19.06.2024

Bauen im Bestand

Neue Baukultur gebraucht

Majd Zughaibi, Equity Partner, UNDKRAUSS Bauaktiengesellschaft
Majd Zughaibi

Bauen im Bestand boomt! Während die Auftragsvolumen für Neubauten deutlich rückläufig sind, ist der Bedarf im Bereich der Revitalisierungen von Bestandsgebäuden ungebrochen: Bürogebäude sollen an moderne, innovative Nutzungskonzepte angepasst oder beispielsweise zu Praxisräumen, Wohnungen, Micro Living transformiert werden. Kurz: Wer revitalisiert, gewinnt: Nutzer, Miete, Werte.

Zudem resultiert ein erheblicher Teil des CO2-Ausstoßes in Deutschland aus der defizitären Gebäudeausstattung älterer Gewerbegebäude, die besser revitalisiert als abgerissen werden sollten. Denn Bestandsgebäude sind durch die vorhandene Bausubstanz und die bereits gebundene „graue Energie" gegenüber der Variante „Abriss und Neubau" per se nachhaltiger.

Als Voraussetzung für mehr erfolgreiche Bestandssanierungen, brauchen wir allerdings einen Kulturwandel auf deutschen Baustellen und eine Abkehr von tradierten Denkweisen. Bislang folgt die Bau- und Immobilienwirtschaft in Deutschland meist dem „traditionellen Grundprinzip" und setzt auf die Trennung von Planung und Bauausführung. Fatal, wenn die Bausubstanz der Bestandsgebäude unbekannt und Planung und gebaute Realität nicht miteinander vereinbar sind. „Evergreens“ sind nicht berücksichtigte Befestigungstechnik an Ziegel- bzw. Stahlsteindecken für neu einzubringende Lasten, wie beispielsweise abgehängte Decken und die einzubringende Gebäudetechnik oder nicht vorhandene Schadstoffuntersuchungen. Das führt letztlich zu Terminverzögerungen, Planungsanpassungen, Kostensteigerungen, sorgt für überflüssigen Materialverbrauch, Arbeitskraftverschwendung und – nicht zu vergessen – für Frustration und Resignation bei Berufseinsteigern und Fachkräften.

Bauen im Bestand erfordert daher die Expertise der Baubranche am Anfang des Prozesses, also in der Planung und nicht am Ende, während der Bauausführung und den Einsatz von interdisziplinären Teams. Der Impuls dafür muss vom Auftraggeber ausgehen. Projektabwicklungsmodelle wie Design & Build, sollten daher konsequent in Deutschland etabliert und die tradierte Schnittstelle zwischen Planung und Bauausführung aufgegeben werden. Mit den Widrigkeiten der bestehenden Bausubstanz befassen sich dann interdisziplinäre Teams, die ein gemeinsames Projektziel verfolgen und mit Mut, Kreativität und Fantasie die Herausforderungen des Bestands bewältigen.

Wer Denkweisen ändert, gewinnt: Terminsicherheit, Kostensicherheit, Mitarbeiterzufriedenheit und vieles mehr.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von UNDKRAUSS Bauaktiengesellschaft
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, Mai 2024

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