Digitale Transformation kommt nur schleppend voran
Erscheinungstermin: März 2023
Herausgeber: pom+Consulting
Wie steht es um die digitale Transformation in der Immobilienwirtschaft? pom+ will Licht ins Dunkel bringen und erstellt dafür einmal im Jahr den Digital Real Estate Index.
In welchem Ausmaß setzen sich Immobilienunternehmen mit der Digitalisierung auseinandersetzen und inwieweit haben sie bereits Massnahmen ergriffen und umgesetzt? pom+ hat im Rahmen der 8. Digital Rea Estate Umfrage 180 Führungskräfte, Immobilienexperten und -spezialisten aus der Schweiz und Deutschland zu 25 Indikatoren befragt und auf dieser Grundlage den Digital Real Estate Index berechnet. Auf einer Skala von 1 bis 10 wird die aktuelle Digitalisierungsreife in der Schweiz mit 4,6 bewertet, was einem Anstieg um 0,2 Punkten zum Vorjahr entspricht. Der Index von Deutschland ist hingegen leicht rückläufig und von 4,9 auf 4,8 Punkte gefallen.
Ein möglicher Grund für die langsame Entwicklung zeigt die Analyse der für die Branche relevanten digitalen Technologien. Deren Einschätzung stagniert seit mehreren Jahren. Zwar werden alle Technologien häufiger eingesetzt, doch die Zunahme ist bei den meisten eher moderat. Zudem sind die Erwartungen an den Nutzen der Technologie fast überall zurückgegangen. Eine Ausnahme bilden lediglich die sogenannten «Decentralized Energy Technologies», die aufgrund der drohenden Energiemangellage einen deutlichen Schub erhalten haben.
Teuerung hemmt digitale Investitionen
Die digitale Reife ist bei den FM-Dienstleistenden höher als bei allen anderen Akteurinnen und Akteuren der Branche. Die steigende Teuerung setzt sie allerdings so unter Druck, dass sie Investitionen in die digitale Transformation drastisch reduzieren mussten. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Anteil der FM-Dienstleistenden, die weniger als 1 Prozent des Umsatzes investieren, von 22 Prozent auf 66 Prozent verdreifacht. Derweilen investieren Planerinnen und Bauunternehmer stärker in Innovation und Digitalisierung, was auf den verstärkten Einsatz von BIM in der Projektierung zurückgeführt werden kann.
Zwei Drittel der Unternehmen geben mehr als 1 Prozent des jährlichen Umsatzes für Innovation und Digitalisierung aus, über ein Viertel sogar mehr als 5 Prozent. Dabei fällt auf, dass kleine Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitenden anteilsmässig mehr investieren als mittlere und grosse Unternehmen. Insgesamt zeigt sich, dass grosse Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden bei sinkenden Investitionen nach wie vor eine höhere digitale Reife haben als KMU. Mittelgrosse Unternehmen investieren weiterhin ähnlich viel und kleine Unternehmen sogar mehr als 2022.
Mangelnde Datenkompetenzen als grösste Herausforderung
Eine Erklärung für den schleppenden Fortschritt der digitalen Transformation liegt in der geringen Datenmaturität in Verbindung mit einer schwachen Data Literacy, also Datenkompetenz. Als Folge davon wird Data Analytics nur bei einem Viertel der Befragten eingesetzt, 38 Prozent beschäftigen sich mit dem Aufbau oder der Planung, wobei die meisten noch mit Pilotprojekten oder Wissensaufbau beschäftigt sind. 4 Prozent rollen die Technologie bereits im Tagesgeschäft aus. Knapp ein Drittel der Befragten setzt Data Analytics gar nicht ein und 6 Prozent betrachten die Thematik als nicht relevant. Insgesamt wird Data Analytics jedoch eine hohe Bedeutung beigemessen und gilt vor allem im daten- und statistikgetriebenen Investitions-, Portfolio und Assetmanagement als wichtiger Grundpfeiler für die Zukunft. Die Optimierung der Geschäftsprozesse und der Kostenstruktur werden dabei als wichtigste Potenziale genannt.
Data Analytics wird umso positiver beurteilt, je weiter die Integration im Unternehmen fortgeschritten ist. Dabei hat Data Analytics auf mehr Bereiche einer Unternehmung einen positiven Einfluss als erwartet. Dieser Einfluss wirkt oft eher indirekt, wie bei der Reduktion von Risiken, der Erweiterung der Wertschöpfungskette oder der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen. Der grösste Nutzen wird mit verbesserten Reportings erzielt, die interne Prozesse optimieren und beschleunigen. Die grösste Herausforderung bei der Anwendung von Data Analytics ist die mangelnde Qualität der Datenbasis. 89 Prozent der befragten Fachkräfte, die Data Analytics bereits nutzen, und 74 Prozent derjenigen, die sich mit dem Aufbau beschäftigen, bestätigen das. Auch das fehlende Knowhow im Umgang mit Daten wird von 41 bzw. 52 Prozent bemängelt.
Das Bewusstsein für Daten als Asset hat sich in der Bau- und Immobilienwirtschaft offentbar noch nicht durchgesetzt. Da die Anforderungen an Datenarchitekturen im sehr heterogenen Umfeld mit stark fragmentierten Prozessen und unterschiedlichen Beteiligungsgruppen sehr komplex sind, ist eine klare und transparente Kommunikation in Verbindung mit einer strukturierten Data Governance notwendig. So kann ein besseres Verständnis für Daten geschaffen werden.
Digitale Transformation muss gemeinsam stattfinden
Nicht nur technische Möglichkeiten fördern den digitalen Reifegrad, auch Erfahrungen, Kompetenzen und Knowhow haben einen entscheidenden Einfluss. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass die digitale Transformation der Branche nur gemeinsam stattfinden kann. Immer mehr Unternehmen kümmern sich deshalb gezielt um den Ausbau und die Pflege von Partnernetzwerken und treiben die Entwicklung von übergreifenden Geschäftsmodellen voran. Der dafür notwendige Datenaustausch über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg dürfte in absehbarer Zeit stark zunehmen. Daher empfiehlt es sich, das Bewusstsein für Daten im Unternehmen unabhängig vom Umsetzungsstand von Data Analytics auszubilden und zu stärken.