Ein Kommentar von Ulrich Jehle
2022 war rückblickend ein rabenschwarzes Jahr. Vor allem Menschen, die eine Immobilie kaufen wollten, mussten ihren Traum oftmals begraben. Der Grund: Die Hypothekenzinsen stiegen in der Spitze um fast das Vierfache, während die Immobilienpreise nur geringfügig nachgaben. 2023 könnte jetzt das Jahr der Miete werden. Warum? Immer mehr Menschen legen ihre Immobilienträume ad acta und schauen sich auf dem Mietmarkt um. Da Mieten noch immer nicht deutlich angezogen haben, ergeben sich Chancen – für Mieter und Vermieter.
Sanierungsstau wird für alle teuer
Angesichts der anhaltend hohen Zinsen für Baufinanzierungen dürfte das allgemeine Mietniveau schon bald steigen. Wer sich dessen als Mieter bewusst ist, kann heute perspektivisch gute Entscheidungen treffen und sich bei Wohnraum neu orientieren. Auch Vermieter von Bestandsgebäuden müssen sich mittelfristig keine Sorgen um ihre Rendite machen, vorausgesetzt, es besteht kein Sanierungsstau.
Bei geringfügig gedämmten Objekten mit alten Heizungsanlagen gilt es für Vermieter, möglichst bald einen Sanierungsfahrplan aufzustellen. Auch Mieter sind inzwischen für die Energieeffizienzklassen sensibilisiert und spüren Mängel am eigenen Geldbeutel. Das dürfte den Mietmarkt schon bald zu Gunsten von Objekten in zeitgemäßem Zustand beeinflussen. Objekte mir Sanierungsstau können langfristig dagegen teuer werden – für Vermieter und Mieter.
Mietanstiege sind erst der Anfang
Das 2023 voraussichtlich anziehende Mietniveau dürfte ab der zweiten Hälfte des Jahres zur Folge haben, dass auch der Immobilienmarkt wieder langsam Fahrt aufnimmt. Das gilt vor allem für den Fall, in dem die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen konstant hält oder sich womöglich gar Perspektiven für Zinssenkungen ergeben. In dieser Marktphase dürften diejenigen Immobilien-Profis einen Vorteil haben, die Objekte entwickeln können und mögliche Mängel, gerade im Bereich der Energieeffizienz, zielgenau adressieren. Bis dahin schlägt jedoch die Stunde schnellentschlossener Mieter. Mietanstiege von mehr als 5% in den vergangenen Quartalen sind erst der Anfang. 2023 wird das Jahr der Miete.
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Erstveröffentlichung: REAktion, Januar 2023