Strategische Optionen für institutionelle Immobilieninvestoren
Steigende Zinsen, Inflationsraten auf einem längst nicht mehr gekannten Niveau und der Angriff Russlands auf die Ukraine mit seinen vielfältigen ökonomischen Auswirkungen weit über diese beiden Länder hinaus: All diese Entwicklungen lassen derzeit viele institutionelle Investoren ihre Strategien überdenken. Für einen beachtlich langen Zeitraum schienen die Dinge klar und einfach zu sein. Angesichts von Null- oder Strafzinsen waren Immobilienanlagen für viele institutionelle Investoren ein Muss, vor allem auch in Form indirekter Investments wie Immobilien-Spezialfonds. Im Vordergrund standen dabei häufig deutsche Wohnimmobilien, Büros, Logistikimmobilien und auch Einzelhandelsimmobilien, sofern ihr Schwerpunkt auf Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs liegt. Die Nachfrage war entsprechend groß, die Preise stiegen und Marktteilnehmer fragten sich zunehmend, wann der Boom wohl enden werde. Inzwischen hat sich das Marktumfeld in einer Art und Weise verändert, die so wohl niemand erwartet hatte. Doch inwieweit stellt dies die bisherigen Strategien von Investoren infrage?
Ein Blick auf die aktuellen Handlungsoptionen zeigt, dass in dem meisten Fällen zumindest kein Grund für einen radikalen Strategiewechsel gegeben sein dürfte. Vielmehr empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der bisherigen Strategie mit kühlem Kopf und gegebenenfalls ein moderates Nachjustieren. Dabei steht vor allem das Thema Risikosteuerung durch Diversifikation auf der Agenda. Wer sich bisher auf die vier Hauptnutzungsarten Wohnen, Büro, Logistik und systemrelevanter Einzelhandel fokussiert hat, kann sein Portfolio im Sinne eines Core-Satellite-Ansatzes um Nutzungsarten wie Parken (teilweise mit einer Last-Mile-Logistikkomponente), Infrastrukturimmobilien oder Gesundheitsimmobilien ergänzen, ohne sich abrupt von seinen bisherigen Investmentschwerpunkten abzuwenden.
Und wer sich maßgeblich auf Deutschland fokussiert hat, hat aktuell keinen Grund, sich von diesem Markt zu verabschieden, sollte aber auch einen Blick auf die Trends der letzten Monate in anderen Märkten werfen. Die empfehlenswerte Positionierung im konkreten Einzelfall richtet sich dabei vor allem nach der bisherigen Portfoliostruktur. Wer sich bislang wenig in ausländischen, insbesondere außereuropäischen Immobilienmärkten engagiert hat, ist mit Beteiligungen an einem global investierenden Fonds häufig gut beraten. Investoren, die bereits in Märkten außerhalb Deutschlands investiert sind, können ihr Portfolio durch Investments in ausgewählte Länder, Regionen und Marktsegmente ergänzen und diversifizieren. Dabei können – je nach Investorenpräferenz – allgemeinere oder fokussiertere Investmentstrategien umgesetzt werden. Wer noch nicht in den USA investiert hat, kann sich für einen US-Immobilienfonds mit breiter Streuung über verschiedene Nutzungsarten und Regionen entscheiden, um schnell Exposure im US-Dollar-Raum zu erhalten. Sollen dagegen spezifische Chancen einzelner Marktsegmente genutzt werden, kommt beispielsweise ein Fonds infrage, der sich ausschließlich auf Multi-Familiy-Houses in einer bestimmten Region der USA oder einen bestimmten regionalen Logistikmarkt beschränkt. Ähnliche Alternativen stehen Investoren auch in Asien (Pan Asia versus spezielle Länder- oder Logistikfonds) oder in Europa über eine breite Palette von Fonds offen. Ganz gleich, wie dabei die Schwerpunkte gesetzt werden: Systematische Diversifikation verspricht in der aktuellen Situation mehr Erfolg als ein radikales Umschichten – wohin auch immer.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, 5. Mai 2022