10.12.2019

Schneller, günstiger, effizienter

Ein Gespräch über Datenräume, einheitliche Standards und deren Mehrwert für die Immobilienbranche

Dr. Philipp Päuser, CPO, Architrave GmbH
Dr. Philipp Päuser

Auch Ihr Unternehmen setzt auf Daten – Sie extrahieren die Daten aber selbst aus dem vorliegenden, zumeist gedruckten Bestand. Wie genau muss ich mir das Vorstellen – kommen Sie mit Ihren Leuten in mein Archiv und scannen dann per Hand alle Daten ein?
Fast. Wir kommen zu Ihnen, Sie übergeben uns Ihre Leitz-Ordner, Mappen und sonstige Wäschekörbe mit Ihrer Immobiliendokumentation und wir übergeben die Dokumente an unser Scannerzentrum in Dresden. Mittels Künstlicher Intelligenz identifiziert und klassifiziert Architrave das gescannte PDF-Dokument – zum Beispiel ein Grundbuchauszug aus dem Jahr 2016 –, benennt die Datei entsprechend und ordnet sie in die dazugehörige Kategorie unserer Datenplattform ein. Darüber hinaus werden die wichtigsten Datenfelder extrahiert und stehen somit zur Auswertung oder für andere Systeme zur Verfügung.

Herr Dr. Albrecht [Co-Founder & CEO realxdata GmbH] setzt ja auf die möglichst umfangreiche Datenbasis, die faktenbasierte Entscheidungen ermöglicht. Diese Technik kombiniert mit künstlicher Intelligenz, die Sie ja bereits einsetzen – brauchen die Deals der Zukunft uns Menschen überhaupt noch?
Der Aktienhandel etwa ist ja auch schon weitgehend Digitalisiert und läuft automatisiert ab.

Die Frage hören wir häufig, dahinter steckt allzu häufig die Sorge nach bösen, da disruptiven Geschäftsmodellen. Mit Disruption haben wir aber aus meiner Sicht nichts zu tun. Denn wer bereitet denn momentan die Daten in Immobilienunternehmen auf?
In der Regel sind dies hochbezahlte Asset Manager mit akademischer Qualifikation. Also mit Verlaub ein klassischer „Perlen-vor-die-Säue-Fall“. Wir sorgen dafür, dass Asset Manager da eingesetzt werden, wo ihre Qualifikation gebraucht wird: in der Erstellung von Marktanalysen, in den persönlichen Verhandlungen, bei Konzepten für eine optimierte Wertschöpfung der Immobilie. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, Menschen sind unverzichtbar in Transaktionen, aber nicht bei der Aufbereitung bestehender Daten – das kann unsere Plattform schneller, günstiger und effizienter leisten.

Sie sagen, es wird ein einheitlicher Datenstandard innerhalb der Branche benötigt, und haben daher das Real Estate Data Summit ins Leben gerufen. Auch Herr Kirmayr [Geschäftsführer Fraunhofer Allianz Bau] sagt, dass BIM dort nicht funktioniert, wo die einzelnen Gewerke nicht miteinander kommunizieren können. Wie könnte so ein einheitlicher Datenstandard für die Immobilienbranche denn aussehen?
Der Branchenstandard wird seit 2010 durch eine Expertengruppe der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) erarbeitet, der wir auch angehören. Die Arbeiten sind mittlerweile weit vorangeschritten: Es gibt seit 2015 eine Richtlinie für den Datenaustausch, einen Standard für den Aufbau von Datenräumen und die Verständigung auf einen gemeinsamen Datenconverter namens IC-RED. Bei der Weiterentwicklung unserer Datenplattform orientieren wir uns an den bisherigen gif-Ergebnissen. Dennoch ist der Wechsel zwischen unterschiedlichen Plattformen stets mit Komplikationen behaftet. Daher ist es unser Ziel, eine einheitliche Datenumgebung für die Branche zu schaffen – bei Wechseln von Eigentümern oder Dienstleistern werden einfach die Zugriffsrechte umgeschrieben.

Wie könnte denn eine Verzahnung Ihres Systems mit einem digitalen Gebäude aussehen und ließen sich so etwa aktuelle Gebäudedaten im Verkaufsprozess beisteuern?
Architrave arbeitet mit einer sogenannten Restful API, also einer allgemeinen Schnittstellenfunktion zu anderen Systemen. BIM kommt ja bislang in der Regel nur bei Neubauten zum Einsatz. Wenn Sie sämtliche Gebäudedaten von Beginn an in den Datenraum einpflegen, können diese Daten eins zu eins bei einer Transaktion in den Architrave-Datenraum übergehen. Im Anschluss daran können sie natürlich – sofern es der neue Eigentümer wünscht – in unserer Plattform verbleiben und von uns gehostet werden.

Sie planen eine weltweite Immobilienbörse – was soll die besser können als bisherige Datenbanken?
Wir nennen es eher Betriebssystem. Also ein übergeordnetes System, in dem sämtliche Daten, Services, Prozesse und Applikationen zum Management von Immobilien zusammenfließen. Dank der erwähnten offenen Schnittstellen können ebenso externe Dienstleister mit ihren Angeboten andocken. So entsteht nach und nach ein Eco-System, aus dem sich der Asset Manager die benötigten Tools für seine Zwecke und Bedürfnisse zusammenstellt.

Welchen Mehrwert bietet denn Ihr Datenraum mit ausschließlichem Fokus auf die Immobilienbranche für den Immobilienbesitzer?
Für Eigentümer ergeben sich drei große Vorteile durch unsere Lösung: 1.) eine übersichtliche und einheitliche Lösung für den gesamten Immobilien Life-Cycle aus Ankauf, Bestand und Verkauf, 2.) eine effiziente Nutzung der Personalressourcen, insbesondere der Asset Manager, 3.) eine Anwendung mit maßgeschneiderten Prozessen, die den praktischen Anforderungen im Immobilienmanagement eins zu eins gerecht wird.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Architrave
Erstveröffentlichung: Interview EV Berliner Immobilienkongress, April 2019

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