlichen und geplanten Logistikobjekten ausgewertet.
Die hohen Erwartungen an Logistikimmobilien werden auch weiterhin durch die aktuellen Entwicklungen in diesem Sektor bestätigt – zumindest im Vergleich zu anderen Immobilientypen wie Wohnen und Büro, wo gravierendere Probleme zu Tage treten. Aber die unverändert hohe Rezessionsgefahr und andere Faktoren trüben das Bild auch bei dem Immobilien-Musterschüler der vergangenen Jahre.
Einbruch auf dem Investmentmarkt für Leichtindustrie und Logistik
Die Folgen der gestiegenen Finanzierungskosten und größerer Unsicherheit im Markt schlagen im Jahr 2023 auf dem Investmentmarkt für Logistikimmobilien durch. Mit einem Gesamtvolumen bei industriellen Immobilieninvestments von lediglich rd. 1,6 Mrd. Euro im ersten Halbjahr 2023, davon etwa 965 Mio. Euro für Logistikimmobilien, ist es das mit deutlichem Abstand schwächste Halbjahr im gesamten Betrachtungszeitraum.
Der rasante Anstieg des Refinanzierungszinssatzes stellt vor allem diejenigen Projektentwickler und Investoren vor Probleme, die die Grundstücke noch zu „alten“ Marktbedingungen gekauft haben. Betrachtet man die wenigen Abschlüsse des bisherigen Jahres, dann fällt auf, dass die Kaufpreisfaktoren im Zuge der Zinserhöhungen im Schnitt um rund ein Drittel gefallen sind.
Grundsätzlich, so ist aus Marktkreisen im Hinblick auf die weiteren Perspektiven zu vernehmen, ist der Weg zur Bodenbildung bei der Preisfindung für Logistikimmobilien zum Ende des ersten Halbjahres 2023 schon deutlich weiter fortgeschritten als in den meisten anderen gewerblichen Immobilienklassen.
Nach dem Zinsschock und der konjunkturellen Eintrübung hat sich der Investmentmarkt für Logistikimmobilien stabilisiert und die Marktakteure sind in der neuen Realität angekommen. Bis Investmentvolumen und Preise jedoch weiter steigen, wird es noch länger dauern. Gleichwohl sind die Wachstumsperspektiven des Logistiksegments im Vergleich zu anderen Immobilienarten
überdurchschnittlich gut. An der grundsätzlichen Finanzierungsbereitschaft seitens der Banken hat sich dabei nichts verändert.
Neubau und Logistik-Projektentwicklungen
Viele der im Jahr 2022 fertiggestellten Projekte befanden sich bereits vor dem Anstieg der Inflation und den Zinsänderungen im Verlauf des Jahres 2023 in der Bauphase. Die Auswirkungen auf die Entwicklungslandschaft werden daher erst im Verlauf dieses Jahres und des kommenden Jahres deutlicher erkennbar werden. In beiden Zeiträumen zeigt sich eine leicht abnehmende Tendenz bei den Fertigstellungen, die jedoch immer noch auf dem mittleren Niveau der vergangenen Jahre liegt. Von einem Einbruch im Logistikneubau kann nicht gesprochen werden.
Entwicklungspipeline
Mit knapp 1,9 Mio. qm Fertigstellungs- und (akuter) Pipelineflächen ist Panattoni wie auch schon im Jahr zuvor der aktivste Akteur am Markt der Logistikdevelopments. Mit GARBE Industrial Real Estate und VGP folgen auf den Rängen zwei und drei mit einem Fertigstellungsvolumen von rund 1,7 Mio. qm beziehungsweise 1,5 Mio. qm Entwickler, die auch jeweils ein hohes Volumen in der Pipeline für das laufende Jahr 2023 ausstehen haben.
Baukosten stabilisieren sich
Nach Jahren teilweise enormer Kostenanstiege bei den Baupreisen lässt sich zum Halbjahr 2023 konstatieren, dass sich die Versorgungslage mit Baumaterialien insgesamt verbessert hat und der Wettbewerb zwischen den Akteuren des Baugewerbes wieder zunimmt. Diese Faktoren wirken sich preisdämpfend auf die weitere Entwicklung der Baukosten aus, führt in der aktuellen Situation jedoch auch nicht zu einer steigenden Nachfrage. Die Nachfrage nach Bauleistungen erreicht nicht mehr das Niveau der vergangenen Jahre. Mit Blick auf das kommende Jahr ist davon auszugehen, dass sich die Preise insgesamt eher seitwärts entwickeln werden.
Region Rhein-Ruhr auf der Überholspur
Räumlich betrachtet überholt die Logistikregion Rhein-Ruhr im Ranking der 2018 bis 2023 fertiggestellten Fläche die über Jahre hinweg führende Region Berlin. Auffällig sind zudem Standorte aus der ehemaligen „zweiten Reihe“ wie beispielsweise die Logistikregionen A4/Thüringen, die aktuell deutlich aufholen. Großen Anteil an dieser Entwicklung hat das Thema Flächenverfügbarkeit. Entsprechend wurde dieses Thema von den befragten Expertinnen und Experten einer im Zuge der Studie durchgeführten Online-Befragung auch als wichtigste Herausforderung für die mittelfristige Zukunft in der Logistikimmobilienbranche benannt.