Interview mit Arnaud Ahlborn zur Einschätzung der neuen KfW-Förderung
Ende Januar wurde das neue KfW-Programm zur Förderung von Wohnungsneubau vorgestellt. 750 Mio. Euro will Bundesbauministerin Geywitz pro Jahr in die Hand nehmen. Wir haben mit Arnaud Ahlborn, Geschäftsführer INDUSTRIA IMMOBILIEN gesprochen, wie er das Programm einschätzt. Seiner Meinung nach ist das Programm unzureichend.
The Property Post: Herr Ahlborn, wie bewerten Sie das neue KfW-Förderprogramm für den Wohnungsbau?
Arnaud Ahlborn: Die Summe von 750 Millionen Euro im Jahr schlicht viel zu wenig. Wenn man 100.000 Euro Fördersumme pro Wohneinheit – das zulässige Maximum – ansetzt, kommen dabei grade mal 7.500 Wohnungen heraus. Bei Wohnungen, die einen noch höheren Standard erfüllen wie das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude PLUS (QNG-PLUS) oder Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude PREMIUM (QNG-PREMIUM) können sogar 150.000 Euro pro Wohneinheit gefördert werden. Dies reicht rein rechnerisch für 5.000 Wohneinheiten. Beide Zahlen sind weit entfernt von den Neubauzielen von 400.000 Wohnungen pro Jahr.
TPP: Vielfach werden auch die hohen energetischen Anforderungen kritisiert, die förderfähige Neubauten erfüllen müssen. Wie sehen Sie das?
AA: Bislang Neubauwohnungen nach dem Effizienzhaus-55-Standard gefördert. Das neue Programm bezieht sich hingegen ausschließlich auf Wohnungen, die dem EH-40-Standard entsprechen. EH-40 bedeutet, dass das Haus nur noch 40 Prozent der Primärenergie des Referenzhauses verbrauchen darf. Auch die Anforderungen an den Transmissionswärmeverlust – also der Energieverlust durch die Gebäudehülle – sind strenger. Kurz gesagt: Die Einhaltung des neuen Standards wird erheblich teurer und treibt die gesamten Baukosten aus Sicht des Projektentwicklers nach oben. Dieser Mehraufwand wird durch die neue Förderung nicht ausgeglichen. Der Entwickler bleibt auf den Mehrkosten sitzen.
TPP: Gibt es weitere Kritikpunkte am neuen Förderprogramm?
AA: Ich sehe kritisch, dass es keine Zuschüsse mehr gibt, sondern nur noch zinsvergünstigte Darlehen. Die Entwickler brauchen aber auch die Zuschüsse, um Neubau zu vertretbaren Preisen anbieten zu können. Die alten Fördermodelle sahen Baukosten- oder Tilgungszuschüsse vor – beispielsweise gab es bis vor einem Jahr 15 Prozent der Darlehenssumme (maximal 18.000 Euro) für jede Wohneinheit. Diese Zuschüsse haben in den Kalkulationen von Investoren erheblichen Einfluss und entscheiden oft über Investition oder Nicht-Investition.
TPP: Gibt es auch positive Aspekte?
AA: Grundsätzlich begrüße ich, dass es – nach dem abrupten Aus der alten Förderung im Januar 2022 – überhaupt wieder ein Förderregime gibt. Es ist gut, dass die Politik erkannt hat, das Förderungen notwendig sind. Wichtig ist jetzt, dass der Rahmen verlässlich bleibt und es keine plötzlichen Änderungen gibt. Investoren wie die INDUSTRIA brauchen Planungssicherheit.
TPP: Vielen Dank für das Gespräch!
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INDUSTRIA WOHNEN GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Februar 2023