27.04.2023

Bauüberhang

Gründe und Struktur

Erscheinungstermin: April 2023

Herausgeber: BBSR - Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Der Bauüberhang in Deutschland, d. h. die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen, ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Ende 2021 umfasst der Bauüberhang bundesweit gut 845.000 Wohnungen. Vord dem Hintergrund der hohen Zahlen und der damit einhergehenden öffentlichen und politischen Diskussionenhat hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung die Strukturen und Veränderungen des Bauüberhangs sowie deren Gründe analysiert. Für das Vorhaben haben die Wissenschaftler Auswertungen der Bautätigkeitsstatistik einschließlich regonalisierter Sonderauswertungen und Mikrodatensätze der statistischen Landesämter verwendet sowie Experteninterviews durchgeführt.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Der Bauüberhang im Neubau, der im Zentrum dieser Analyse steht, stieg zwischen Jahresende 2014 und 2019 von 376.500 auf 596.000 um 219.500 Wohnungen. Der Anstieg konzentriert sich weit überwiegend auf den Geschosswohnungsneubau (+ 190.500, rd. 87 % der Zunahme), da im Ein- und Zweifamilienhausbau die Zahl der genehmigten Wohnungen nur geringfügig stieg. Bis 2021 stieg der Bauüberhang weiter auf 685.000 Neubau-Wohnungen (476.000 Wohnungen in MFH- und 209.000 in EZFH-Objekten). Für die Analysen der Strukturen und regionalen Unterschiede standen allerdings Sonderauswertungen und Mikrodaten nur bis einschließlich 2019 zur Verfügung.
  • Der Anstieg des Bauüberhangs im Neubau zwischen 2014 und 2019 lässt sich zu gut der Hälfte (54 %) aus dem Anstieg der Genehmigungen selbst erklären, da für den Bau – der Zeitraum zwischen Genehmigung und Fertigstellung – Zeit benötigt wird. Dieser genehmigungsinduzierte Anstieg des Bauüberhangs ist positiv zu werten. Ein hoher Bauüberhang bedeutet, dass viele Wohnungen im Bau sind oder sich in der Bauvorbereitungsphase befinden und in Zukunft (überwiegend) fertiggestellt werden.
  • 42 % des Anstiegs des Neubau-Bauüberhangs ist allerdings auf eine Verlängerung der mittleren Baudauer sowohl der EZFH- als auch der MFH-Objekte zurückzuführen. Ohne Verlängerung der Baudauern seit 2014 wäre der Bauüberhang zum Jahresende 2019 um 69.800 Geschosswohnungen und 21.900 EZFH-Wohnungen niedriger bzw. das Wohnungsangebot entsprechend höher gewesen. Die Verlängerung der Baudauer führt dazu, dass immer weniger Bauvorhaben im Jahr der Genehmigung (EZFH) oder im Jahr nach der Genehmigung (MFH) fertiggestellt werden. Wurden bis zum Jahr 2015 noch über 50 % der Geschosswohnungsbauprojekte nach ein bis unter zwei Jahren fertiggestellt, so sank der Anteil bis 2019 auf 36 %.
  • Gleichzeitig zeigt die Analyse der Struktur des Bauüberhangs, dass sich sowohl im EFZH- als auch im MFH-Bau vor allem die Bauphase selbst verlängert hat, d. h. der Zeitraum zwischen Baubeginn und Fertigstellung. Kaum verändert hat sich hingegen der Zeitraum zwischen Genehmigung und Baubeginn („Bauvorbereitungsphase“). Daraus folgt, dass häufig vermutete „Bremsfaktoren“ wie Konflikte mit Anwohnern oder zunehmende Hinwendung zu „komplizierten“ Grundstücken in der Summe keinen messbaren Einfluss auf die Baudauer haben, zumindest nachdem die Baugenehmigung erteilt wurde.
  • Für andere Faktoren wie die Zunahme der durchschnittlichen Größe der Bauvorhaben hat sich in der Analyse kein oder ein nur geringer Einfluss auf die Baudauer und damit den Bauüberhang erkennen lassen. Insbesondere kann ausgeschlossen werden, dass der Bauüberhang aufgrund zunehmender nicht realisierter Genehmigungen, die damit im Bauüberhang verbleiben, angestiegen ist. Vielmehr ist die Realisierungsrate genehmigter Objekte erstaunlich konstant. Rund 93 % aller genehmigten Geschosswohnungen wurden und werden tatsächlich realisiert, bei Ein- und Zweifamilienhäusern beträgt die Realisierungsrate über die Jahre gleichbleibend 95 % bis 96 %.
  • Die Analyse verschiedener in Frage kommender Faktoren für den Anstieg der eigentlichen Baudauer (Baubeginn bis Fertigstellung) hat gezeigt, dass weder die zu beobachtende Vergrößerung der Bauobjekte, noch die Verschiebungen zwischen den Marktanteilen verschiedener Bauherrentypen oder der Anteil des Fertigteilbaus einen wesentlichen Einfluss besitzt. Bei den Recherchen außerhalb der Bautätigkeitsstatistik selbst, hat sich als zentraler Einflussfaktor die in den letzten Jahren stark gestiegene Auslastung der Kapazitäten der Bauwirtschaft herauskristallisiert. Experteneinschätzungen, bauwirtschaftliche Statistiken und Geschäftsklimabefragungen der Bauwirtschaft deuten sehr stark auf diesen Zusammenhang mit der Bauzeitverlängerungen hin. Die Auslastung der Bauwirtschaft ist auf einem historisch hohen Niveau.
  • Trotz der Zunahme der durchschnittlichen Baudauer ist der aktuelle Bauüberhang weit überwiegend jung. Er setzt sich im Wesentlichen aus den Genehmigungen der vorangegangenen drei Jahre zusammen. Der hohe Bauüberhang ist damit metaphorisch formuliert kein „Lager“, in dem viele Genehmigungen lange rumliegen und verstauben, sondern ein „Sortierzentrum“ mit großem und steigendem Durchsatz.
  • Relevante regionale Unterschiede haben sich in den Analysen nicht gezeigt. Zwar weisen manche Landkreise oder kreisfreie Städte verschiedene auffällige Werte in Bezug auf Bauüberhang, Baudauer oder Realisierungsraten auf. Regionale Muster sind allerdings nicht zu erkennen. Auffällige Werte dürften sich vielmehr mit den Unschärfen der Bautätigkeitsstatistik und unterschiedlichem Verwaltungshandeln vor Ort erklären lassen. Insgesamt lassen sich die regionalen Unterschiede im Bauüberhang überwiegend auf die gleichermaßen auftretenden Unterschiede bei den Genehmigungszahlen der Vorjahre zurückführen. Bauüberhänge sind dort besonders angestiegen und hoch, wo viel – und insbesondere im Geschosswohnungsbau – genehmigt wurde.
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Inhaltlicher Überblick

  • Daten- und Informationsgrundlagen
  • Entwicklung der Bautätigkeit und des Bauüberhangs in Deutschland
  • Gründe für längere Baudauern
  • Eignung der Berechnungsgrundlagen für eine Projekten der Baufertigstellungen
  • Fazit

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