Die digitale Unterschrift von Mietverträgen ist in Deutschland noch wenig verbreitet. Die Trei Real Estate und Müller Merkle Immobilien haben jüngst 300 Wohnungen mit digital unterschriebenen Verträgen vermietet. Wo liegen die Vorteile und warum ist die Technik nicht weiter verbreitet? TPP sprach dazu mit René Westerheider, Head of Asset Management bei der Trei Real Estate, und Felix Henne, Geschäftsführer von Müller Merkle Immobilien.
The Property Post: Herr Westerheider, warum haben Sie bei der Erstvermietung der beiden Wohnobjekte in Berlin erstmals auf die digitale Unterschrift von Mietverträgen gesetzt?
René Westerheider: Wir haben in der Vergangenheit immer wieder die Erfahrung gemacht, wie langwierig und aufwändig das analoge Verfahren ist. In unserem Fall sind vier Parteien beteiligt – die Trei als Eigentümer, Müller Merkle Immobilien als Erstvermieter, Apleona als Property Manager und schließlich der Mieter selbst. Bei der Arbeit mit gedruckten Kopien gab es immer wieder hohe Zeitverluste und in einigen Fällen gingen Verträge auf dem Postweg verloren Im Normalfall dauert die postalische Unterzeichnung zwei Wochen, teilweise warteten wir jedoch sechs bis acht Wochen, bis ein Vertrag final unterschrieben war.
TPP: Herr Henne: Wie funktioniert der Prozess genau?
Felix Henne: Die digitale Unterschrift läuft über die d.velop AG, ein Unternehmen, das Software für Dokumentenmanagement und digitale Prozesse entwickelt. Die Identifizierung funktioniert in der Regel über das Video-Ident-Verfahren oder aber alternativ mit dem digitalen Ausweis und einer App . Danach kann der Mieter von überall auf der Welt unterschreiben. Besonders in Objekten mit einem sehr hohen internationalen Mieteranteil – wie beispielsweise bei den Berliner Objekten der Trei – wissen auch die Mietinteressenten diesen Vorteil sehr zu schätzen. Denn: Auslandspost ist teuer und dauert besonders lang.
TPP: Wie viel Zeit können Sie dadurch einsparen?
R.W.: Die Vermietung der 300 Wohnungen dauerte insgesamt drei Monate. Durch die konsequente Digitalisierung konnten wir sechs bis acht Wochen sparen. Das wirkt sich auch positiv auf die Gesamtprojektdauer aus: Beide Gebäude waren bereits bei Fertigstellung vollvermietet und die meisten Mieter sind sofort eingezogen. Für uns als Eigentümer bedeutet das auch, dass die Cashflows früher fließen und die Prozesse schlanker sind: Das lästige Scannen der Verträge mit einer Vielzahl von Anlagen fällt beispielsweise komplett weg.
TPP: Warum kommt der digitale Mietvertrag nicht öfter zum Einsatz?
F.H.: Wir befassen uns bereits seit mehreren Jahren gemeinsam mit unseren Auftraggebern intensiv mit dem Thema digitaler Mietvertrag. Aus Nachhaltigkeits- und Effizienzgesichtspunkten sind sich alle Parteien längst darüber einig, dass der digitale Mietvertrag zum Branchenstandard werden muss. Die größte Herausforderung zur Umsetzung ist bislang die Rechtssicherheit des digitalen Mietvertrags und die hierfür notwendige Schriftformerfordernis. Zur Einhaltung der Schriftformerfordernis ist eine sogenannte qualifizierte elektronische Signatur (QES) erforderlich. Während die bereits etablierte einfache und fortgeschrittene Signatur von den Signaturdienstleistern seit einigen Jahren in einem reibungslosen Workflow angeboten werden, ist die technische Umsetzung der QES etwas komplexer. Der Signaturprozess war so für den Nutzer lange Zeit nicht selbsterklärend, wodurch die User Experience mitunter frustrierend sein konnte. Da die QES überwiegend in Kombination mit einem Videoidentifikationsverfahren erfolgt, spielt zudem der Kostenfaktor eine Rolle. Die Signaturprozesse haben sich im vergangenen Jahr deutlich verbessert und es gibt bereits KI-basierte Selbstidentifikationslösungen, welche kurz- bis mittelfristig auch zu einer Kostenoptimierung führen werden. Die Rahmenbedingungen für den digitalen Mietvertrag werden somit zunehmend besser und wir sind zuversichtlich, bereits in diesem Jahr einen Großteil unserer jährlich über 3.000 Wohnungsvermietungen mittels digitaler Signatur abzuschließen.
TPP: Vielen Dank für das Gespräch!
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Müller Merkle Immobilien & TREI Real Estate
Erstveröffentlichung: The Property Post, März 2023