12.11.2024

Ursache statt Symptom behandeln!

So können Fehlzeiten von Mitarbeitenden reduziert werden

Stefanie Egbers, Geschäftsführerin, Rebel HR
Stefanie Egbers

Noch nie war der Krankenstand in Deutschland so hoch – auch in der Immobilienbranche. Anwesenheitsprämien können dabei helfen, Fehlzeiten zu reduzieren. Sie dürfen aber nicht das einzige Mittel sein. Denn sie behandeln lediglich das Symptom.

Im ersten Halbjahr 2024 waren Beschäftigte in Deutschland rund zehn Tage krankgeschrieben – so lange wie noch nie in diesem Jahreszeitraum. Der neue Rekordstand liegt unter anderem an der steigenden Zahl psychischer Erkrankungen. Allerdings vermuten immer mehr Arbeitgeber, dass sich ihre Mitarbeitenden außerdem vermehrt krankmelden, ohne tatsächlich krank zu sein. Anwesenheitsprämien rücken deshalb in ihren Fokus. Im deutschen Tesla-Werk in Grünheide sollen Angestellte laut Medienberichten etwa einen Bonus erhalten, wenn sie sich besonders selten krankmelden.  

Grundsätzlich können solche Anreize sinnvoll sein, um Fehlzeiten zu reduzieren. Zu bedenken ist aber: Letztlich wird mit Anwesenheitsprämien lediglich das Symptom behandelt, nicht jedoch die Ursache. Denn echtes Engagement lässt sich auf diese Weise nicht erzielen. Wenn sich Mitarbeitende also tatsächlich bewusst der Arbeit entziehen, sollten Führungskräfte lieber nach dem „Warum“ fragen. Schließlich weist ein hoher Krankenstand häufig auf tieferliegende Probleme hin, wie mentale Überlastung oder fehlende Wertschätzung. Diese können schnell zur inneren Kündigung führen – mit massiven Auswirkungen auf die Produktivität.

Gerade in der aktuellen Krise der Immobilienwirtschaft ist es daher ratsam, auf Maßnahmen zu setzen, die nicht nur die Fehlzeiten reduzieren, sondern auch die mentale Gesundheit unter der Belegschaft stärken. Dafür müssen Unternehmen einerseits prüfen, wo die Belastungen für die Mitarbeitenden konkret liegen. Andererseits müssen sie die Frage danach, welche Werte ihr Unternehmen prägen und welches Verhalten sie besonders fördern wollen, endlich ernsthaft beantworten.  

Leider passiert das in weiten Teilen der Immobilienbranche viel zu wenig. Denn oft werden solche klassischen HR-Themen noch immer als zu „soft“ und nebensächlich angesehen. Ein Fehler. Denn nur, wer sich im Klaren über diese Punkte ist, kann eine optimale Unterstützung anbieten. Alternativ zur Anwesenheitsprämie können dies beispielsweise Zuschüsse zur Kinderbetreuung oder die finanzielle Unterstützung von Haushaltshilfen sein. Der Vorteil solcher individuellen Förderungen: Sie kommen Mitarbeitenden finanziell zugute und entlasten sie zugleich, was wiederum ihrer mentalen Gesundheit dient. Mitarbeitende mit viel Kundenkontakt sollten zudem spezielle Coachings erhalten. Denn sie sind häufiger hohen Belastungen ausgesetzt, da sie direkt mit Kundinnen und Kunden interagieren – auch in Konfliktsituationen.

Neben Förderungen und Prämien muss zudem eine ehrliche Reflexion über die job-spezifischen Belastungen stattfinden. Naheliegend ist die Auseinandersetzung mit Arbeitszeiten, der Vergütung oder Abgeltung von Mehrarbeit sowie versteckter Überstundenbelastung durch permanente Erreichbarkeit. Werden diese Themen angegangen, lassen sich auch die Krankenstände wieder reduzieren und es wird eine echte Mitarbeiterbindung erreicht.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Rebel HR
Erstveröffentlichung: The Property Post, November 2024

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