John Wilkinson spricht im Interview mit TPP über die Lage im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, die Nachhaltigkeitsstrategie des Greenman OPEN Fonds und die Chancen von Vertical Farming für nachhaltige Lieferketten.
The Property Post (TPP): Herr Wilkinson, bis 2040 will der Greenman OPEN Fonds klimaneutral sein. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
John Wilkinson (JW): Greenman OPEN, kurz GMO, ist mit mehr als 900 Millionen Euro Assets under Management der größte lebensmitteldominierte Einzelhandelsfonds in Deutschland. Wir haben uns verpflichtet, für GMO bis 2040 einen vollständig klimaneutralen Fußabdruck zu haben. Um dies zu erreichen, werden wir jährlich mindestens 1,21 Prozent des Net Asset Value für verschiedene ESG-Initiativen bereitstellen. In diesem Jahr ist dies bereits eine Summe von rund 5,75 Millionen Euro, diese Mittel werden sich ab 2022 nochmals erhöhen. Bis 2035 werden alle neuen Immobilienakquisitionen für den Fonds klimaneutral sein. All unsere Objekte werden dann mindestens Artikel 8 der ‚Sustainable Finance Disclosures Regulation‘ entsprechen. Der Greenman OPEN Fonds ist bereits heute als ‚lightgreen‘ zertifiziert.
TPP: Können Sie uns kurz erläutern, worum es in Artikel 8 SFDR konkret geht?
JW: „Anfang März dieses Jahres trat in der Europäischen Union die Verordnung ‚Sustainable Finance Disclosures Regulation‘ in Kraft, die Teil der EU-Initiative für nachhaltige Finanzen ist. Die SFDR sieht für Fondsgesellschaften vor, in die Fondsprospekte die Produktziele nach ESG-Kriterien aufzunehmen. Hier gibt es drei Gruppen: Artikel 6, Artikel 8 oder Artikel 9. Artikel 8 bedeutet, dass nicht nur negative Effekte z.B. von Immobilien in den drei ESG-Dimensionen benannt, sondern auch konkrete Maßnahmen definiert werden, mit denen negative Effekte reduziert werden – wie etwa energieeffiziente Beleuchtungssysteme und Photovoltaik.“
TPP: Wie integrieren Sie konkret das Thema Nachhaltigkeit in Ihre Fonds- und Unternehmensstrategie?
JW: Nachhaltigkeit ist für uns kein neues Thema und zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Auf Objektebene haben wir uns schon seit langem mit Nachhaltigkeitsaspekten beschäftigt. Durch die EU-Taxonomie hat die Relevanz von ESG natürlich nochmal deutlich zugenommen. Wir haben ehrgeizige Ziele und wollen nicht nur Vorreiter im Investmentsektor für Lebensmittelimmobilien sein, sondern auch bei der Förderung von emissionsfreien Immobilien sowie nachhaltigen Lieferketten für die Lebensmittelproduktion. Wir sehen unsere Nachhaltigkeitsstrategie als wesentlich für die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des GMO Fonds und unseres gesamten Portfolios. Wir informieren unsere Investoren zudem regelmäßig und transparent über den Fortschritt beim Erreichen unserer Nachhaltigkeitsziele.
TPP: Nachhaltigkeit kostet Geld. Was denken Ihre Investoren und Einzelhandelsmieter über die ESG-Maßnahmen?
JW: Ja, viele ESG-Maßnahmen kosten Geld, wenngleich nicht alle. Doch stehen diesen Kosten auch weniger Unterhalts- und Energiekosten, effizientere Prozesse, zufriedenere Mitarbeiter und ein größeres Innovationspotenzial gegenüber. Nicht nur Klima und Umwelt profitieren von hohen Nachhaltigkeitsstandards, sondern auch die Kommunen, in denen sich unsere Center befinden, und die Menschen, die dort arbeiten. Einzelhandelsmieter erwarten heute hohe Nachhaltigkeitsstandards, Fonds- und Immobilieninvestoren sowieso. Die Zukunft gehört zweifellos ESG-konformen Objekten und Fonds.
TPP: Viele Eigentümer und Betreiber von Handelsimmobilien haben während der Pandemie mit Mietausfällen zu kämpfen. Wie ist der Greenman OPEN durch letzten Monate der Pandemie gekommen?
JW: Wir sind bisher gut durch die Pandemie gekommen, und konnten sogar von den veränderten Rahmenbedingungen profitieren. Dies liegt an unserem klaren Investmentfokus: der deutsche Lebensmitteleinzelhandel. Dieser hat sich als sehr krisenresistent bewiesen. Wir konnten im ersten Quartal 2021 93 Prozent Mieteinnahmen generieren und diese im zweiten Quartal auf 96 Prozent steigern. Als Vermieter versuchen wir unseren Mietern bei Problemen oder Schwierigkeiten immer individuelle Lösungen anzubieten, und sie zu unterstützen.
TPP: Langsam scheint sich die Stimmung für den Handel in Deutschland aufzuhellen. Wie schätzen Sie die Lage für den Lebensmittelhandel ein?
JW; Der Lebensmittelhandel ist ein deutlicher Gewinner der Krise, die Lebensmittelumsätze nahmen 2020 um mehr als zehn Prozent zu. Nahversorger entwickeln sich im Zuge dessen immer mehr zu Core-Produkten des Einzelhandels-Investmentmarktes. Dennoch dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Digitalisierung und E-Commerce gehen auch am Lebensmittelhandel nicht vorbei und die Online-Anteile nehmen erkennbar zu. Deshalb arbeiten wir mit unseren Mietern und Partnern an Innovationsthemen wie der Lebensmittellieferung per Drohne, Vertical Farming oder auch nachhaltigen Lieferketten. Wir sind davon überzeugt, dass eine Omnichannel-Strategie der Weg der Zukunft ist, und der stationäre Handel immer ein relevanter Bestandteil des Lebensmitteleinzelhandels bleiben wird.
TPP: Man konnte bereits über eine Investition von Greenman Partners, Teil der Greenman Group, in das Tech-Unternehmen Manna lesen, welches derzeit Drohnenlieferdienste erprobt. Was denken Sie, welche Zukunftstrends werden uns in den nächsten fünf Jahren beschäftigen?
JW: Das Einkaufs-, Freizeit- und Mobilitätsverhalten der Menschen wird sich weiter wandeln und auch unsere Objekte werden weiterentwickelt, um relevant zu bleiben. Es gibt eine Reihe neuer Technologien, welche die Nutzung stationärer Stores ergänzen und das Einkaufserlebnis verbessern werden. Unsere Erfahrungen im Lebensmitteleinzelhandelssektor und unser Knowhow versetzen uns in die Lage, Investitionen zu tätigen, welche die Zukunft des Lebensmitteleinzelhandels prägen werden. Aus heutiger Sicht sind regionale Lebensmittelerzeugung, Convenience in der Customer Journey und Artificial Intelligence Top-Themen der nächsten Jahre. Und natürlich Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Onlinehandel.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Greenman
Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2021