Trends und Chancen 2025
Die 7. Researcher-Runde befasste sich mit den Auswirkungen makroökonomischer und geopolitischer Einflüsse auf die Immobilienmärkte. Zu Gast waren Tobias Kassner (Head of Market Intelligence and Sustainability bei GARBE Industrial Real Estate), Christian Müller (Head of Research and Strategy Germany bei Savills Investment Management) und Prof. Dr. Felix Schindler (Head of Research and Strategy bei HIH Invest Real Estate). Die Diskussionsrunde fokussierte auf Themen wie Marktdynamik, Investitionsstrategien und geopolitische Einflüsse.
The Property Post: Herr Professor Schindler, in der Diskussionsrunde haben Sie unter anderem einen Überblick über die makroökonomischen Rahmenbedingungen gegeben. Welche zentralen Faktoren sehen Sie, die 2025 die Immobilienmärkte prägen werden?
Prof. Dr. Felix Schindler: Das Jahr 2025 wird von einer Vielzahl von Herausforderungen geprägt sein. Der demografische Wandel, die voranschreitende Transformation und vernachlässigte Investitionen in Infrastruktur, Verteidigung und Bildung sind einige der zentralen Aspekte. Gleichzeitig sehen wir jedoch auch, dass sich die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe deutlich besser entwickelt als die reine Produktionsmenge. Ein weiteres entscheidendes Thema sind die steigenden Refinanzierungskosten. Wir sehen an den Immobilienmärkten aber auch vermehrt Lichtblicke. Für institutionelle Investoren bieten sich im aktuellen Umfeld durchaus Chancen, in dem sie taktische Opportunitäten nutzen, um langfristige, strategische Allokationen aufzubauen.
TPP: Herr Müller, wie beurteilen Sie die Ankündigungen der neuen US-Regierung unter Donald Trump und deren Auswirkungen auf die Immobilienmärkte?
Christian Müller: Die ersten Maßnahmen der Trump-Regierung, wie die geplanten Zollerhöhungen, haben das Potenzial, die Weltwirtschaft zu belasten und könnten im schlimmsten Fall langfristig einen Handelskrieg auslösen. Für Europa, und insbesondere Deutschland als Exportnation, ergeben sich hier erhebliche Risiken. Es bleibt jedoch abzuwarten wie viele von den Ankündigungen wirklich umgesetzt werden und wie viele davon Drohgebärden bleiben. Die gestiegenen Inflationserwartungen in den USA könnten die Zinspolitik der FED beeinflussen, was sich wiederum indirekt auf die Finanzierungskosten und Kapitalströme auswirken könnte. Der Immobilienmarkt könnte unter dieser Unsicherheit leiden, vor allem wenn Investoren aufgrund volatilerer Rahmenbedingungen vorsichtiger agieren. Aufgrund der unterschiedlichen makro-ökonomischen Rahmenbedingungen in Europa im Vergleich zu den USA, gehen wir nach wie vor von weiteren Zinssenkungen der EZB in 2025 aus.
TPP: Herr Kassner, inwiefern sind die geopolitischen Risiken, etwa der Ukraine-Krieg oder Chinas wirtschaftliche Instabilität, aus Ihrer Sicht relevant?
Tobias Kassner: Diese Risiken beeinflussen die Immobilienmärkte erheblich. Der Ukraine-Krieg erhöht die Unsicherheit und könnte zusätzliche Verteidigungsausgaben erfordern, was wiederum weniger Kapital für andere Investitionen bedeutet. In China sehen wir eine nachlassende Konjunktur und eine Immobilienkrise. Langfristig stellt auch die demografische Entwicklung Chinas ein Problem dar, da hier, ähnlich wie in Japan, ein massiver Bevölkerungsrückgang bevorsteht. Für exportorientierte Länder wie Deutschland sind dies Herausforderungen, da sie als Exportdestinationen wegfallen. Im Falle von China dreht sich der Spieß sogar um. Um die Konjunktur zu stützen, werden massiv Produkte in Richtung Deutschland und Europa gedrückt.
TPP: Welche Sektoren in der Immobilienbranche sehen Sie aktuell als resilient? Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen?
Prof. Dr. Felix Schindler: Wohn- und Logistikimmobilien sowie Infrastrukturanlagen bieten nach wie vor aussichtsreiche Investmentchancen. Die Nachfrage nach ESG-konformen Büroflächen in zentralen Lagen hält ebenfalls an. Investoren sollten selektiv vorgehen und vor allem in qualitativ hochwertige Objekte mit langfristiger Perspektive investieren.
Christian Müller: Dem stimme ich zu. Außerhalb Europas bieten besonders Wohnimmobilien in Japan Diversifikationschancen, da ein struktureller Nachfrageüberhang nach Wohnraum besteht. In den USA dürfte der Markt für risikoaverse Investoren aufgrund der politischen und makro-ökonomischen Unsicherheiten sowie hohen Zinssätze aktuell weniger attraktiv sein, während in Europa und Asien interessante Möglichkeiten bestehen. Wichtig ist, dass Investoren keine Kompromisse bei Lage und Objektqualität eingehen und sich auf die resilienten Sektoren fokussieren. Das sind für uns ebenfalls Logistik und Residential, aber auch der Lebensmitteleinzelhandel und Real Estate Debt.
Tobias Kassner: Wir sehen insbesondere im Bereich Logistik gerade in osteuropäischen Ländern wie der Tschechischen Republik und Polen ein großes Potenzial. Diese Regionen haben in den letzten Jahren massiv aufgeholt und profitieren von Produktionsverlagerungen innerhalb Europas. Auch Nord-Italien bleibt spannend, da der Bedarf an moderner Logistikinfrastruktur dort weiterhin hoch ist. Im Wohnbereich sehen wir nach wie vor eine stabile Nachfrage, insbesondere in urbanen Regionen mit positiver demografischer Entwicklung. Entscheidend ist, dass Investoren die lokalen Marktbedingungen genau analysieren und flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren.
TPP: Zum Abschluss: Was erwarten oder wünschen Sie sich für die kommenden Monate?
Christian Müller: Ich wünsche mir mehr Stabilität und klare strategische Maßnahmen der neuen deutschen Regierung, um die strukturellen Rahmenbedingungen zu verbessern. Für die Immobilienmärkte erwarte ich eine schrittweise Erholung und Investitionschancen in einem volatileren Umfeld. Europa sollte geschlossen und selbstbewusst auftreten, um global wettbewerbsfähig zu bleiben.
Tobias Kassner: Ich stimme zu. Was fehlt, ist eine klare Kommunikation und ein strategischer Plan, um langfristige Herausforderungen zu bewältigen. Sicherheit und Einheit in Europa sind entscheidend, um auf Augenhöhe mit den USA und China agieren zu können. Hierzu zählt auch in unsere Infrastruktur zu investieren. Diese hat Deutschland einst stark gemacht. Derzeit erleben wir jedoch eher einen fortschreitenden Verschleiß. Es ist dringend notwendig, diesem Trend entgegenzuwirken und die Infrastruktur wieder zukunftsfähig zu entwickeln.
Prof. Dr. Felix Schindler: Eine stabile Regierung mit Mut zu strukturellen Reformen wäre mein größter Wunsch. Gleichzeitig müssen wir darauf hoffen, dass geopolitische Spannungen nicht weiter eskalieren und schwarze Schwäne ausbleiben. An den Immobilienmärkten dürften wir die Talsohle erreicht haben.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von GARBE Industrial Real Estate & Savills Investment Management & HIH Invest Real Estate
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2025