Wie Bestandsgebäude schneller energieeffizienter werden
Die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden werden ständig höher. Dass die damit verbundenen steigenden Kosten durch serielles Bauen gedämpft werden können, ist bekannt. Doch um die Klimaziele zu erreichen, ist es nötig, Bestandsgebäude auf eine höhere Energieeffizienz zu trimmen. Wie auch dies in Serie geschehen kann, erkundet das Projekt Serielles Sanieren der Deutschen Energie-Agentur (dena). „The Property Post“ sprach mit Uwe Bigalke, dem Leiter des Projekts.
The Property Post (TPP): Herr Bigalke, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fördert Serielles Sanieren mit Zinssubventionen und bis zu 45 Prozent Tilgungszuschuss. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die sanierten Objekte mindestens den KfW-Energieeffizienzstandard 55, besser 40, erreichen. Mit der plötzlichen Streichung von Fördermitteln für energieeffiziente Neubauten in diesem Jahr hat die Bundesregierung Bauherren und Bauwirtschaft überrascht und verunsichert. Was glauben Sie, wie lange der Bund Serielles Sanieren unterstützen wird?
Uwe Bigalke: Das Serielle Sanieren ist eine Innovation, die zur Marktreife entwickelt werden muss. Innovationen wie dieser ist gemein, dass sie am Anfang teurer sind als konventionelle Methoden. Deshalb brauchen sie zunächst eine starke finanzielle Motivation, um angenommen zu werden. Es geht darum, die Prozesse stetig zu optimieren, bis sich die Kostenvorteile durch die Skaleneffekte einer seriellen Fertigung einstellen. Wir sind davon überzeugt, gute Argumente für eine Förderung bis zu diesem Punkt zu haben. Eine Fortführung der Förderungen für das Serielle Sanieren wurde zudem kürzlich durch Wirtschafsminister Robert Habeck und den Entwurf eines Klimaschutzprogramms der Bundesregierung in Aussicht gestellt – wir sind daher sehr optimistisch, dass das klappt .
TPP: Welche Größenordnung erreicht die zum Jahresanfang angelaufene Förderung inzwischen?
UB: Nach den jüngsten uns vorliegenden Zahlen wurde Serielles Sanieren bis Ende April mit einem Kreditvolumen von rund 80 Millionen Euro gefördert.
TPP: Die Förderung erfolgt vor dem Hintergrund, dass Bestandsgebäude nach Plänen der Europäischen Union bis zum Jahr 2033 mindestens die Effizienzklasse E erreichen müssen. Wie kann man sich eine E-Klasse-Immobilie vorstellen?
UB: Ein Haus aus den 50er oder 60er Jahren etwa, dessen einschaliges Mauerwerk später zusätzlich gedämmt wurde und dessen Fenster inzwischen doppelt verglast sind, sollte trotz Gasheizung die im Energieausweis definierte E-Klassifizierung erreichen. Das bedeutet, dass der Energieverbrauch bei 130 bis 160 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr liegen darf. Die Skala des Energieausweises reicht von A bis H. Allerdings hat die EU den Zeitpunkt, zu dem dieser Wert erreicht werden muss, noch nicht rechtsverbindlich geregelt.
TPP: Wie soll in diesem Zusammenhang mit denkmalgeschützten Gebäuden umgegangen werden?
UB: Denkmalgeschützte Gebäude machen nur einen Bruchteil des Bestandes – etwa drei Prozent – aus. Für diese Objekte brauchen wir andere Lösungen als Fassadendämmungen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Wände und Geschossdecken können von innen gedämmt werden und die Wärmeerzeugung können Wärmepumpen übernehmen. Wir fokussieren uns jedoch zunächst auf Mehrfamilienhäuser aus den 1950er bis 70er Jahren, die in der Regel einfache Putzfassaden haben.
TPP: Von welchen Zahlen gehen Sie aus?
UB: Es dürfte sich um etwa drei Millionen von insgesamt 40 Millionen Wohnungen handeln, die optimal für Serielles Sanieren geeignet sind. Inzwischen wurde das Projekt auf Einfamilienhäuser ausgeweitet. Wir gehen davon aus, dass etwa vier Millionen Eigenheime seriell saniert werden können. Mit fortschreitender Weiterentwicklung sehen wir bis zu 40 Prozent des Gebäudebestands für zumindest teilweise geeignet an.
TPP: Wie muss ich mir den Ablauf der Sanierung vorstellen?
UB: Im Grunde genommen ist die serielle Sanierung ein Baukastensystem, aus dem der Eigentümer Fassaden-, Dach- und Haustechnikmodule wählen kann, um die Energieeffizienz zu verbessern. Um Dach- und Fassadenelemente mit den notwendigen Ausschnitten vorfertigen zu können, werden die Gebäude in 3D gescannt und die Daten auf die Maschinen, die die Elemente fertigen, übertragen. Die Elemente werden anschließend vor Ort montiert.
TPP: Dass Quartiere mit sich in den Abmessungen wiederholenden Gebäuden seriell sanieren lassen, weil sich vorgehängte Fassaden mit immer gleichen Tür- und Fensterausschnitten vorfertigen lassen, leuchtet ein. Dass dies bei individuell gestalteten Einfamilienhäusern gelingt, eher nicht.
UB: Seriell sanieren heißt nicht, dass Elemente ausschließlich in größeren Stückzahlen mit immer gleichen Abmessungen gefertigt werden. Seriell bedeutet in diesem Fall, dass ein standardisiertes Verfahren gewählt wird. Die Erfassung der Abmessungen erfolgt wie bei den Objekten einer Mehrfamilienhaussiedlung über 3D-Scan und wird auf die Maschine übertragen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass nicht mehrere Teile mit gleichen Abmessungen hergestellt werden, sondern Elemente mit unterschiedlichen Abmessungen. Zurzeit konzentrieren sich die Unternehmen auf Gebäude mit glatten Fassaden, ohne Vorsprünge, Erker oder andere architektonische Besonderheiten, kurz gesagt: auf Schuhkartons.
TPP: Es gibt Veröffentlichungen, aus denen hervorgeht, dass serielles Sanieren noch nicht die erhofften Kostenvorteile bietet. Ist das richtig?
UB: Es gibt Projekte, deren Sanierung aufgrund der Zusatzförderung von 15 Prozent Tilgungszuschuss für Serielles Sanieren bereits heute preisgünstiger energieeffizient werden können als durch eine konventionelle Sanierung. Wir stehen hier aber noch am Anfang einer längeren Entwicklung. In der Praxis geht es aber nicht allein um die Kosten, sondern auch um die Bauzeit sowie die Schmutz- und Lärmbelastung der Mieter, die bei einer seriellen Sanierung geringer sind.
TPP: Von welchen Amortisationszeiträumen gehen Sie aktuell aus?
UB: Auf Basis aktueller Energiepreise rechnen wir mit einer Amortisationsdauer von etwa 30 Jahren. Aber zusätzlich zu berücksichtigen sind geringere Instandhaltungskosten und sinkende CO2-Emissionen und damit CO2-Kosten.
TPP: Wie viele der drei Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern werden 2030 seriell saniert sein?
UB: Wir gehen davon aus, dass sich stetig mehr Unternehmen die Verfahrensweisen der seriellen Sanierung aneignen. Wegen der ständig steigenden Kapazität sollten 2030 etwa 500.000 Wohnungen auf diese Weise saniert sein, so dass ca. 2,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Geplant ist darüber hinaus, öffentliche Gebäude, etwa Schulen und Turnhallen, nach gleicher Methode zu modernisieren. Durch den aktuellen Hochlauf kommt der eigentliche Effekt aber erst bis 2045. Hier sehen wir ein CO2-Einsparpotenzial von weit mehr als 25 Millionen Tonnen pro Jahr.
TPP: Was wünschen Sie sich von der Politik?
UB: Dass die Förderung für die Serielle Sanierung auf jeden Fall bis zum Ende der Legislaturperiode erhalten bleibt, so dass die beteiligten Unternehmen Planungssicherheit haben. Und weniger Bürokratie bei der Umsetzung unserer Vorhaben. Weniger Bürokratie bedeutet geringere Kosten.
TPP: Herr Bigalke, vielen Dank für das Interview.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Deutsche Energie-Agentur (dena)
Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2023