28.08.2024

Neue Gemeinnützigkeit bringt nichts

Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung, IREBS International Real Estate Business School
Prof. Dr. Steffen Sebastian

„Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“ klingt erst einmal gut. Doch sie ist so gestaltet, dass sie kaum einem Vermieter etwas bringt, betont Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Regensburger Irebs.

Bundesbauministerin Klara Geywitz feierte Anfang Juni die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit. Vereine, Stiftungen und ähnliche Gesellschaften sollen künftig steuerlich begünstigt und gefördert werden, wenn sie bezahlbare Wohnungen bauen. Konkret sind beispielsweise Befreiungen von der Körperschaft- und Gewerbesteuer und Erleichterungen bei der Grundsteuer vorgesehen. Die Voraussetzung ist, dass die Mieten dauerhaft deutlich unter der marktüblichen Miete liegen. 60% der Haushalte in Deutschland sollen aufgrund der gewählten Einkommensgrenzen davon profitieren, so die Ministerin.

Auf dem Papier klingt das gut, allerdings ist die Realität eine andere. Die Wiederbelebung dieses Instruments wird nicht in großem Umfang zum Bau von neuem Wohnraum führen. Zum einen, weil wegen hoher Baukosten und Zinsen Neubau derzeit ausgesprochen unattraktiv ist. Mit marktgerechten Mieten lässt sich kein Gewinn erzielen. Sollen die Mieten dann noch niedriger als das Marktniveau sein, wird der Verlust noch größer. Diesen Verlust mit dieser Neuregelung steuerfrei zu stellen, kann eigentlich nur ironisch verstanden werden.

Erinnern wir uns: Der wesentliche Vorteil der alten Wohnungsgemeinnützigkeit war nicht Steuerfreiheit, sondern eine hohe Investitionszulage. Diese ist in der aktuellen Novelle aber gar nicht enthalten. Außerdem kann von der neuen Gemeinnützigkeit nur eine sehr kleine Gruppe von Akteuren profitieren. Denn Organisationen, die bereits als gemeinnützig anerkannt sind, sind ohnehin schon steuerbefreit. In der Praxis sind das Kirchen, Stiftungen und gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften.

Durch die Regelung neu von der Steuer befreit werden im Wesentlichen jene kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die nicht gemeinnützig sind. Leider ist das eine relativ kleine Gruppe, geschätzt rund 100 Unternehmen. Für diese gibt es kleinere positive Nebeneffekte: Vermieten sie günstig, werden sie steuerlich entlastet. Aber die Steuerbefreiung ist mit einem wesentlichen Nachteil verbunden, die die neue Gemeinnützigkeit sehr unattraktiv macht: Die Gewinne dürfen nicht an die Kommunen ausgeschüttet werden, sondern müssen in den Gesellschaften verbleiben. Zwar könnten so die Steuerersparnisse für Wohnungsneubau verwendet werden. Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass viele Städte und Gemeinden – grade in Zeiten leerer Kassen – für eine Steuerbefreiung dauerhaft auf 100% des Gewinns verzichten. Der Anwenderkreis der neuen Wohnungsgemeinnützigkeit dürfte also sehr überschaubar bleiben.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von IREBS International Real Estate Business School
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, August 2024

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