09.03.2016

NPLs im Fokus der Investoren

Kai Wolfram, Geschäftsführender Gesellschafter, Engel & Völkers Investment Consulting GmbH
Kai Wolfram

Interview von The Property Post mit Kai Wolfram, Geschäftsführender Gesellschafter der Engel & Völkers Investment Consulting GmbH

Herr Wolfram, seit Jahresbeginn haben Sie ihr Geschäftsmodell um den Bereich Non-Performing-Loans (NPL) ausgeweitet. Ist der Bereich in Deutschland nicht eher eine kleine Nische?
Sicherlich liegt Deutschland im Segment NPL noch hinter den Marktführern Großbritannien und Irland sowie den südeuropäischen Ländern Spanien und Italien. Doch hierzulande gibt es ein großes Potenzial, der Markt in Deutschland ist bei weitem noch nicht ausgereizt – die Transaktionen und Volumina gehen deutlich nach oben. Und die Bücher der Banken sind noch voll mit notleidenden Krediten, die mit Immobilien abgesichert sind. Diese stoßen die Banken nun Stück für Stück ab. Denn die strengere Regulierung und die Eigenkapitalquoten für Banken und Versicherer, die aus Basel III und Solvency II resultieren, treiben die Verkaufsprozesse weiter voran.

Eine Herausforderung ist für Investoren sicherlich die marktgerechte Bewertung der NPLs?
Ja, insbesondere für internationale Investoren, die mit dem deutschen Markt nicht so vertraut sind. Sie suchen häufig nationale Business Partner mit deutschlandweitem Netzwerk, um darüber ihr Know-how beim Underwriting einzukaufen oder dann beim Exit die Immobilien zu veräußern. Hier sind wir mit unserm deutschlandweiten Engel & Völkers Netzwerk mit knapp 50 Commercial Büros und 300 Standorten sehr gut aufgestellt. Durch unsere langjährige Erfahrung im „handling“ von Distressed Assets oder ganzer Portfolien kennen wir die Herausforderungen und können Investoren individuelle Lösungen anbieten. Zudem haben wir mit Thorsten Brogt einen Spezialisten für den Distressed Debt Markt gewinnen können.

Warum rücken denn nun verstärkt NPLs in den Fokus von Investoren?
Die niedrigen Zinsen in den USA, Europa und Japan sorgen für einen weltweiten Kapitalüberhang, für den nun Anlagemöglichkeiten mit auskömmlichen Renditen gesucht werden. In den letzten Jahren wurden über 60 Milliarden Euro Eigenkapital eingeworben – mit dem Ziel in Europa opportunistisch zu investieren. Hierunter fallen Distressed Debt Investitionen, opportunistische beziehungsweise Value-add-Immobilieninvestitionen oder der Ankauf von unterbewerteten Unternehmen. Es ist auch ratsam, alternative Anlagemöglichkeiten im Fokus zu haben. Denn 2016 werden bereits einige Akteure Kopfschmerzen bekommen, die weiterhin in die beliebteste Assetklasse Wohnen investieren wollen.

Aber der Wohninvestmentmarkt hat 2015 einen neuen Rekordwert beim Transaktionsvolumen aufgestellt…
Ja, das stimmt. Die Kehrseite davon ist aber ein inzwischen zunehmend leergefegter Wohnimmobilienmarkt. Vor allem große Marktteilnehmer sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen und haben zahlreiche Portfolios aufgekauft, die nun nicht mehr auf dem Markt angeboten werden. Das ist ein großer Unterschied zur Situation auf dem Investmentmarkt in der Boomphase von 2004 bis 2008. Heute wird lediglich der “Beifang“ aus den großen Portfolios wieder auf den Markt gebracht.

Welche weiteren Trends sehen Sie bei den Anlagestrategien in Zeiten der Niedrigzinsphase?
Trotz der zunehmend engeren Märkte bleibt die Investitions- und Übernahmelust im deutschen Immobilienmarkt ungebrochen. Da der auf dem Markt angebotene Bestand in vielen Städten knapper wird, weichen viele Investoren bereits auf Spezialimmobilien wie Studentisches Wohnen aus oder denken vermehrt über Neubauentwicklungen nach. Denn in beiden Fällen können Investoren noch hohe Renditen erzielen. Zudem ist das Risiko bei der Assetklasse „Studentisches Wohnen“ vergleichbar gering wie im klassischen Wohnsegment. Bei Projektentwicklungen lässt sich das Risiko durch Finanzierungsmodelle wie Forward-Funding ebenfalls reduzieren. Auch ist zu beobachten, dass viele Investoren wieder auf Retail-Immobilien setzen, insbesondere auf Immobilien mit Lebensmitteleinzelhändlern als Ankermieter.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Engel & Völkers Investment Consulting GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post März 2016