31.10.2023

Insolvenz ist nicht das Ende der Welt

Francesco Fedele, CEO, BF.direkt AG
Francesco Fedele

Eine Insolvenz ist nicht zwangsläufig das Ende eines Immobilienunternehmens. Das Verfahren kann auch erfolgreich abgeschlossen werden. Die Standards sind in Deutschland in den letzten Jahren deutlich besser geworden.  

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass die Immobilien- und Wirtschaftsmedien von einer neuen Insolvenz eines Projektentwicklers berichten. Für die erfolgsverwöhnte Branche ist aktuell nach mehr als zehn Boom-Jahren eine harte Zeit.  

Allerdings ist Insolvenz nicht gleichbedeutend mit dem Ende der Welt. Insolvenz bedeutet auch nicht automatisch, dass ein vollständiger Wertverlust für den Entwickler oder den Darlehensgeber droht.

Die Insolvenzen, die wir aktuell sehen, sind meistens so genannte Insolvenzen in Eigenverantwortung. Dieses Verfahren muss von einem Gericht nach dem Stellen des Insolvenzantrags bewilligt werden. Sofern keine groben Verfehlungen des Managements vorhanden sind, sondern eine außergewöhnliche Marktsituation zur Insolvenz geführt hat, erlauben die Gerichte dieses Verfahren. Dabei führt das bisherige Management unter der Kontrolle eines Sachwalters das Unternehmen fort.  

Während der Laufzeit der Insolvenz werden die Projekte geprüft und für jedes einzelne Projekt eine Fortführungsprognose erstellt. Parallel dazu wird mit den Darlehensgebern und mit externen Investoren verhandelt, um zu einer Lösung zu kommen.   

Die stark negative Wahrnehmung des Themas ist meiner Meinung nach auch geprägt von den Immobilieninsolvenzen zur Zeit der Finanzkrise 2007 / 2008. Es ist allerdings wichtig zu wissen, dass sich der Standard für Insolvenzen von Immobilienunternehmen in Deutschland seitdem erheblich verbessert hat.

War damals beispielsweise ein professionelles externes Property- und Assetmanagement mit investorenfreundlichen Reportings noch weitgehend unbekannt, haben sich in den folgenden Jahren viele Insolvenzverwalter darauf spezialisiert. Mittlerweile gehört es in einem erfahrenen Insolvenzverwalterbüro zum Standardrepertoire.

Eine andere Neuerung ist das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG. Dieses wurde 2021 in Deutschland eingeführt und setzte die EU-Sanierungsrichtlinie in nationales Recht um. Das StaRUG setzt auf eine frühzeitige und weitestgehend außergerichtliche Sanierung. Die Verhandlungen über die Restrukturierung sollen dabei im Idealfall konsensorientiert und eigenverantwortlich geführt werden.

Im Fall von Projektentwicklungen – und das sind derzeit die betroffenen Unternehmen – ist es sogar möglich, dass die Immobilien unter gewissen Voraussetzungen im Insolvenzstatus zu Ende gebaut werden können. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Bauträger Paulus Wohnbau, der jüngst verkündete, seine Objekte trotz des gestellten Insolvenzantrags fertig bauen zu wollen.

Klar ist: Das finale Ergebnis eines Insolvenzverfahrens kann immer erst rückblickend und nach Abschluss beurteilt werden. Insolvenzverfahren sind aufwendig und können sich oft lange hin ziehen. Sie können aber erfolgreich sein. 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von BF.direkt AG
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, August 2023

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