Berlin braucht Wechsel in der Wohnungsmarktpolitik
In Kürze endet die Mitgliederbefragung der Berliner SPD, die über den Abschluss des zwischen CDU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrages entscheiden soll. Während die Zustimmung der CDU nicht infrage steht, gibt es innerhalb der Berliner SPD – vor allem, aber keineswegs nur unter den Jusos – einige Vorbehalte gegen eine neue schwarz-rote Landesregierung für die Bundeshauptstadt. Diejenigen, die sich gegen den neuen Koalitionsvertrag positionieren und lieber eine Fortsetzung der seit Ende 2016 regierenden Koalition mit Grünen und Linken sehen würden, sind in der Wahl ihrer Worte oft nicht zimperlich. Bemerkenswert ist vor allem der Begriff „Rückschrittskoalition“, der in diesen Tagen häufiger von den R2G-Fans innerhalb der Berliner SPD ebenso wie aus grünen und linken Kreisen zu hören ist. Sie bezeichnen damit eine Koalition unter Beteiligung der CDU anstelle von Grünen und Linken, und irgendwie hört es sich natürlich gruselig an: Wer will schon Rückschritte hinnehmen müssen? Im Falle Berlins könnte es allerdings mehr als hilfreich sein, wenn es zu dem einen oder anderen „Rückschritt“ nach mehr als sechs Jahren Rot-Grün-Rot käme.
Aktuelle Zahlen belegen das in einer geradezu dramatischen Weise. Vor wenigen Tagen veröffentlichte die Value AG neue Marktdaten zur Entwicklung von Wohnungsmieten und Kaufpreisen in Deutschland während des ersten Quartals 2023. Wie im allgemeinen Marktumfeld der zurückliegenden Monate nicht anders zu erwarten, wurden dabei im bundesweiten Durchschnitt und für viele einzelne Standorte mehr oder weniger deutliche Preisrückgänge ausgewiesen. In Berlin gingen die Preise jedoch nur um 0,2 Prozent zurück und blieben somit nahezu konstant; verglichen mit dem Vorjahr stiegen sie sogar um 2,4 Prozent. Noch drastischer fällt der Kontrast zwischen der Bundeshauptstadt und dem Rest des Landes allerdings bei der Entwicklung der Angebotsmieten für Wohnungen aus. Während diese vom Jahresbeginn bis Ende März 2023 im bundesweiten Durchschnitt leicht um 0,4 Prozent stiegen, kam es in einigen Top-7-Städten zu deutlicheren Mietsteigerungen. In München und Frankfurt waren es 2,1 Prozent beziehungsweise 1,2 Prozent. Verglichen mit dem Vorjahr gab es insbesondere in Köln und Düsseldorf relativ starke Zuwächse von 4,7 Prozent beziehungsweise 4,5 Prozent. Die mit deutlichem Abstand stärksten Anstiege bei den Mieten für Bestandswohnungen gab es allerdings in Berlin: Im ersten Quartal 2023 ging es um fünf Prozent aufwärts, und im Vergleich mit dem Vorjahr betrug der Anstieg sogar 19,7 Prozent – zweistelliges Wachstum am Berliner Wohnungsmarkt also nach mehr als sechs Jahren Rot-Grün-Rot.
Viele Wohnungssuchende würden sich eine solche Schlagzeile wohl sehnlichst wünschen, bezöge sie sich nicht auf die Mieten, sondern auf die Zahl der in Berlin fertiggestellten Wohnungen – oder wenigstens auf die Zahl der Baugenehmigungen. Doch bei diesen beiden Kennzahlen zeigt sich der Effekt der jahrelangen massiven Versuche regulatorischer Marktbeeinflussung durch die rot-grün-roten Berliner Landesregierungen leider ebenso deutlich wie bei den Mieten: Während die Mieten geradezu explodieren, gehen inzwischen nicht nur die Baugenehmigungen für Wohnungen, sondern auch die Fertigstellungen zurück. Wer noch ein Argument für einen Wechsel zu einer wirklichen Wohnungsbaupolitik in der Bundeshauptstadt brauchte, sollte spätestens jetzt von dessen Notwendigkeit überzeugt sein. Nach mehr als sechs Jahren rot-grün-rotem „Fortschritt“ wäre Berlin dringend zu wünschen, dass sich die Mehrheit der Berliner SPD-Mitglieder für die „Rückschrittskoalition“ mit der CDU entscheidet – damit es im Berliner Wohnungsbau endlich wieder vorwärts geht.
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Erstveröffentlichung: 19.04.2023