06.03.2024

Logistik bleibt resilient

Neue Standorte, mehr ESG, weniger Greenfield

Peter Bergmann, Projektleiter, ALCARO Invest GmbH
Peter Bergmann

Peter Bergmann, Projektleiter bei der ALCARO Invest GmbH, war Panelteilnehmer bei der Handelsblatt-Konferenz „Die Logistik-Immobilie 2024“. Für TPP sprach Christof Hardebusch mit ihm über die zentralen Ergebnisse der Veranstaltung.

The Property Post: Sie waren Speaker auf der Handelsblatt-Konferenz „Die Logistik-Immobilie 2024“, einer der wichtigsten Veranstaltungen zu diesem Thema. Wie war die Stimmung?
Peter Bergmann:
Gemessen an der für die Immobilienwirtschaft insgesamt sehr schwierigen Gesamtlage gut. Einerseits geht die Krise nicht spurlos am Sektor vorbei: 2023 wurden 35 Prozent weniger Flächen vermietet als im Jahr davor, die Investoren zeigen sich trotz eines deutlichen Renditeanstiegs weiterhin zurückhaltend. Andererseits zeigt sich die Assetklasse damit robuster als alle anderen Assetklassen. Der Rückgang in der Vermietungsleistung ist auf ein sinkendes Flächenangebot zurückzuführen. Die Nachfrage bleibt konstant hoch, weshalb die Mieten derzeit steigen. Das Glas ist halb voll, nicht halb leer.

TPP: Wurden auf der Konferenz strukturelle Veränderungen diagnostiziert?
PB:
Der Anteil spekulativ errichteter Logistikimmobilien ist deutlich rückläufig, weil Finanzierungen für unvermietete Vorhaben kaum zu bekommen sind. Insbesondere für große Flächen verlagert sich der Schwerpunkt zudem eindeutig auf Eigennutzer.

TPP: Auf einem der Panels haben Sie gemeinsam mit Marcel Bicking (TST) und Christoph Telker (Deutsche Logistik Holding) über ein Aufweichen der Standort-Strukturen diskutiert. Mit welchen Ergebnissen?
PB
: Die deutsche Logistik-Landkarte ist schon jetzt sehr vielfältig, die aus anderen Assetklassen bekannten Top-5-Städte spielen keine dominante Rolle. Diese Standort-Vielfalt nimmt weiter zu. Große Nutzer haben ihre zuvor eher eng gefassten Standort-Wünsche gelockert. Ein Umkreis von 20 bis 100 Kilometern zum eigentlichen Zielmarkt gilt als akzeptabel. Unser LogPlaza in Frankfurt (Oder) beispielsweise passt mit 70 Kilometern Entfernung zu Berlin gut in dieses neue Schema. Das Fraunhofer-Institut identifiziert derzeit rund 25 Standorte, weitere werden hinzukommen.

TPP: Warum sehen die Nutzer die Standortfrage lockerer als früher?
PB:
Zum einen, weil an den Wunschstandorten im engeren Sinne oft keine Flächen mehr verfügbar sind. Zum anderen, weil auch das Angebot an Arbeitskräften zunehmend zum Flaschenhals wird. Nutzer gehen dorthin, wo Flächen und Mitarbeiter noch zu finden sind. Eine gute Verkehrsanbindung und ein Bezug zu den großen Verkehrsachsen sind natürlich weiterhin eine Grundvoraussetzung. Für alle Beteiligten gilt, dass sie sich immer mehr mit dem Thema Brownfields beschäftigen müssen.

TPP: Warum?
PB:
Das Angebot an Greenfield-Flächen schrumpft. An einigen Standorten sind sie überhaupt nicht mehr verfügbar. Das stellt Entwickler vor neue Herausforderungen. Wirtschaftlich, aber auch von den Anforderungsprofilen her ist auf einem Brownfield häufig der Abriss der Bestandsgebäude und danach eine neue Bebauung das sinnvollste Vorgehen. Wenn mit dem Abriss aber auch die Genehmigung für die bisherige Nutzung entfällt, kann dieses Vorgehen schnell zum Bumerang werden. Politik und Verwaltung müssen diesen Weg mitgehen.

TPP: Wäre eine Anpassung bestehender Gebäude – sofern sie an aktuelle Logistikanforderungen angepasst werden können – eine Alternative zum Abriss?
PB:
Aus Investorensicht lohnt das nur, wenn Bestände flexibel genug sind und eine ausreichend lange Nutzungszeit versprechen.

TPP: Welche Bedeutung hat ESG für Logistikimmobilien?
PB:
Große Unternehmen können eigentlich nur noch ESG-konforme Objekte anmieten. Bei kleinen und mittleren Nutzern hingegen ist das Thema noch nicht angekommen. Auf Projektentwickler und Investoren üben neben den Großunternehmen vor allem die Banken entsprechenden Druck aus. Sie erwarten den Nachweis dafür, dass die betreffende Immobilie oder das betreffende Projekt auch auf lange Sicht marktfähig bleibt und nicht zum Stranded Asset wird, weil die Anforderungen der EU-Taxonomie nicht erfüllt werden.

TPP: Wie verhalten sich die Entwickler in punkto ESG?
PB:
Developer tun schon einiges, aber nicht genug. Wir müssen uns dringend mehr mit den Baustoffen beschäftigen, die wir einsetzen. Meine Hoffnung sind CO2-arm oder sogar CO2-frei hergestellte Betone, wie sie derzeit von unterschiedlichen Akteuren entwickelt werden. Das Recycling abgerissener Gebäudesubstanz sehe ich eher kritisch, weil viele verbaute Stoffe schlicht nicht recyclebar sind.

TPP: Vielen Dank für das Interview!

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ALCARO Invest GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, März 2024

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