Deutschland: Design & Build im Aufwind
Wo steht partnerschaftliches Bauen in Deutschland? Die verwendeten Prozess- und Vertragsmodelle in dieser Bauvariante heißen beispielsweise „Lean IPD“, „Design & Build“ oder „Project Alliance“. Damit wird klar: Partnerschaftliches Bauen hat in Deutschland keine Tradition – doch eine zunehmende Zahl an Akteuren wendet sich angelsächsischen Modellen zu. Besonders hervor sticht dabei das Ausbaugewerbe.
Rund 200 Teilnehmer versammelten sich Mitte April zur 3. Design & Build Konferenz in Berlin. Zu den Mitgastgebern zählte neben Projektentwicklern und zahlreichen Bauunternehmen diesmal auch mit MPP ein Architekturbüro. Dies war ein klares Signal an die Branche, dass auch die bislang kritische Architektenzunft, die die Trennung von Planung und Ausführung vielerorts als Grundlage ihrer Arbeit ansah, bereit ist für neue Modelle der Projektabwicklung.
ZIA-Geschäftsführer Klaus-Peter Hesse hob in seinem Eingangsstatement hervor, wie sich Deutschlands größter Immobilienverband dem Thema Partnering zugewendet hat: Im Schulterschluss mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie soll partnerschaftliches Bauen in die Politik getragen werden. Ein wichtiges Forum hierzu ist der vom ZIA gegründete Kommunalrat, in dem Vertreter der Branchen und der Öffentlichen Hand gemeinsam an Maßnahmen für ein effizienteres und schnelleres Bauen arbeiten.
Marcus Becker, Geschäftsführer der Kondor Wessels Bouw Berlin, warb für das aus den Niederlanden stammende Bauteamverfahren und hob insbesondere seinen kommunikativen Aufwand hervor. Durch die Zusammenführung aller Projektbeteiligten von Beginn an erreicht der Berliner Wohnungsbauer vor Bauantrag regelmäßig eine 98-prozentige Kostensicherheit. Thomas Doll, Geschäftsführender Gesellschafter des Projektentwicklers Treucon, bestätigte die gute Zusammenarbeit mit Kondor Wessels. Dem Berliner Unternehmen ist es gelungen, partnerschaftliche Projekte für diverse kommunale Wohnungsbaugesellschaften zu realisieren.
Steffen Kühn, Berliner Niederlassungsleiter des englischen Bauunternehmens ISG, und Prof. Dr. Antje Boldt von der Rechtsanwaltskanzlei Arnecke Sibeth präsentierten im Partnervortrag die Möglichkeiten von Two Stage GMP Open Book Projekten. Hinter dem komplexen Terminus verbirgt sich eine zweistufige Beauftragungsphase des Generalunternehmers, verknüpft mit einem garantierten Maximalpreis und vollständiger Transparenz der Ausführungsleistungen und –kosten gegenüber dem Bauherren.
Dem Thema „Project Alliance“ widmeten sich Prof. Dr. Shervin Haghsheno vom KIT Karlsruhe und Markus Lentzler von ECE. Beide realisieren im Hamburg das bundesweit erste Pilotprojekt eines Lean IPD-Verfahrens mit einem Mehrparteienvertrag. In der Planungsphase habe man unter anderem eine neue Flächeneffizienz gewonnen, zu der neben dem geplanten Hotel mit Kongressfläche noch Raum für 6.000 Quadratmeter Bürofläche geschaffen wurde. Dem Projekt zugrunde liegt eine gemeinsame, von allen Parteien unterschriebene Projektcharta, wie sie auch beim Neubau der Axel-Springer-Zentrale in Berlin zum Einsatz kommt. Die enge Symbiose zwischen Bauherren, Planern und Ausführenden sei nicht immer harmonisch, so Andreas Ludwigs von Axel Springer Immobilien und Tobias Hollmann von Ed. Züblin. Doch gerade durch die partnerschaftliche Projektabwicklung entstehe ein architektonisch anspruchsvolles Gebäude im Kosten- und Zeitrahmen.
Einer der wesentlichsten Treiber für partnerschaftliches Bauen stellt BIM dar, wie Jan-Oliver Meding, Geschäftsführender Gesellschafter des Hamburger Architekturbüros MPP, darlegte. Der Planungsaufwand sei zwar erheblich größer als im konventionell-analogen Bauen. Doch die ausgeprägte Detailtiefe in der Planung und die eindeutige Fixierung von Zuständigkeiten und Fristen in der Auftraggeberinformationsanforderung (AIA) sprechen eindeutig für BIM.
Dass partnerschaftliches Bauen kein Allheilmittel ist, erklärte Andreas Thamm, Geschäftsführer des Projektentwicklers EDGE Technologies. Der Aufwand im Vorfeld sei beträchtlich. Dennoch wagt sich das Unternehmen mit niederländischen Wurzeln in neue Formen: Die künftigen Projekte werden demnach Kooperationsverträge, die GU-Einbindung ab Architekturwettbewerb und die Anwendung von BIM umfassen.
Die wachsende Anzahl an Teilnehmern und Sponsoren zeigt das deutliche Interesse der deutschen Immobilienbranche an alternativen Projektabwicklungen. Bisherige Erfolgsprojekte dienen hierbei als Blaupause. Das Thema ist in stetigem Wachstum begriffen, kann aber noch nicht als etabliert bezeichnet werden, wie Thorsten Krauß, Vorstandschef von UNDKRAUSS, hervorhob. Die 4. Design & Build Konferenz 2020 wird das Thema weiterentwickeln und neben Inspirationen aus dem Ausland einen verstärkten Blick auf die Öffentliche Hand werfen.
Hier sehen Sie Videostatements von der 3. Design & Build Konferenz 2019
Mehr Informationen finden Sie auf der Konferenzseite www.dabkon.de.
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Erstveröffentlichung: Mai 2019