Einheitswerte zur Ermittlung der Grundsteuer müssen aktualisiert werden
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits am 22.10.2014 (Az. II R 16/13) klargestellt, dass zur Ermittlung der Grundsteuer der aktuelle Immobilienwert zu berücksichtigen ist. Aufgrund der über mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Feststellungen der Einheitswerte (zu den Stichtagen 1935 bzw. 1964) haben sich erhebliche Wertverzerrungen ergeben. Daher ist der Zusammenhang zum aktuellen Immobilienwert verlorengegangen.
Zu Wertverzerrungen kommt es insbesondere bei der Bewertung im Sachwertverfahren, da eine Alterswertminderung der Gebäude nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt ausgeschlossen ist. In der Praxis bedeutet das aktuell, dass ein 1964 in den alten Bundesländern gebautes Gebäude im Prinzip mit demselben Gebäudewert anzusetzen ist wie ein neu gebautes Gebäude.
Für eine Vielzahl neuer Gebäude gibt es zu den damaligen Herstellungskosten keine Vergleichsmöglichkeiten. Aber auch bei älteren Gewerbeobjekten ist die Wertfindung schwierig, da hier teilweise erhebliche Abschläge wegen wirtschaftlicher Überalterung notwendig sind. Die Verhandlungen mit den Finanzämtern enden daher nicht selten vor dem Finanzgericht, insbesondere dann, wenn die Grundsteuer nicht an die Mieter weiterbelastet werden kann.
Nun hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einer mündlichen Verhandlung am 16. Januar 2018 auch die Basis zur Erhebung der Grundsteuer kritisiert. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers eine neue Bewertungsgrundlage auszuarbeiten.
Vorschlag zur Neubewertung der Grundsteuer
Der Bundesrat hat bereits im November 2016 eine Neuregelung eingebracht, die alle rund 35 Millionen Immobilien in Deutschland betreffen wird.
Nach dem Reformvorschlag müssten alle Eigentümer eine Erklärung zu ihren Immobilien beim Finanzamt einreichen. Bisher waren Erklärungen nur nach Aufforderung durch das Finanzamt einzureichen.
Das Verfahren zur Erhebung der Grundsteuer würde dreistufig bleiben:
Zuerst ermittelt das Finanzamt den Kostenwert. Der Kostenwert setzt sich aus Boden- und gegebenenfalls Gebäudewert zusammen. Die Bodenwertermittlung erfolgt anhand von aktuellen Bodenrichtwerten. Der Gebäudewert wird auf Basis der Brutto-Grundflächen, der aktuellen Pauschalherstellungskosten und der Altersminderung eines Gebäudes ermittelt. Da die Bodenrichtwerte und die Pauschalherstellungskosten seit 1935 bzw. 1964 erheblich gestiegen sind, wird auch der Kostenwert im Vergleich zu den bestehenden Einheitswerten wesentlich höher ausfallen.
Im zweiten Schritt wird der Kostenwert mit einer Grundsteuermesszahl multipliziert und ergibt den Grundsteuermessbetrag. Die bisherigen bundeseinheitlichen Grundsteuermesszahlen sollen jedoch durch länderspezifische Grundsteuermesszahlen ersetzt werden.
Im dritten und letzten Schritt wird der Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz der jeweiligen Gemeinde multipliziert. Der Hebelsatz kann individuell von jeder Gemeinde festgesetzt werden und beeinflusst die Höhe der Grundsteuer daher erheblich.
Bewertung des Reformvorstoßes
Nach dem Reformvorschlag werden Gebäude zur Ermittlung ihres Wertes nach den unterschiedlichen Grundstücksarten und in drei Baujahresgruppen eingeordnet, welche erhebliche Unterschiede aufweisen. So wird beispielsweise ein Bürogebäude mit dem Baujahr 2005 mit einem um 62 Prozent höheren Wert angesetzt als ein Bürogebäude mit dem Baujahr 2004.
Innerhalb einer Baujahresgruppe werden keine Differenzierungen der Herstellungskosten vorgenommen. So werden beispielsweise alle Mehrfamilienhäuser mit einem Baujahr vor 1996, abgesehen von der linearen Alterswertminderung, gleich bewertet. Baumängel, unterschiedliche Ausstattung oder Kernsanierungen werden nicht berücksichtigt.
Nach dem Gesetzentwurf soll die Grundsteuer nicht erhöht werden. Diese Zielvorgabe wird dadurch erreicht, indem man die Grundsteuermesszahl in dem Verhältnis reduziert wie der Kostenwert im Verhältnis zum Einheitswert gestiegen ist. Nach dieser Systematik ergibt sich zwangsläufig eine höhere Grundsteuer für Neubauten und eine geringere Grundsteuer für Altbauten, da die Alterswertminderung nur bei Altbauten zu berücksichtigen ist. Der Kostenwert bei Mehrfamilienhäusern steigt somit in Berlin zum Beispiel gegenüber dem Einheitswert für Altbauten um das Siebenfache und bei Neubauten um das Achtzehnfache. Da der Kostenwert zum 1.1.2022 festgesetzt wird, kann erst danach die Höhe der Grundsteuermesszahlen ermittelt werden. Für diese landesweiten Auswertungen benötigt die Verwaltung eine lange Bearbeitungszeit. Daher soll die „neue“ Grundsteuer erst ab dem Jahr 2027 zur Anwendung kommen. D. h. die genaue Höhe der Grundsteuer kann momentan nur geschätzt werden. Dennoch ist eine Tendenz deutlich erkennbar: Momentan liegt die Grundsteuer in Berlin für Wohngebäude bei durchschnittlich 0,28 Euro pro Quadratmeter pro Monat. Künftig würden Altbauten mit einer Grundsteuer von 0,15 Euro pro Quadratmeter und Neubauten mit 0,40 Euro pro Quadratmeter belastet werden.
Fazit
Der vorgelegte Gesetzentwurf beinhaltet zum Teil willkürliche Festsetzungen. Ob die Reform tatsächlich in dieser Form umgesetzt wird, ist momentan fraglich. Beim Bundesverfassungsgericht wurde bereits ein Gutachten von Prof. Dr. Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht der Universität zu Köln im Juni 2017 zur Reform eingereicht, in dem die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt wird. Aus dem Grund bleibt abzuwarten welche Hinweise das Gericht hinsichtlich der Neuregelung geben wird.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Februar 2018