22.11.2016

Facettenreiches Städte-ABC

Attraktiv oder zu teuer: Was gilt für welche Märkte?

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Steigende Kaufpreise lassen immer mehr Investoren von A-Städten auf B- und C-Städte ausweichen. Andere setzen bewusst auf A-Standorte und nehmen dabei auch relativ hohe Preise in Kauf. Zwei Diskussionsrunden der Deutschen GRI Wohnen 2016 widmeten sich diesem Themenkreis. So beleuchteten Bernd Bechheim, Head of Asset Management & Transactions bei Aberdeen Asset Management Deutschland, Simon Dietzfelbinger, Senior Projektpartner bei Drees & Sommer Projektmanagement, Pepijn Morshuis, CEO von TREI Real Estate, Andreas Peter, Director bei der BayernLB, und Patrick Storny, Director Investment bei der P&P Group Bayern, die Situation an den Wohnimmobilienmärkten deutscher A-Städte und setzten sich dabei insbesondere mit der Frage "Wie teuer ist zu teuer?" auseinander. Peter Willisch, Gründer und Managing Partner von Peakside Capital, Sascha Giest, CEO von Velero Partners, Gordon Gorski, Head of Branch bei Hochtief Projektentwicklung, Ingolf Löwe, Head of Residential bei der Berlin Hyp AG, Flamina zu Salm-Salm, Leiterin Einkauf von Noratis sowie Christoph F. Schöpner, Managing Director und Partner von Pure Development befassten sich dagegen mit den mittel- und langfristigen Perspektiven der heute zum Teil sehr gefragten B- und C-Städte.

Einteilung der Standorte nur bedingt von Büromärkten auf Wohnungsmärkte übertragbar

Ein wichtiger Aspekt in beiden Diskussionsrunden war die Frage nach der Angemessenheit der Differenzierung zwischen A-, B- und C-Städten. Dabei wurde deutlich, dass ein großer Teil der Marktakteure diese Einteilung aufgrund eigener Einschätzungen und Erfahrungen mit Blick auf die Wohnungsmärkte nur für bedingt tauglich hält. Diese Klassifikation stamme ursprünglich aus dem Bürosegment und lasse sich nur mit Einschränkungen auf die Wohnimmobilienmärkte übertragen. Am Büromarkt unterscheide man die Standorte nach Kriterien wie Flächenbestand und Flächenumsatz. Die auf dieser Basis gewonnene Klassifikation lasse jedoch allenfalls mit erheblichen Abstrichen Rückschlüsse auf die Wohnungsmärkte zu. Zum einen erweise sich ein klassischer A-Standort wie Berlin allein schon aufgrund seiner Größe als eine Summe von höchst unterschiedlichen Wohnungsmärkten, angefangen von einfachen Wohnlagen bis hin zu ausgesprochenen Premiumlagen. Insofern lasse sich eine so große Stadt mit ihren einzelnen lokalen Wohnimmobilien-Teilmärkten nicht pauschal einer bestimmten Kategorie zuordnen. Gleichzeitig gebe es eine Reihe von kleineren und mittleren Städten, die teils aufgrund ihrer Lage im Umfeld großer Metropolen, teils aber auch aufgrund anderer Standortfaktoren im Hinblick auf ihren Wohnungsmarkt durchaus als A-Städte betrachtet werden könnten, obwohl ihre Büromärkte höchstens eine Einstufung als C- oder B-Standort rechtfertigen würden. Gleichwohl beobachten die Marktteilnehmer, dass sich sowohl finanzierende Banken als auch Investoren oftmals nach wie vor stark an den eigentlich auf die Büromärkte bezogenen Einteilungen orientieren. So seien Banken in B- und C-Städten bei der Vergabe von Einzelfinanzierungen zurückhaltender und selektiver als in den Top-7-Standorten wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.

B-Städte locken mit deutlich niedrigeren Einstandspreisen

Für viele Investoren seien B-Städte wie beispielsweise Nürnberg allerdings inzwischen sehr attraktiv geworden, weil die Produktverfügbarkeit deutlich besser sei als in den sogenannten A-Städten. Zudem könnten Immobilien hier immer noch zu relativ günstigen Einstandspreisen erworben werden, die teilweise um 40 Prozent niedriger lägen als etwa in Berlin. Die Frage, ob eine Wohnimmobilie zu teuer sei, lasse sich aber nicht allein anhand des Preises beantworten. Dieser müsse durch Kriterien wie Lage und Substanz gerechtfertigt sein. Beispielsweise würden in Berlin mittlerweile Preise für Bestandswohnungen aufgerufen, die eigentlich eher bei Neubauten zu erwarten seien. Hier lasse sich bereits feststellen, dass sich Banken mit ihren Finanzierungsangeboten zunehmend zurückhielten und deutlich vorsichtiger agierten als noch vor einem oder zwei Jahren. In Lagen und an Standorten, die in der jüngsten Vergangenheit einen vergleichsweise starken Anstieg der Mieten und Kaufpreise erlebt hätten, machten sich limitierende Faktoren immer stärker bemerkbar und Investmentopportunitäten würden seltener.

Trend zu längerfristigen Investments am Wohnimmobilienmarkt

Neben der geringeren Finanzierungsbereitschaft sei hier vor allem auch die abnehmende Umzugsbereitschaft der Bewohner dieser Lagen zu nennen. Dazu komme, dass Investoren ihre erworbenen Immobilien zunehmend länger im Portfolio halten wollten. So würden Mietshäuser immer häufiger mit dem Ziel angekauft, sie längerfristig zu halten, - nicht zuletzt auch deshalb, weil sich bei einer kurzfristigen Weiterveräußerung die Frage nach einer geeigneten Wiederanlagemöglichkeit für die erzielten Veräußerungserlöse stellen würde. Der Trend zu längerfristigen Investments werde aber auch dadurch verstärkt, dass es interessant sei, geförderte Wohnungen bis über das Auslaufen der Mietpreisbindung hinaus zu halten und danach neu zu vermieten oder zu veräußern. Dies komme vor allem für Investoren wie Family Offices infrage, die ohnehin meist einen relativ langfristigen Anlagehorizont haben.

Mietwachstumspotenzial in A-Städten am größten

Investoren, die trotz der inzwischen relativ hohen Kaufpreise nach wie vor die Märkte der A-Städte im Hinblick auf eventuelle Investitionsmöglichkeiten sondieren, begründen dies vor allem damit, dass hier das Mietwachstumspotenzial am größten sei. An den B- und C-Standorten dagegen seien die Mieten geringer, die Kosten aber nahezu gleich wie an den A-Standorten. Allerdings müssten größere Preissteigerungen erst einmal über einen längeren Zeitraum "abgearbeitet" werden, bis wieder ein attraktives Renditeniveau und damit auch interessante Exitmöglichkeiten erreicht seien.

B- und C-Städte sind keine homogene Gruppe

Bei Investitionen in B- und C-Städten sei zu beachten, dass diese keine homogene Gruppe darstellten, sondern sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen aufwiesen. In einigen dieser Städte verhielten sich die Wohnungsmärkte wie die von A-Städten, andere dagegen seien für Investoren überhaupt nicht relevant. Im Hinblick auf Wohnimmobilien sei es sinnvoll, diese anstelle der Einteilung in Kategorien wie A, B oder C eher nach ihren Risiko-Rendite-Relationen zu kategorisieren. Generell stimmten die meisten Diskussionsteilnehmer darin überein, dass sich - sofern es nicht zu exogenen Schocks komme - das Kapitalmarktumfeld in den kommenden Jahren kaum stärker verändern werde. Es sei also nach wie vor reichlich Kapital vorhanden, das in deutsche Wohnimmobilien investiert werden könne.

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Erstveröffentlichung: November 2016