Kein Digitalisierungsschub durch Corona
Erscheinungstermin: März 2021
Herausgeber: pom+Consulting
Die Bau- und Immobilienwirtschaft hinkt der digitalen Transformation nach wie vor hinterher. Das zeigen die Ergebnisse der diesjährigen Digital Real Estate Umfrage, die von pom+ und Bauen digital Schweiz/buildingSMART Switzerland durchgeführt wurde. Die rund 250 befragten Führungskräfte und Immobilienexperten aus der Schweiz und Deutschland haben ihre eigene Digitalisierungsreife mit 4,2 zwar leicht besser eingeschätzt als im Vorjahr, doch bleibt die digitale Prozessdurchgängigkeit weiterhin eine Vision.
In der Digital Real Estate Umfrage 2021 wurde der Digital Real Estate Index für die Schweiz und für Deutschland bereits zum dritten Mal in Folge berechnet. Der Index misst, in welchem Ausmass sich Immobilienunternehmen mit der Digitalisierung auseinandersetzen und wie weit sie bereits Massnahmen ergriffen und umgesetzt haben. Basis für die Berechnung bilden 25 Indikatoren in fünf Clustern und zwölf Technologiebereichen. Auf einer Skala von 1 bis 10 wird die aktuelle Digitalisierungsreife über den gesamten Markt mit 4,2 beurteilt, was einer Zunahme von 0,3 Punkten entspricht. Die Unterschiede in den Indizes für die Schweiz und Deutschland haben sich in diesem Jahr mit 4,1 und 4,6 wieder akzentuiert.
Die leichte Zunahme des Index beruht mitunter darauf, dass sich der Digitalisierungsgrad zwischen den verschiedenen Rollen stärker angleicht. Im letzten Jahr haben insbesondere die Bewirtschafter und FM-Dienstleister punkto Digitalisierung zugelegt. Lösungen wie Mieterportale, die Einführung von digitalen Mieterakten, die Automatisierung des Vermietungsprozesses, aber auch neue Möglichkeiten im Gebäudebetrieb haben sicherlich zu dieser Verbesserung beigetragen. Am wenigsten weit in der Digitalisierung fortgeschritten sind die Eigentümer und Investoren – ihr Digitalisierungsindex ist sogar leicht tiefer als 2020.
Bei den Investitionen in Innovation und Digitalisierung zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Viele Unternehmen stellen zwischen 1% und 5% des Jahresumsatzes dafür zur Verfügung (43%). Rund ein Viertel der Befragten (24%) investiert mehr als 5% des Umsatzes. Eigentümer und Investoren bilden hier das Schlusslicht, was auch einer der Gründe für den tieferen Index sein dürfte.
Fokus der Digitalisierung verschiebt sich
Die aussergewöhnliche Situation rund um die Corona-Pandemie zeigt Auswirkungen auf die Digitalisierung der Bau- und Immobilienbranche. So wurden Investitionen in interne Prozessautomatisierung und in Digitalisierungsprojekte zurückhaltender getätigt. Als Konsequenz werden digitale Technologien weniger stark eingesetzt – einzig Platforms & Portals bilden hier eine Ausnahme.
Der Fokus der Digitalisierung hat sich im vergangenen Jahr verschoben. Anstatt die internen Prozesse zu optimieren, wurden die Kundenbeziehungen gepflegt und verbessert. Die sich abzeichnenden Veränderungen im Bereich neuer Arbeitsmodelle und die damit verbundene Um- und Neugestaltung von Büroflächen beinhalten grosse Chancen für innovative digitale Lösungen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entwicklung nur die Zusammenarbeit betrifft, oder einen tiefgreifenden Wandel hin zu einem transparenten, demokratisierten Umgang mit Daten auslöst.
Digitale Prozessdurchgängigkeit? Fehlanzeige!
Im Fokus der diesjährigen Umfrage stand Building Information Modeling (BIM). 63% der Befragten erachten die Anwendung von BIM für ihr Unternehmen als relevant, wobei BIM gegenwärtig vor allem bei der Planung und Erstellung von Gebäuden als wichtig erachtet wird. Der Mehrwert von BIM kann jedoch nur über den gesamten Lebenszyklus realisiert werden. Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass die Bedeutung der digitalen Prozessdurchgängigkeit und Automatisierung noch nicht vollumfänglich verstanden wird und der Lösungsweg, um BIM als Grundlage für ein durchgängiges Datenmodell des Gebäudes (Digital Twin) im Markt zu etablieren, noch unklar ist.
Die Branche muss an der Kultur, der Integration in die Wertschöpfungskette und dem Wissensstand arbeiten. Sie ist gefordert, durchgängige Datenstandards und offene Technologien zu entwickeln, die Stakeholder übergreifend nutzen können.