Ökonomische Rahmenbedingungen für die Immobilienwirtschaft
Erscheinungstermin: Dezember 2023
Herausgeber: Colliers
Wie werden sich die ökonomischen Rahmenbedinungen und damit auch die Voraussetzungen für die Immobilienwirtschaft 2024 entwickeln? In der aktuellen Studie "Colliers Ausblick 2024. Neue Perspektiven. Potenziale im Fokus." analysieren die Marktexperten von Colliers das wirtschaftliche Umfeld der Immobilienbranche für 2024 und beleuchten die Themenfelder Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und Künstliche Intelligenz. Darüber hinaus untersuchen sie die wichtigsten Nutzungsarten sowie deren Potenziale für das Investment- und Vermietungsgeschäft im kommenden Jahr.
Moderates Wirtschaftswachstum und stabilisiertes Finanzierungsumfeld
Nach einer rezessiven Phase im Jahr 2023 rechnen die Marktexperten von Colliers für 2024 mit einem moderaten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 0,5 Prozent in Deutschland. Durch diesen leichten wirtschaftlichen Umschwung wird sich die Inflation auf 2,7 Prozent abmildern und die Europäische Zentralbank ihre Zinspolitik entsprechend adjustieren. Zum Jahresende ist ein Leitzins von unter 4 Prozent zu erwarten. In Folge des wirtschaftlichen Umschwungs wird auch die Volatilität des Zinsumfeldes abnehmen. Die Finanzierungskonditionen werden sich bereits im ersten Halbjahr 2024 stabilisieren. Der zuletzt negative Spread zwischen 5- und 10-jährigen SWAP-Rates wird sich im Jahresverlauf 2024 umkehren. Da in diesem Fall die Zinsen für längerfristige Finanzierungen wieder teurer als für kürzere Finanzierungen sind, bieten sich den Investoren wieder mehr Möglichkeiten, über die Finanzierungslaufzeiten ihre Finanzierungskosten zu optimieren.
Neue CSRD-Bestimmungen und KI-Anwendungen werden die Branche prägen
Die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bildet die Grundlage für die europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ziel der Richtlinie ist es, Unternehmen zu mehr Transparenz bezüglich ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu verpflichten. Für das Kalenderjahr 2025 werden in Deutschland 15.000 Unternehmen verpflichtet sein, nach CSRD zu berichten. Die Vorbereitungen dazu werden 2024 deutlich intensiviert. Damit steigt insgesamt das Bewusstsein für Nachhaltigkeitskriterien in der Unternehmensführung. Auf der Vermietungsseite erwartet Colliers daher ein steigendes Interesse an Gewerbeimmobilien, die zu den unternehmerischen Nachhaltigkeitszielen passen. Unter Investoren und Asset Managern wird es 2024 eine höhere Toleranz für notwendige CapEx-Maßnahmen als Investition in nachhaltigere Immobilien geben.
Seit der Veröffentlichung von ChatGPT haben Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI) deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten, auch in der Immobilienwirtschaft. Laut Colliers Ausblick werden KI-Anwendungen im kommenden Jahr ein globales Umsatzwachstum von 33 Prozent erfahren bei einem prognostierten Gesamtumsatz von 71 Miliarden US-Dollar. Für die Immobilienbranche ist 2024 ein verstärkter Einsatz von KI-Anwendungen zu erwarten, vor allem bei repetitiven und standardisierten Aufgaben.
Die Entwicklung in den wichtgsten Nutzungsarten 2024
Büro
Der Preisfindungsprozess im Büroinvestment ist bis Ende 2023 bereits weit vorangeschritten und hat den Großteil der Lücke zwischen Käufer- und Verkäufervorstellungen geschlossen. 2024 wird sich diese Lücke durch weniger Volatilität im Finanzierungsumfeld im Jahresverlauf schließen, wodurch es wieder vermehrt zu Transaktionen kommen wird. Die durchschnittliche Bruttoanfangsrendite in den Top 7 erwartet Colliers bei rund 5,00 %, und damit vergleichbar mit dem Niveau von 2016/2017. In der Bürovermietung ist die Talsohle an vielen Standorten voraussichtlich erreicht. Die kleinen und mittleren Segmente werden auch 2024 wieder für eine solide Umsatzbasis sorgen. Da im Zuge der wirtschaftlichen Erholung im Jahresverlauf Anmietentscheidungen von Großnutzern wahrscheinlicher werden, werden diese zu einem moderat steigenden Flächenumsatz des Gesamtmarktes führen.
Einzelhandel
Für Einzelhandelsimmobilien erwartet Colliers einen Bedeutungsgewinn von Handelslagen im wohnortnahen Bereich sowie die Belebung von Innenstadtlagen durch neue Mixed-Use- und Storekonzepte mit Lebensmittelankern und Non-Food-Discountern. Hinzu kommt eine weitestgehende Bodenbildung bei Mieten in 1a-Lagen, u.a. wegen fortschreitender Reduktion von Einzelhandelsflächen. Auf der Investmentseite sind Renditesteigerungen über alle Betriebstypen hinweg angesichts des weiter hohen Zins- und Finanzierungsniveaus absehbar.
Wohnen
Eine anhaltend steigende Nachfrage nach Wohnraum verbunden mit einem massiven Rückgang des Wohnungsneubaus führt dazu, dass der Wohnungsmarkt 2024 so angespannt sein wird wie seit Jahrzehnten nicht. Der politische Stimulus dürfte zudem erst mittelfristig Wirkung zeigen. Alle genannten Faktoren führen dazu, dass die Neuvermietungsmieten in den TOP 7 Städten im Jahresverlauf um weitere 3 bis 4 Prozent steigen werden.
Industrie & Logistik
Im Segment Industrie & Logistik werden Flächenmangel und niedrige Leerstandsquoten die Mietpreisentwicklung 2024 weiterhin positiv prägen und Logistikimmobilien in besonderer Weise attraktiv für Investoren machen. Colliers prognostiziert ein durchschnittliches Mietwachstum von 8 Prozent an den TOP 8 Logistikstandorten in Deutschland. Hinzu kommt eine Steigerung des Flächenumsatzes um 10 Prozent im Vergleich zu 2023, womit sich der Flächenumsatz auf dem Niveau der Jahre 2019 und 2020 einpendeln wird.
Life Science & Tech, Data Center und Wald
Zur Diversifizierung von Immobilienportfolios bieten sich im Jahr 2024 in den Nutzungsarten Life Science & Tech, Data Center und Wald besondere Investmentchancen. Für das Segment Life Science & Tech beobachtet Colliers einen starken Anstieg von Projektfertigstellungen und eine Vielzahl neuer Projektentwicklungen, die in den Baustart gehen: vor allem in Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die digitale Transformation führt auch 2024 zu einem wachsenden Energiebedarf und steigenden Installationszahlen von Rechenzentren, absolut und in Megawatt. Investoren können hier verstärkt an der Entwicklung partizipieren und ihr Portfolio erweitern. Durch die positiven Perspektiven für mehr serielle Vorfertigung von Holzmodulen im Wohnungsbau wird der Werkstoff Holz im Jahr 2024 einen weiteren Bedeutungsgewinn verbuchen. Zudem ist Wald im Portfolio ein zunehmend wichtiges Element zur CO2-Kompensation von Investoren und Asset Managern.