Die Digitalisierung der deutschen Immobilienwirtschaft geht voran – nicht zuletzt dank der Produkte aus den USA. Obwohl sie stetigen Zuspruch verzeichnen, hat das „Privacy Shield“-Urteil des EuGH sie pauschal für unzulässig erklärt. Weil zugleich unstrittig ist, dass die US-Softwares hohe Qualität aufweisen und adäquate Alternativen bislang kaum verfügbar sind, arbeitet die EU nun mehr oder weniger fieberhaft an neuen Standardvertragsklauseln (SVK), die die weitere Nutzung der US-Produkte ermöglichen sollen. Es ist gut, wenn Datenverarbeiter dank des EuGH noch stärker auf DSGVO-Konformität achten. Aber es ist nicht gut, dass Pauschalurteile eine schleppende Bürokratie und Unsicherheit erzeugen. Erst recht nicht bei dem für die deutsche Volkswirtschaft so zentralen Feld der Digitalisierung.
Können Sie es auch nicht mehr hören? „Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts“, „Daten sind der wichtigste Rohstoff unserer Zeit“, „Daten – das Gold unserer Tage“ – die großen Datenelogen sind omnipräsent im Digitalisierungsdiskurs auch unserer Branche. Auf der einen Seite ist das sinnvoll: Offensichtlich weiß nun jeder Akteur in Deutschland, dass er ohne eine vernünftige und breite Datengrundlage von digitaler Transformation nur träumen kann. Erst recht scheitern ohne sie alle Bemühungen um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), deren Wirkungsgrad bekanntermaßen von Trainingsdaten abhängt.
Doch auf der anderen Seite sind die großspurigen Datenstatements in vielen Fällen reine Lippenbekenntnisse oder Standardfloskeln. In der Praxis herrschen immer noch die großen Datenbarrieren. Sie existieren vor allem in den Köpfen: Wenn kooperative Plattformen mit Verweis auf unternehmensinterne Daten keine Anwendung finden. Oder wenn Datensätze mit Verweis auf die DSGVO erst umständlich bearbeitet werden müssen, ehe sie dem digitalen Dienstleister bereitgestellt werden dürfen.
Klar ist: Die DSGVO ist ein unabdingbares Instrument für den richtigen Umgang mit Daten, auf die wir Europäer stolz sein können. Aber sie bezieht sich ausschließlich auf personenbezogene Daten. Allzu häufig wird ihr Anwendungsbereich bewusst überstrapaziert, um dem Datensilo-Denken in den Unternehmen Vorschub zu leisten. Da ist es wohltuend, wenn verantwortliche Politiker wie beispielsweise die Digital-Staatsministerin Dorothee Bär auch einmal von der „Datenschutz-Keule“ (am 23. Januar im Berliner „Tagesspiegel“) sprechen oder eindeutig klarstellen: „Bei Daten gilt: size matters“ (am 27. Januar im „Handelsblatt“).
Leider ist so viel Einsicht hierzulande und auch im europäischen Rahmen nicht immer gegeben. Die Aufhebung des EU-US-Abkommens „Privacy Shield“ durch den Europäischen Gerichtshof hat unnötige Verunsicherung erzeugt. Denn es steht außer Frage, dass auch die deutsche Immobilienbranche ohne Cloud- und Kommunikations-Dienste aus den USA in der Digitalisierung um Jahre zurückgeworfen würde. Die neuen Standardvertragsklauseln (SVK), die das gekippte Datenschutzabkommen ersetzen sollen, sind nach über einem halben Jahr noch im Formulierungsstadium. Es wird darauf hinauslaufen, dass betroffene Unternehmen unverzüglich über die SVK eine Benachrichtigung erhalten, sobald eine behördliche Anfrage beim Datendienstleister vorliegt. Gegen diese Anfrage könnten dann alle verfügbaren Rechtsmittel eingelegt werden. Hierbei wird deutlich: Datenschutz ist nicht absolut, sondern mit anderen Gütern wie öffentlicher Sicherheit oder Prozesseffizienz abzuwägen. Erst wenn sich diese Auffassung des Datenschutzes in Politik und Wirtschaft durchsetzt, wird das Versprechen der Datenschätze Wirklichkeit werden.
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Erstveröffentlichung: TPP, Februar 2021