The Property Post im Gespräch mit Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA
Der Tag der Immobilienwirtschaft ist inzwischen das Branchenevent der deutschen Immobilienwirtschaft. Der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss ist mit seinen neun Jahren der "Jungspund" unter den immobilienwirtschaftlichen Verbänden. Innerhalb kurzer Zeit ist es ihm gelungen, sich zur größten und renommiertesten Interessenvertretung für die gesamte Branche zu entwickeln. The Property Post sprach mit Dr. Andreas Mattner, dem Präsidenten des ZIA.
The Property Post: Herr Dr. Mattner, der ZIA kann inzwischen auf neun Jahre äußerst erfolgreiche Verbandsarbeit zurückblicken. Was hat den Ausschlag für den Erfolg gegeben?
Dr. Andreas Mattner: Wir sind 2006 als Start-up gestartet und sehr schnell gewachsen – quasi von Null auf Hundert in kurzer Zeit. Ich denke, der wichtigste Erfolgsfaktor leitet sich aus dem Anspruch ab, Gesamtstimme der Immobilienwirtschaft entlang der kompletten Wertschöpfungskette für alle Produkte zu sein. Daher sprechen wir heute für unsere direkten Mitglieder und unsere 24 Verbände für ca. 37.000 Unternehmen. Plattformen z.B. für Hotel, Logistik, Wohnen, CREM und Makler geben uns diese Breite und den Erfolg.
Gerade Politik und Öffentlichkeit beobachten die Branche oft mit Argusaugen. Immobilienunternehmen wird gerne unterstellt, sich an Grundbedürfnissen wie beispielsweise dem Wohnen ungerechtfertigt zu bereichern. Inwiefern wirkt sich das auf die Verbandsarbeit aus?
Immobilien sind mehr als nur Stahl, Beton und Glas, die ohne weiteres Zutun Erträge abwerfen. Das versuchen wir immer wieder transparent zu machen. Anders als allgemein erwartet, sind die Ziele der Branche von gesamtgesellschaftlich erstrebenswerten Zielen nicht allzu weit entfernt. Das stellen wir bei unseren Gesprächen mit der Politik immer wieder fest, oft genug mit großem gegenseitigem Erstaunen. Der unvoreingenommene Dialog ist das Mittel der Wahl, um die Gemeinsamkeit der Ziele festzustellen. Das begleitet uns sowohl bei der täglichen Verbandsarbeit als auch beim Tag der Immobilienwirtschaft. Außerdem arbeiten wir mit ethischen Grundsätzen geben uns z.B. Selbstverpflichtung mit einem Nachhaltigkeitskodex oder propagieren nachhaltige Unternehmensführung.
Der Weg in die Politik und Öffentlichkeit ist nun auch räumlich kürzer geworden. Die neue Geschäftsstelle des ZIA befindet sich seit Ende letzten Jahres in prominenter Lage Unter den Linden 42 über dem Einstein Café. Welche Überlegungen haben zu dieser Umzugsentscheidung geführt?
Für eine erfolgreiche Verbandsarbeit ist es nicht nur wichtig, inhaltlich präsent zu sein, sondern auch persönlich. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. Die jahrelangen Bemühungen um eine verbindliche und konstruktive Interessenvertretung haben unseren Verband zu einem geschätzten Ansprechpartner gemacht, der von der Berliner Bühne nicht mehr wegzudenken ist. Politische Entscheider gehen inzwischen auch von sich aus auf uns zu – je näher wir uns auch räumlich zu ihnen aufhalten, desto häufiger geschieht das. Das ist seit dem Umzug auch deutlich zu spüren.
Was war im Rückblick auf die letzten zwölf Monate das wichtigste Thema für den Verband?
Es gibt nicht nur eines, aber größte Thema der Branche war – zumindest gemessen an der Präsenz in der Öffentlichkeit – zweifelsohne die Mietpreisbremse. Immer wieder haben wir betont: Steigende Mieten kann man nur mit Neubau bekämpfen. Einige Verbesserungen konnten wir zwar erreichen, indem Neubauten und grundlegend sanierte Wohnungen nicht in den Anwendungsbereich fallen. Aber über das Gesetz sind wir insgesamt nicht sonderlich glücklich. Daneben beschäftigen uns gleich mehrere Initiativen zur Energieeffizienz wie zum Beispiel der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz, noch nicht jeder hat erkannt, dass es dabei für uns existenziell werden kann.
Mit welchen Folgewirkungen der Mietpreisbremse rechnen Sie?
Damals hatten wir unter anderem vorhergesagt: So lange es keine eindeutigen und für die Politik verbindlichen Kriterien für die Gebiete gibt, in denen die Mietpreisbremse gilt, werden diese recht willkürlich je nach politischer Stimmungslage festgelegt. Diese Vorhersage ist mittlerweile eingetreten, wie das Beispiel Berlin zeigt. Hier gilt die Mietpreisbremse seit dem 1. Juni flächendeckend im gesamten Stadtgebiet. Unsere nächste Vorhersage für Berlin ist, dass sich die Situation für Mieter, insbesondere mit geringen bis mittleren Einkommen, durch die Mietpreisbremse zusätzlich verschärft und die Wohnungsknappheit weiter ansteigt. Der Ruf nach sozialem Wohnungsbau wird lauter werden.
Das erscheint widersprüchlich. Die Mietpreisbremse sollte doch gerade Haushalten mit geringerem und mittlerem Einkommen unter die Arme greifen.
Es passiert das genaue Gegenteil. Die Gutverdiener freuen sich über die Mietpreisbremse. Sie sind als Mieter mit höheren und vor allem sicheren Einkommen für Vermieter immer erste Wahl und kommen durch die Mietpreisbremse in den Genuss von Mieten unterhalb des tatsächlichen Marktwertes.
Was tut der ZIA, um dieser befürchteten Entwicklung entgegenzutreten?
Eigentlich das, was wir schon seit Bestehen des ZIA tun: Wir suchen einen lösungsorientierten Dialog mit der Politik und konzentrieren uns auf eine sachlich fundierte Überzeugungsarbeit. Aktuell stehen Diskussionen um die Mietenspiegel und die Modernisierungsumlage auf dem Programm sowie Gespräche im „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“. Hier geht es darum, Mittel und Wege zu finden, um das politische Ziel, nachhaltigen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, nicht durch immer neue Auflagen bürokratischer, energetischer oder steuerrechtlicher Art zu konterkarieren. Nicht wenige der geltenden Auflagen bei Neubauprojekten halten wir ordnungsrechtlich für falsch.
Zum Beispiel?
Viele städtebauliche Auflagen, jeder Lärmschutz, jede Wärmedämmung, jede Erhöhung der Grunderwerbsteuer, zahlreiche Wertabschöpfungsmodelle, Nutzungsdiktate und jede Nachweispflicht kosten Zeit, Personal und Geld – und wird letztlich auf die Verkaufs- und Vermietungspreise aufgeschlagen.
Dass im Gebäudebereich beispielsweise mehr für die Energieeffizienz getan werden muss, steht eigentlich außer Frage...
...richtig, aber die Kosten müssen am Ende umgelegt werden, da sonst das Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht mehr eingehalten werden kann. Wenn die politischen Entscheidungsträger das verhindern wollen, müssen sie entweder die Ansprüche reduzieren oder an anderer Stelle Ausgleich schaffen – zum Beispiel durch die vom ZIA seit Jahren geforderte Sanierungs-AfA. Das vom Bundeskabinett im Frühjahr beschlossene Paket zur Entlastung von Bürokratie ist deshalb mit Sicherheit ein wichtiger Schritt, aber greift dennoch in seiner Fokussierung auf den Mittelstand und durch die vollständige Ausblendung von bürokratischen Hürden im Bau- und Planungsrecht deutlich zu kurz. Hier werden wir uns für eine deutliche Nachjustierung einsetzen.
Herr Dr. Mattner, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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Erstveröffentlichung: The Property Post