15.11.2023

Schluss mit dem Hauen und Stechen

Private Immobilieninvestitionen im ambulanten Gesundheitssektor

Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management (REIM), Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG
Patrick Brinker

Die Gesundheitsinfrastruktur in Deutschland ist überlastet. Ärzte, Kliniken, Patienten, Krankenkassen und Politik – alle sind sich einig: Der Weg aus der Misere muss über einen Ausbau der ambulanten Versorgung gehen. Während sich Krankenhausaufenthalte auf schwere Fälle beschränken sollten, könnten kleinere Eingriffe in OP-, Ärzte- oder medizinischen Versorgungszentren (MVZ) durchgeführt werden. Das ist schonender für die Patienten, für alle Beteiligten bezahlbarer und es macht den Gesundheitssektor als Berufsfeld attraktiver.

Über den richtigen Weg hin zu einer Stärkung der ambulanten Versorgung gibt es jedoch ein einziges Hauen und Stechen. Hauptsächlich wegen unterschiedlicher Leistungsvergütungen für Krankenhäuser und ambulante Versorger wie Vertragsärzte und MVZ. Ein weiteres Problem ist die vertragsärztliche Bedarfsplanung. Sie gibt vor, wie viele Ärzte in einer Region insgesamt ambulant praktizieren dürfen und regelt deren räumliche Verteilung. Für Krankenhäuser gilt eine solche Obergrenze indes nicht. Die Bedarfsplanung sollte für operativ tätige Fachgebiete aufgehoben oder zumindest angepasst werden. Wir benötigen mehr Wettbewerb für eine patientenorientierte Versorgung. Teile der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen torpedieren aber naturgemäß Diskussionen darüber, weil sie sich dadurch in diesem Bereich selbst überflüssig machen würden. Außerdem müsste man zumindest für bestimmte Leistungen über eine Entbudgetierung nachdenken.

Aus der Perspektive privater Investoren möchte ich zwei Dinge betonen: Immobilieninvestitionen im Gesundheitsbereich sind attraktiv. Die Gesundheitsversorgung zählt zu den Grundbedürfnissen und ist wenig krisenanfällig. Die meist indexierten Mietverträge haben lange Laufzeiten, da die Anfangsinvestitionen in OP- und Praxisräume sehr hoch sind und die Umzugsneigung wegen Verkleinerung oder Verlust des Patientenstammes niedrig ist. Für die Entwicklung geeigneter OP-, Ärzte- und Gesundheitszentren oder den Um- und Ausbau von Krankenhäusern einschließlich einer passenden räumlichen Infrastruktur für gesundheitsorientierte Dienstleistungen ist privates Kapitel unverzichtbar – und es ist vorhanden. Ebenso wie das immobilienwirtschaftliche Knowhow. Ob als stark spezialisierte oder breit aufgestellte Ambulanzen, ob als MVZ in privater Trägerschaft, als Ärztezentrum mit mehreren autarken Einheiten oder als Immobilie mit Generalmieter, der Praxisräume untervermietet – alle baulichen und räumlichen Voraussetzungen für eine stärkere Ambulantisierung des Gesundheitswesens sind realisierbar und finanzierbar.

Aber, das ist der zweite Punkt, die Investition von privatem Kapital benötigt Planungssicherheit. So lange das Gezanke um die eigenen Vorteile nicht aufhört, bleibt die Bereitschaft, dieses Kapital und Knowhow zur Verfügung zu stellen, überschaubar. Bei allem Verständnis für die Individualinteressen der Beteiligten – das Wohl der Patienten muss oberste Priorität haben und alle Beteiligten sind gleichermaßen dazu angehalten, sich endlich zu einigen. Alles andere geht weiterhin auf Kosten der Patienten.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Hauck Aufhäuser Lampe
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, November 2023

Konversation wird geladen