20.08.2024

Sexy genug für IT-Kräfte?

Christian Döring, Teamleiter, Senior-Kommunikationsberater, RUECKERCONSULT GmbH
Christian Döring

Um die digitale Transformation erfolgreich zu meistern, benötigt die Immobilienwirtschaft das dazu notwendige Personal: Programmierer, KI-Experten, Data Scientists, Experten für Cyber Security. Doch hat die Branche genug Anziehungskraft, um IT-Fachpersonal von sich als Arbeitgeber zu überzeugen?

Die Immobilienwirtschaft steht vor einer digitalen Transformation. ESG-Berichtspflichten, Klimaziele und anspruchsvolle Mieter benötigen unter anderem Datenanalysen zur Gebäude-Erstellung und für den Betrieb. Auch Entscheidungen werden künftig zunehmend datengetrieben sein: KI hilft unter anderem bei Investmententscheidungen, da sie in kurzer Zeit Mietverträge und die Gebäudequalität auswerten kann. Hierfür werden IT-Fachkräfte wie KI-Experten, Data Scientists und Programmierer benötigt. Doch wie beliebt ist die Branche als Arbeitgeber bei IT-Experten? Verfügt sie über genug Strahlkraft oder gilt sie als verstaubt? Und was unternehmen Branchenvertreter, um Fachkräfte für die Umgestaltung zu gewinnen? Über diese Themen diskutierten auf einem von RUECKERCONSULT organisierten Online-Panel die drei Experten Felix Dorner, CFO von aedifion, Marko Broschinski, Head of Sales der INTREAL Solutions, und Matthias Höppner, Geschäftsführer von RecToCon.

Matthias Höppner ist seit vielen Jahren als Personalberater in der Immobilienbranche tätig. Er beobachtet, dass der Branche der „Coolness-Faktor“ fehlt und unter anderem bei Fachkräften aus den Bereichen IT und Softwareentwicklung zu wenig sichtbar ist. „Viele Bewerber wissen zudem wenig über die anstehenden digitalen Herausforderungen in der Immobilienbranche. Dabei ist eine Tätigkeit im Immobiliensektor mit großer Sinnhaftigkeit verknüpft: Trägt eine Expertin oder ein Experte dazu bei, dass Bestandsobjekte weniger fossile Energie verbrauchen und Mieter geringere Nebenkosten zahlen, sollte das viele Talente motivieren und zu ihrer Arbeitszufriedenheit beitragen. Auch das damit verbundene Change-Management, das in der Firma initiiert werden muss, kann für viele Arbeitnehmer eine interessante Aufgabe sein“, so Höppner.  

Marko Broschinski ergänzt: „Die Gestaltungsmöglichkeiten, die Mitarbeiter mit digitalem Arbeitsschwerpunkt in unserer Branche haben, werden unterschätzt. Dabei werden in der Branche eine Vielzahl von Fertigkeiten langfristig nachgefragt, wie Software-Entwicklung, Datenanalyse, Schnittstellen-Management und zunehmend auch Aufgaben im Bereich Cyber-Security.“  

Was Unternehmen tun, um IT-Fachkräfte anzuwerben

Um auf sich aufmerksam zu machen und neue Talente zu gewinnen, geht die Branche unterschiedliche Wege. Neben Messen und Absolventenkongressen von Hochschulen spiele das Recruiting über Social-Media-Plattformen eine große Rolle. „Je nach Altersgruppe sollte man den passenden Kanal für die Bewerberansprache wählen. Das macht die Stellenbesetzung komplex, selbst für uns als Pro-Tech-Unternehmen, das eine Cloud-Lösung für das Sammeln von Gebäudedaten und Automatisierungen anbietet“, sagt Felix Dorner, von aedifion.

In der Branche gesucht werden gleichermaßen Uni-Absolventen wie Experten mit 20-jähriger Berufserfahrung. „Jobstarter findet man eher bei Instagram, teils auf TikTok. Wer bereits im Job ist, wird eher über die klassischen Kanäle und LinkedIn erreicht. Unser Unternehmen macht darüber hinaus gute Erfahrungen bei Kooperationen mit regionalen Hochschulen. Wir schreiben Abschlussarbeiten aus, bieten Jobs für Werkstudierende an und gehen zu verschiedenen Veranstaltungen von Hochschulen“, so Dorner weiter.

Broschinski verweist auf Erfolge, die die INTREAL mit Empfehlungen durch eigene Mitarbeiter gemacht hat: „Angestellte, die aus dem privaten Umfeld unserer Mitarbeiter kommen oder bereits in vorigen Arbeitsverhältnissen mit ihnen zusammengearbeitet haben, wissen, was auf sie zukommt. Gleichzeitig weiß unser Beschäftigter, was sie können. Das ist eine sehr gute Ausgangssituation“, sagt Broschinski.  

Nur wenige Bewerber verfügen sowohl über IT- als auch über Immobilienwissen  

Alle drei Experten sind sich einig, dass es schwierig ist, Bewerber zu finden, die sowohl über das nötige IT-Wissen als auch über Real-Estate-Verständnis verfügen. Höppner dazu: „In der Real-Estate-Branche wird oft in Objekten gedacht, im Tech-Umfeld wird hingegen in Datenströmen gedacht. Das zusammenzubringen und dann noch die Fachbegriffe vom Property-Management zu verstehen, ist eine Herausforderung.“ Auch in der universitären Ausbildung im Real-Estate-Bereich habe es vor fünf Jahren noch keine Möglichkeiten gegeben, Vorlesungen mit IT-Schwerpunkten zu wählen. Das habe sich zwar gebessert, könne aber noch optimiert werden, fügt Dorner an.  

Diese Diskrepanz könnte aufgelöst werden, wenn Unternehmen ihre Immobilienexperten verstärkt in IT-Themen weiterbilden würden. „Überhaupt sind Karriereaussichten, neben dem Wunsch nach flexiblem Arbeiten, bei Bewerbern das wichtigste Kriterium, sich für die jeweilige Firma zu entscheiden“, beobachtet Höppner. Dabei nimmt Broschinski auch die Angestellten selbst in die Pflicht, sich über ihre berufliche Entwicklung klar zu sein und sich darüber proaktiv mit ihren Führungskräften auszutauschen.  

Immobilienunternehmen müssen Change-Management leben

Viele Immobilienunternehmen müssen noch an sich arbeiten und die digitale Transformation leben, sagte PropTech-Vertreter Dorner. „Stehen Chefs nicht hinter den notwendigen Innovationen und Anpassungen, bleibt der digitale Wandel stecken.“  

Wichtig sei dabei, neben den Prozessen auch die Unternehmenskultur anzupassen. „Es nützt nichts, wenn es auf dem Papier schön klingende Leitbilder gibt, diese aber nicht gelebt werden“, so Broschinski. „Auch müssen Versprechen, die während des Bewerbungsprozesses gemacht werden, eingehalten werden“, berichtet Höppner aus seiner Beraterpraxis. Bei solchen Diskrepanzen sei der neue Mitarbeiter vermutlich bald wieder weg.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RUECKERCONSULT GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2024

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