Beirats-Talk: Immobilienanlagestrategien von Kapitalsammelstellen
Zum Auftakt der ersten INVESTMENTexpo diskutierten Mitglieder des Beirates am 22. Mai 2019 im Berliner Hotel Waldorf Astoria über aktuelle Immobilienanlagestrategien von Kapitalsammelstellen. Geleitet wurde die Diskussion vom Vorsitzenden des Beirates, Professor Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung am IREBS Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg. Mit ihm auf dem Podium saßen Dirk Bratschke, Geschäftsführer der Prudentia Pensionskasse AG, Markus Königstein, Bereichsleiter Immobilien und Infrastruktur bei der R+V Versicherungsgruppe, Joachim Kumme, Abteilungsdirektor Eigenanlagen bei der Kreissparkasse Ludwigsburg, sowie Jan Schlüter, Abteilungsdirektor Immobilien bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung.
Professor Dr. Steffen Sebastian eröffnete die Runde mit einem Impulsvortrag zum Thema „Immobilien sind zu teuer“, indem er unter anderem darauf hinwies, dass bislang weder die Ursachen noch die Folgen der Finanzkrise von 2007/2008 beseitigt worden seien. Sebastian verwies darauf, dass die maßgeblich durch einen Mangel an Anlagealternativen stimulierten Preisanstiege an den Immobilienmärkten sich in dieser Form wohl nicht mehr fortsetzen dürften, ein Preisrückgang aber derzeit nicht das wahrscheinlichste Szenario sei. Gleichwohl sei die Wahrscheinlichkeit eines Preisrückganges heute höher als vor ein oder zwei Jahren, sodass die Risikoprämien bei Immobilieninvestments heute eigentlich höher sein müssten als in der Vergangenheit. Dies sei jedoch nicht der Fall, vielmehr sei die Risikoprämie häufig sogar nur minimal. Die aktuellen Preise seien Ausdruck der Relation von Angebot und Nachfrage, nicht jedoch einer angemessenen Relation von Risiko und Rendite. Die Märkte seine aktuell sehr eng, und in einer solchen Situation könnten bereits kleinere Veränderungen mit relativ großen Gefahren verbunden sein. Die viel befürchtete Zinswende sei bis auf weiteres abgesagt, und es sei auf lange Zeit mit deutlich niedrigeren Zinsen zu rechnen als in der Vergangenheit, weil die Geldmenge deutlich zugenommen habe, was sich nicht ohne weiteres wieder rückgängig machen lasse. Gefahr für die Immobilienpreise drohe aktuell am ehesten von einer Konjunkturabkühlung, und angesichts der häufig ausgereizten Ankaufsrenditen könnten sich dann bereits kleinere Mietrückgänge schmerzhaft auswirken, was dann wiederum zu Preiskorrekturen führen müsse. Wenn die Investoren zu der Auffassung gelangten, dass nicht mehr mit einer weiteren Yield Compression zu rechnen sei, könne diese Preiskorrektur jedoch auch von ihnen selbst ausgehen. Vor diesem Hintergrund seien Immobilien aktuell zu teuer.
Joachim Kumme von der Kreissparkasse Ludwigsburg griff diese Thesen auf und betonte, hinter der Formulierung „zu teuer“ stecke ja vor allem das Risiko. Kapitalgeber und institutionelle Assetmanager seien gezwungen, ihre Kapitalallokation so zu gestalten, dass sie damit auskömmliche Renditen erzielen könnten. Aus diesem Grund habe man nach 2008 einen deutlich größeren Teil der Anlagen in Immobilien umgeschichtet als früher. Inzwischen herrsche „Anlagenotstand“, denn im Unterschied zu früher könne man Kapital nicht mehr rentierlich „liegenlassen“, sondern müsse investieren, um Strafzinsen zu vermeiden. Angesichts dessen sei die Immobilie heute ein „Muss“, während sie früher ein „Kann“ gewesen sei. Das damit verbundene Risiko müsse durch eine entsprechende Streuung gemanagt werden. Der Zwang zur rentablen Anlage werde in den kommenden Jahren jedoch immer stärker, weil andere Anlagen ausliefen oder als Alternative ausfielen, sodass auf Immobilien auch in der jetzigen Situation nicht verzichtet werden könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gute Produkte nur dann auf den Markt kämen, wenn die Preise hoch seien. Markus Königstein von der R+V Versicherungsgruppe beleuchtete das Thema vor allem aus Sicht der Versicherungswirtschaft und erläuterte, der Trend in die Immobilien sei durch ein im Vergleich mit anderen Anlagealternativen geringeres relatives Risiko begründet. Das Kaufen werde in Deutschland allerdings immer schwieriger, sodass man auch ausländische Märkte mit einem weniger starken Käuferwettbewerb in den Blick nehmen müsse. Für Versicherungen gehe es aber weniger um die Renditeoptimierung als vielmehr um die stetige Erfüllbarkeit der gegebenen Garantien.
Dirk Bratschke von der Prudentia Pensionskasse AG verwies darauf, dass die Formulierung „zu teuer“ eigentlich immer auch die Erwartung eines Preisrückganges impliziere. Dabei denke man immer noch stark an die Entwicklungen der Jahre 2007/2008. Bezüglich der Risiken befänden sich die meisten Unternehmen derzeit aber in einer anderen Lage als damals, weil die Portfolios heute viel stärker diversifiziert seien. Außerdem wirke gegenwärtig der starke Bedarf am Markt stabilisierend auf die Preise. Auf Seiten der Investoren werde es vermehrt Zusammenschlüsse und Kooperationen geben, weil man sonst mangels Größe gar nicht mehr den Anforderungen der Regulierung gerecht werden könne. Jan Schlüter von der Nordrheinischen Ärzteversorgung erklärte, man nutze die aktuelle Phase auch selektiv, um Immobilien zu verkaufen und Wertsteigerungen zu realisieren. Das Preisniveau in Deutschland sei aber so, dass man sich mittlerweile auch verstärkt in anderen Märkte engagieren müsse. Man wolle 70 Prozent der zu investierenden Mittel in europäische Immobilien, den Rest je zur Hälfte in Asien und in den USA investieren. Weitere Diskussionspunkte waren der Einfluss der Regulierung auf die Immobilienanlagen von institutionellen Investoren wie Versicherern sowie mögliche Diversifikationsstrategien und die dafür infrage kommenden Immobilien-Assetklassen.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Mai 2019