Mietendeckel dürfte wirtschaftlichen Superzyklus und Immobilienzyklus für einige Jahre entkoppeln
Erscheinungstermin: 20. Februar 2020
Herausgeber: Deutsche Bank Research
Die wichtigste Botschaft lautet: Wenn der Mietendeckel verfassungskonform ist, verändert sich die Lage für Investoren erheblich. Zumal aufgrund der zukünftigen politischen Mehrheitsverhältnisse die zunächst auf fünf Jahre befristete Regelung im Jahr 2025 verlängert werden könnte. Risikoaverse, kurzfristig orientierte Investoren haben Anreize, den Berliner Markt zu verlassen. Für langfristig orientierte Investoren ist Berlin aufgrund des wirtschaftlichen Superzyklus unserer Ansicht nach weiterhin ein attraktiver Markt.
Ob der Mietendeckel verfassungskonform ist, wird voraussichtlich eine Normenkontrollklage klären. Man erwartet, dass im Herbst 2020 ein Urteil gefällt werden wird. Es herrscht unter den Juristen Uneinigkeit über das zu erwartende Urteil, entsprechend hoch ist die Rechtsunsicherheit. Bisherige Regulierungsansätze, wie Mietpreisbremse, Neuregelung des Mietspiegels, Wohngipfel etc., waren Randerscheinungen des deutschen Immobilienbooms.
Angesichts der Knappheit an Wohnraum hatten sie bestenfalls einen leicht dämpfenden Effekt auf die Preisanstiege. Mit der Neuausrichtung der
Wohnungspolitik der Stadt Berlin und dem Mietendeckel wird ein radikaler Versuch unternommen, marktwirtschaftliche Mechanismen auszuhebeln. Die Entwicklungen in Berlin dürften wohl auch großen Einfluss auf die Wohnungspolitik in Deutschland haben.
Das Hauptanliegen des Senats ist es, die Mieten des gesamten freien Wohnungsmarkts für fünf Jahre einzufrieren. Dazu wurde Ende Januar 2020 der
Mietendeckel verabschiedet, der voraussichtlich Ende Februar in Kraft tritt. Das Gesetz friert die Mieten rückwirkend auf dem Niveau von Juni 2019 ein.
Damit dürften Mieterhöhungen bis zum Jahr 2021 gesetzlich verhindert werden. Anschließend wären Mieterhöhungen um 1,3% pro Jahr erlaubt. Der Mietendeckel behebt das Kernproblem des knappen Wohnraums nicht. Im Gegenteil, er erhöht die Nachfrage und reduziert das Angebot. Die jüngsten Genehmigungszahlen deuten einen Einbruch des künftigen Angebots an. Zudem ist die Zahl der potenziellen Ausweichbewegungen groß und könnte das Bemühen des Senats, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, konterkarieren.
Der wirtschaftliche Superzyklus in Berlin setzt sich unvermindert fort. Die Einwohnerzahl steigt, der Arbeitsmarkt boomt und das reale BIP wächst in den letzten Jahren mit fast 4% pro Jahr. Zudem ist Berlin aufgrund seines starken wissensintensiven Dienstleistungssektors vor globalen Risiken geschützt.
Langfristig dürften die negativen Nebenwirkungen des Mietendeckels auf dem Wohnungsmarkt klar hervortreten. Daher erwarten wir keine Verlängerung über das Jahr 2030 hinaus und betrachten Berlin für langfristig orientierte Investoren aufgrund des wirtschaftlichen Superzyklus als weiterhin attraktiven Standort.