Regulierte Einwanderung als positiver Treiber
RECan Global hat seinen neuesten Immobilienmarktbericht Kanada veröffentlicht. Im Interview sprechen Todd Bechard von Recan Global und Daniel Sparre von JLL Canada über die Entwicklungen auf dem kanadischen Immobilienmarkt.
The Property Post: Herr Bechard, im neuen Marktbericht von Recan Global betonen Sie die Bedeutung der Einwanderung für den kanadischen Immobilienmarkt, warum?
Todd Bechard: Die kontinuierliche Zuwanderung trägt dazu bei, den kanadischen Immobilienmarkt zu beleben. Die neuen Einwanderer mieten nicht nur Wohnraum und sorgen für den dringend benötigten Zuwachs an Arbeitskräften, sondern tragen in Kanada auch zum Comeback des Einzelhandelssektors bei.
TPP: Welches Ausmaß hat die Einwanderung nach Kanada im Vergleich zu Deutschland?
TB: In diesem Herbst hat Kanada sein Einwanderungsziel erneut erhöht, und zwar auf 465.000 im Jahr 2023, 485.000 im Jahr 2024 und 500.000 im Jahr 2025. 2023 wird Kanada real aber bereits etwa 520.000 neue Einwanderer aufnehmen. Das entspricht 1,2 % der kanadischen Bevölkerung. Zum Vergleich: 1,2 % der deutschen Bevölkerung entsprächen 1 Millionen Neueinwanderer pro Jahr hierzulande. Deutschland verzeichnet derzeit im Durchschnitt 330.000 Netto-Neueinwanderer. Im Gegensatz zu Deutschland kommen 60 Prozent der Migranten nach Kanada durch arbeitsplatzbezogene Einwanderungsprogramme und weitere 26 Prozent durch Familienzusammenführung.
Zwischen 2010 und 2022 sind über 80 Prozent des kanadischen Arbeitskräftezuwachses auf Zuwanderung zurückzuführen, was etwa 1,7 Millionen neuen Zuwanderern in der Erwerbsbevölkerung entspricht. Fast 67 % davon sind im Haupterwerbsalter und verringern den demografischen Wandel.
TPP: Wie hat sich der Immobilienmarkt im ersten Halbjahr 2023 entwickelt?
TB: Das Investitionsvolumen blieb in der ersten Hälfte des Jahres 2023 schwach und gedämpft. Das Investitionsvolumen beträgt im ersten Halbjahr etwas 15 bis 20 Mrd. USD und liegt damit deutlich unter den 38 Mrd. USD, die im ersten Halbjahr 2022 verzeichnet wurden. Dabei sind Mehrfamilienhäuser nach wie vor die bevorzugten Anlageklassen, ebenso wie Industrie-/Logistikimmobilien. Auch der Einzelhandel mit Fokus auf Lebensmittelgeschäften/Apotheken hat sich gut entwickelt.
An den meisten Transaktionen waren Privatanleger beteiligt, während sich institutionelle Anleger zurückhielten. Ich gehe davon aus, dass die Investoren in diesem Modus bleiben werden, bis sich die Zinssätze stabilisiert haben.#
TPP: Herr Sparre, Mehrfamilienhäuser haben den größten Anteil am Transaktionsmarkt unter den Anlageklassen. Wie hat sich das Segment entwickelt?
Daniel Sparre: Der Mietmarkt entwickelt sich positiv. Alle lokalen Märkte verzeichnen ein starkes Mietwachstum. Vancouver ist nach wie vor die teuerste Stadt Kanadas zur Miete. Am stärksten stiegen die Jahresmietpreise allerdings in Sekundärstädten. Das zeigt, dass die Lebenshaltungskosten auch außerhalb der großen Märkte teurer werden. Der Grund dafür ist, wie in Deutschland, eine hohe Nachfrage und gleichzeitig ein geringes Angebot. Angesichts dieses Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage ist der Leerstand von Mietwohnungen mit 1,9 % landesweit auf den niedrigsten Stand seit 2001 gefallen. Diese Marktdynamik mit ansteigenden Mieten wird noch einige Zeit anhalten.
TPP: Welche Regionen und Städten sind für Investoren besonders attraktiv?
DS: Im Allgemeinen haben die ostkanadischen Märkte eine niedrigere Wohneigentumsquote als der Westen Kanadas. Montreal ist der größte Mietwohnungsmarkt Kanadas mit über 600.000 Mieteinheiten. Zusammen mit Quebec City und Halifax hat Montreal das höchste Angebot an Mietwohnungen pro Kopf der Bevölkerung.
TPP: Wir danken Ihnen für das Gespräch!
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RECanGlobal & JLL Canada
Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2023