Virtuelle Lernkurve im Recruiting oder warum die Webcam jetzt so wichtig ist
Für viele Immobilienunternehmen wird die Corona-Krise einmal als die Zeit der Zwangsdigitalisierung angesehen werden. Denn in den Zeiten von Abstandsregelungen und Mundschutzpflicht geht es dem „People Business“ an den anlogen Kragen. Fragt sich nur, ob die Branche tatsächlich ohne den persönlichen Handschlag auskommen kann? Ich denke, ja das geht. Man muss es nur wollen. Für Personaler bietet der derzeitige Krisen-Modus völlig neue Möglichkeiten in den Recruiting-Prozessen. Die Einführung längst überfälliger digitaler Kooperationstools kommt endlich voran, weil es nicht mehr anders geht. Und, welche Überraschung, es funktioniert gut. Telefoninterviews und Videobewerbungsrunden ersetzen in diesen Tagen zunehmend die gewohnten Face-to-Face-Bewerbungsgespräche und bringen frischen Wind in die bisher üblichen Auswahlprozeduren. Die digitalen Medien beschleunigen so nebenbei die Bewerbungs- und Auswahlprozesse und bieten zusätzliche Flexibilität. Gruppentelefonate und Video-Calls lassen sich nun mal viel leichter organisieren als persönliche Treffen. Auch sind Unternehmen mittels Webcam-Technik eher gewillt, sich im Vorfeld mit mehr Kandidaten auszutauschen, weil man insgesamt einfach offener ist. Tatsächlich profitieren wir gerade von einer rasanten Lernkurve und machen einen großen digitalen Sprung nach vorn. Mir ist klar, darauf werden wir nicht mehr verzichten wollen, wenn Corona einmal Geschichte sein wird. Denn die neuen Standards etablieren sich schnell. Wir interviewen unsere Kandidaten nun seit Anfang März verstärkt auf digitalen Wegen und machen damit sehr gute Erfahrungen. Wir schützen unsere Bewerber und uns nicht nur vor der Ansteckung mit dem Corona-Virus, sondern wir sparen auch viel Zeit, Reiseaufwand und reduzieren damit nebenbei die Recruiting-Kosten. Diese neue Art der Kollaboration werden wir nicht zurücknehmen wollen und sie ist sogar ausbaufähig. Wir können es uns nicht leisten, Bewerbungsprozesse auf die lange Bank zu schieben. Fachkräfte waren vor der Krise schon Mangelware und der „war for talents“ wird sich nach Corona nicht in Luft auflösen. Ich persönlich wäre sogar bereit, auf den persönlichen Handschlag zum Vertragsabschluss zugunsten eines visuellen Blicks in die Augen zu verzichten. Und warum sollte man in der Krise lange mit der Einstellung warten, wenn die Einarbeitung auch im Homeoffice beginnen könnte? Was eben noch visionär klang, ist im Augenblick dank VPN- und Webcam-Technik plötzlich möglich geworden.
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Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, März 2020