17.09.2024

Mietwohnungsbau in Deutschland

Die Schrumpfkur hält an

Michael Keune, Geschäftsführer, Catella Residential Investment Management
Michael Keune

Nach Zahlen der Forschergruppe Euroconstruct, der auch das deutsche ifo Institut angehört, werden die Wohnungsfertigstellungen in der EU bis 2026 nur noch bei gut 1,5 Millionen Einheiten liegen (-13 Prozent gegenüber 2023). Für Deutschland ist ein Rückgang von 35 Prozent zu erwarten. Vor allem wegen der stark gestiegenen Erstellungskosten ist der Neubau von Mietwohnungen in Deutschland oftmals nicht mehr möglich, zumindest gibt es aktuell kaum institutionelle Investoren, die die derzeitigen Kaufpreise zahlen und damit adäquate Renditen erwirtschaften können. Denn auf der Investmentseite befinden sich Neubauwohnungen trotz hoher Nachfrage in einem Wettbewerb, in dem ihre Knappheit nicht zählt.

Auf der einen Seite sind da Papiere wie Unternehmens- und Staatsanleihen, die derzeit mit 4 Prozent und mehr verzinst werden. Auf der anderen Seite werden fertige Wohnungen um 15 bis 30 Prozent günstiger angeboten als in einem klassischen Forward Deal, wo der Investor allen Fertigstellungsrisken frühzeitig in ein Projekt einsteigen würde und die aktuellen Bau- und Finanzierungskosten zu tragen hätte. Letztere wirken besonders kostensteigernd, weil Banken bedingt durch Entwicklerinsolvenzen und Projektverzögerungen deutlich restriktiver agieren und ganz andere Risikoaufschläge verlangen als dies noch vor dem rasanten Zinsanstieg im Frühjahr 2022 der Fall war. Inzwischen werden von den Kreditinstituten 600 bis 800 Basispunkte Margen für eine Rohbaufinanzierung angesetzt. Zum Vergleich in Spanien geben sich die Kreditinstitute mit 35 Basispunkten zufrieden.

So zeigt sich schon bei den ersten Finanzierungsgesprächen, dass bezahlbarer Wohnungsbau heute für private Investoren nicht bezahlbar ist. Hinzu kommt, dass Grundstücke zu Preisen gehandelt werden, als hätten sich die anderen Parameter nicht geändert. Dass es hier rasch zu Preisanpassungen kommt, ist kaum zu erwarten, weil Eigentümer vor Baurechtschaffung meist mit Eigenkapital finanzieren und daher nicht unter Verkaufsdruck stehen, während der Einstieg in bereits laufende Projekte oft mit Haken und Ösen verbunden ist.

Vor allem größere Projektentwickler haben in der jüngeren Vergangenheit nur mit einem eher symbolischen Eigenkapitalanteil gebaut. Weit verbreitet waren und sind eigens gegründete Projektgesellschaften, die über teils komplexe und kostspielige Mezzaninstrukturen finanziert wurden. Im Ergebnis sind die Verbindlichkeiten und Verantwortlichkeiten bei diesen Vorhaben nur schwer erkennbar.

Core-Geld, mit dem in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland sehr viel Wohnungsbau finanziert worden ist, lässt sich daher kaum für Projekteinstiege gewinnen. Im Gegenteil: Augenblicklich scheint fraglich, ob sich der privat finanzierte Mietwohnungsbau in Deutschland soweit erholt, dass die Ziele der Politik von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr erreicht werden können, zumal mögliche Maßnahmen wie die Vereinfachung von Baufortschriften nur zögerlich kommen und effektive Ansätze wie die Umsatzsteuerbefreiung für den Wohnungsbau in der politischen Debatte keine Rolle spielen.

Gleichwohl gibt es Hoffnung: Der Neubau von Wohnungen ist in Deutschland traditionell ein eher kleinteiliges, lokales und maximal mittelständisches Geschäft. Die dort tätigen Unternehmen bauen auch im gegenwärtigen Marktumfeld, gern mit Partnern, die sie bereits längere Zeit kennen, so dass, wer hier über entsprechende Netzwerke verfügt, auch in Zukunft in neue Mietwohnungen investieren kann. Außerdem hat sich der Zinsmarkt beruhigt und institutionelle Anleger haben erkannt, dass Investitionen in marktgerechte Mietwohnungen auf lange Sicht besser verzinst werden als Staatsanleihen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Catella Residential Investment Management
Erstveröffentlichung: Green Street News vom 13.09.2024

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