Das Regulierungsmonster AIFM-D: Sind spezialisierte Service-KVGen die besseren Dompteure?
Soll ein Immobilienfondsanbieter selbst eine Zulassung als KVG anstreben oder die KVG-Leistung besser einkaufen? Die Antwort auf diese Frage ist selten ein klares ja oder nein, sondern oft ein „Es kommt drauf an.“ Zudem gibt es neben dem reinen Outsourcing und der reinen Eigenleistung auch zahlreiche Zwischenlösungen. Die möglichen Optionen sowie Vor- und Nachteile diskutierten folgende fünf Experten im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf der Expo Real 2017:
Teilnehmer:
Die Experten (v.l.n.r.)
Dr. Christine Bernhofer, Karim Esch, Ralf de la Camp-Gruber, Klaus Niewöhner-Pape, Michael Schneider
Eingangsstatements:
Dr. Christine Bernhofer: „Wir praktizieren ‚make and buy‘. Wir wollten als Swiss Life unter der eigenen Marke am Markt auftreten. Dennoch wollten wir mit einem professionellen Partner wie mit der IntReal arbeiten – v.a. im Bereich Fondsadministration. Für uns hat es eine ganz große Rolle gespielt, Zugriff auf eine aktuelle IT-Landschaft zu haben. Hier kommt meines Erachtens auch das ‚Regulierungsmonster‘ durch. Wenn ich sehe, welche komplexen Fragen und Themen durch die IT-Plattformen der IntReal elegant dargestellt werden, dann wäre das für einen Newcomer wie uns sehr schwierig geworden.“
Ralf de la Camp-Gruber: „Die Frage nach ‚make or buy‘ lässt sich nicht pauschal beantworten. Neben der Regulierung spielt auch die Ausgangslage der KVG eine wichtige Rolle. Wichtige Fragen sind: Wie groß ist das Unternehmen? Mit welchen IT-Systemen wird gearbeitet und welche Produkte sollen angeboten werden? Wie global sollen Investoren angesprochen werden?
Karim Esch: „Wir erbringen alle KVG-Leistungen selbst, weil wir es können. Wir sind seit 50 Jahren im Investment- und Assetmanagement-Geschäft tätig. Alle wichtigen Bereiche gehören zu unseren Kernkompetenzen. Wenn ein Haus die entsprechende Größe hat, macht es Sinn, alles aus einer Hand anzubieten.“
Klaus Niewöhner-Pape: „Wenn Sie als Newcomer den ersten Fonds auflegen, macht es gar keinen Sinn, eine eigene KVG aufzulegen. Das kostet viel zu viel Geld. Es ist deutlich billiger, das komplette Knowhow einzukaufen. Wenn man hingegen bei zwei Milliarden Euro AuM steht, kann das anders aussehen. Aber für alle, die neu starten wollen, ist meiner Meinung nach die Service-KVG die beste Option.“
Michael Schneider: „In einer immer komplizierteren Welt muss man sich auf Spezialisten verlassen. Auch künftig macht es Sinn, mit Spezialisten zu arbeiten. Daher lautet mein klares Votum: Buy ist die bessere Option.“
Bedeutung des Themas Reputation wird unterschiedlich eingeschätzt
Als erstes wurde die Frage nach der Reputation zur Diskussion gestellt: Ist eine eigene KVG-Zulassung wirklich wichtig und verbessert sie das Standing beim Vertrieb und bei den Investoren?
Karim Esch dazu: „Eine KVG-Zulassung von der BaFin ist eine Art offizielle Legitimation bzw. Auszeichnung, dass man das entsprechende Geschäft beherrscht sowie der Geschäftsbetrieb ordnungsgemäß aufgestellt ist und die handelnden Personen über die notwendigen Kompetenzen verfügen. In Deutschland spielen solche offiziellen ‚Auszeichnungen‘ immer noch eine wichtige Rolle. Der Investor kann so einen Punkt mehr auf seiner Checkliste abhaken.“
Klaus Niewöhner-Pape schildert: „Ich erlebe, dass die institutionellen Investoren Spezialisten suchen. Dabei ist es keinerlei Nachteil, keine eigene KVG zu haben, wenn man eine Gesamtlösung anbieten kann. Investoren brauchen einen Partner, der das Asset beherrscht. Meiner Erfahrung nach ist aus Sicht unserer Kunden entscheidend, dass man uns Kompetenz in der Nutzungsart Wohnen zurechnet.“
Herr de la Camp-Gruber ergänzt: „Ich kenne keinen Praxisfall, bei dem sich die Partnerschaft mit einer Service-KVG als Nachteil erwiesen hätte.“
Dr. Christine Bernhofer schätzt die Bedeutung der eigenen Marke als hoch ein: „Die Marke Swiss Life spielt eine ganz große Rolle. Wir wollten unsere Produkte unter der eigenen Brand in den Markt bringen. Daher werben wir auch mit dem Slogan ‚Swiss Made‘.“
Komplexe Abstimmung mit externer KVG wird als unproblematisch wahrgenommen
Das Thema steigende Komplexität durch Einbindung einer externen Service-KVG stufen alle Beteiligen als nicht negativ ein.
Dr. Christine Bernhofer: „Sonderwünsche werden für unseren Geschmack sehr gut abgedeckt. Das wird individuell bedient.“ Michael Schneider dazu: „Für mich ist nicht die zunehmende Komplexität, sondern eher das Gegenteil davon richtig: Die Aufgabenteilung bringt für beide Seiten Vorteile: Wir machen mit unseren 170 Leuten nichts anderes als uns auf die regulatorischen und administrativen Leistungen zu konzentrieren. Der Assetmanager hat im Gegenzug den Rücken frei für die Arbeit an der Immobilie.“
Klaus Niewöhner-Pape sagt dazu: „Durch eine externe Service-KVG hat man ein echtes Vier-Augen-Prinzip. Ich empfinde die Abstimmung mit der Service-KVG nicht als Behinderung. Sie zwingt uns selbst vielmehr zur Disziplin. Wir müssen alle Aufgaben so vollbringen, dass wir am Ende die Genehmigung der Service-KVG erhalten. Wir gehen mit fremdem Geld um, da ist eine besondere Sorgfalt angezeigt. “
Verschiedene Meinungen zum Thema Interessenkonflikte
Zwischen einer externen Service-KVG und einem Assetmanager existieren Interessenkonflikte. Wo sind hier die Knackpunkte? Michael Schneider sagt dazu: „Als Service-KVG bin ich ausschließlich den Investoren gegenüber verantwortlich. Alles was in einem Fondskonzept nicht plausibel ist, wird von uns geprüft und kritisch hinterfragt.“ Ralf de la Camp-Gruber sieht das Modell kritischer: „Das Modell, in dem IntReal das Haftungsdach stellt, halte ich für mit Interessenkonflikten behaftet. Ich finde das Auslagerungsmodell (KVG ist selbst zugelassen, aber lagert Backoffice aus) besser. Warum? Weil das Auftragsverhältnis und die Frage, wer Auftragnehmer und Auftraggeber ist, gewissermaßen verdreht ist. Meines Erachtens ist es ehrlicher, gegenüber dem Investor zu sagen: Ich bin selbst KVG und lagere Dienstleistungen aus.“
Michael Schneider widerspricht in diesem Punkt: „Wir haben auch schon Fondskonzepte abgelehnt: Die Fondspartner müssen Voraussetzungen erfüllen, um einen Partnerfonds auflegen zu können. Meiner Ansicht nach lieben die Investoren das Modell, denn der Investor kann den Manager tauschen, wenn er nicht zufrieden ist. Dies ist möglich, ohne dass eine einzige Immobilientransaktion notwendig wird – ein großer Vorteil.“
Kosten für eine Neuzulassung zwischen einer halben und einer Million Euro
Nach den Interessenkonflikten wendet sich die Diskussion der Kostenfrage zu. Ralf de la Camp-Gruber sagt dazu: Die Kosten können nicht pauschal genannt werden. Es gibt eine sehr große Bandbreite. Ganz entscheidend hängen die Kosten davon ab, wie die Vergangenheit eines Hauses aussieht. Oft haben existierende Altfonds hohe Projektkosten produziert. Auf dem „Greenfield“ – d.h. bei Gründung einer neuen KVG ohne Vergangenheit – ist die Frage einfacher zu klären. Die Gründungskosten liegen bei einer halben bis einer Million Euro. Dies rechnet sich ab einem Volumen von einer Milliarde Euro Fondsvermögen.
Und die laufenden Personalkosten für eine eigene KVG? Dr. Christine Bernhofer dazu: „Mit fünf bis sechs Mitarbeitern kann man vernünftig starten (ohne Vertriebler, die man für den Publikumsfonds braucht). Das Backoffice haben wir dabei an die IntReal ausgelagert.“
Geschwindigkeit und qualifiziertes Personal sprechen für Service-KVG
Ein wichtiges Argument für das Zusammengehen mit einer Service-KVG ist der Zugriff auf die Best-Practice bei vielen Vorgängen. Dr. Christine Bernhofer dazu: „Für uns war das tägliche Pricing beim offenen Immobilien-Publikumsfonds eine sehr wichtige Leistung der Service-KVG IntReal. Das hätten wir selbst nicht so schnell in dieser Form leisten können. Zweiter sehr wichtiger Punkt war für uns das regulatorische Reporting.“
Sowohl Dr. Christine Bernhofer als auch Klaus Niewöhner-Pape betonten des Weiteren die Vorteile einer Service-KVG beim Aspekt Geschwindigkeit (Time to market): „Ich kann auf ein voll aufgesetztes Team zurückgreifen, das ich mir sonst mit viel Aufwand im Markt suchen müsste“, sagt Dr. Bernhofer. Und Niewöhner-Pape ergänzt: „Sie müssen heute extrem schnell sein: Wir sammeln Kapital ein, wenn wir die Investitionen gesichert haben. Wir sind mit der IntReal in der Lage, innerhalb von sechs bis zwölf Wochen einen neuen Fonds auf die Beine zu stellen.“
Michael Schneider ergänzt: „Das Thema Personal ist aktuell ein heißes Thema: Es ist schwierig, gute Leute zu finden. Wenn Sie heute neu gründen, kommen sie nicht so einfach an qualifiziertes Personal. Bei uns hingegen bekommen sie diese Leute.“
Abschluss-Statements
Blick in die Zukunft – auf die Expo 2020.
Wird die Regulierung dann so komplex sein, dass sie nur noch von Service-KVGen bewältigt werden kann?
Dr. Christine Bernhofer: „Wir werden uns im Jahr 2020 in Bezug auf die Komplexität der Regulierung mehr oder weniger auf dem gleichen Level befinden wie heute.“
Michael Schneider: „Die Konsolidierung bei den KVGen wird weiter fortschreiten. Das Regulierungspendel schlägt nicht zurück. Im Gegenteil: Es schwingt immer noch weiter in Richtung mehr Regulierung. Es wird in Zukunft noch weniger KVGen geben und viele der dann bestehenden KVGen werden Service-KVGen sein.“
Ralf de la Camp-Gruber: „Es wird zu einer Profilschärfung der Assetmanager untereinander kommen. Die selbstkritische Frage, wo bin ich wirklich gut und was kann ich nicht so gut wird noch wichtiger werden. Und viel häufiger als heute werden Service-KVGen in Anspruch genommen – ob mit oder ohne Haftungsdach.“
Karim Esch: „Ich glaube, dass viele mittelgroße KVGen verschwinden werden. Das Thema Regulierung wird weiter laufen. Die Komplexität nimmt zu.“
Klaus Niewöhner-Pape: „Die Komplexität wird zunehmen. Wir sehen das beispielsweise bei den Steuerthemen. Für uns als kleineren Fondsanbieter spielt zudem die Interessensvertretung nach Außen eine wichtige Rolle. Wir haben mit der IntReal einen Marktakteur, der unsere Interessen in den Verbänden nach Außen und gegenüber der Politik vertritt. Man braucht einen großen Player, um auf die Komplexität Einfluss nehmen zu können.“
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Dezember 2017