Herausforderungen forcieren Professionalisierung und Innovation
Camille Dufieux, seit 1. Januar 2024 Geschäftsführerin der IntReal International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft, ist bereits seit 2010 bei INTREAL. Zunächst Portfolio Supervisorin und Prokuristin, übernahm sie 2012 die Leitung des Bereichs Portfolio Supervision und wurde 2021 als Conducting Officer in die Geschäftsführung der INTREAL Luxembourg berufen. The Property Post sprach mit ihr über das erste dreiviertel Jahr im neuen Amt und über aktuelle Entwicklungen an den für INTREAL relevanten Märkten.
The Property Post: Frau Dufieux, Sie können inzwischen auf rund ein dreiviertel Jahr als Geschäftsführerin der INTREAL zurückblicken: Was hat sich in dieser Zeit für Sie verändert, und welche Themen beschäftigen Sie zurzeit am meisten?
Camille Dufieux: Da ich schon rund 14 Jahre bei INTREAL arbeite, war für mich das meiste nicht grundsätzlich neu. Verändert hat sich vor allem die Perspektive, denn als Geschäftsführerin muss ich mehr über aktuelle Themen und Vorgänge und in allen Unternehmensbereichen informiert sein als früher. Davon abgesehen, waren die zurückliegenden Monate stark von Veränderungen geprägt, die nicht direkt mit meiner Position zusammenhängen, sondern auf Marktentwicklungen zurückzuführen sind und uns alle betreffen. Das sind zugleich auch die Themen, mit denen wir uns momentan am meisten beschäftigen.
TPP: Um welche Themen handelt es sich dabei im Einzelnen? Können Sie uns dafür Beispiele nennen?
CD: Momentan lernen wir alle jeden Tag so viel Neues wie seit der Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr. Wir leben in sehr lehrreichen Zeiten, und das wird mit Blick auf die Zukunft zu einer weiteren Professionalisierung und zur Entwicklung neuer Lösungen beitragen. Das ist sicherlich ein Unterschied zu dem außergewöhnlich langen Marktzyklus der vergangenen Jahre, der von immer weiter steigenden Immobilienpreisen und einem historisch niedrigen Zinsniveau geprägt war. Heute müssen wir uns zum Beispiel mit der Frage auseinandersetzen, wie wir im Falle der Insolvenz eines Fondspartners oder bei Problemen mit Projektentwicklungen reagieren können. Auch unterschiedliche oder sogar gegensätzliche Interessen von Investoren sind inzwischen häufiger ein Thema als früher. Dann müssen wir für einen Ausgleich sorgen, mit dem alle Beteiligten leben können. Leider können wir nicht immer jeden glücklich machen, sondern müssen jeweils diejenige Lösung finden, mit der wir die Interessen der Anleger insgesamt am besten schützen können.
TPP: Das klingt ein bisschen nach mehr Stress und Konflikten …
CD: So würde ich das nicht sehen, denn das ist ja unser alltägliches Geschäft und wir sind als Service-KVG für diese Aufgaben sehr gut aufgestellt. Das betrifft unser Team ebenso wie unsere Prozesse und Ressourcen. Es zahlt sich jetzt aus, dass wir bei INTREAL die lange Aufschwungphase am Markt genutzt haben, systematisch qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und interne Strukturen kontinuierlich zu optimieren. Natürlich hält das Marktumfeld aktuell mehr intellektuelle Herausforderungen bereit als noch vor fünf Jahren. Aber es macht ja auch Freude, wenn es gelingt, in einem anspruchsvollen Umfeld tragfähige Lösungen für unsere Fondspartner und deren Anleger zu finden.
TPP: Sie haben eben das Thema Team und Personal angesprochen. In den vergangenen Jahren hat die INTREAL mit dem dynamischen Wachstum ihrer Assets under Administration auch ihre personellen Ressourcen zügig ausgebaut. Welchen Kurs verfolgen Sie hier aktuell?
CD: Es war und ist uns immer wichtig, dass wir über ein ausreichend großes Team von qualifizierten Fachkräften verfügen, um die Erwartungen unserer Fondspartner und der Fondsanleger jederzeit erfüllen zu können. Das kommt uns jetzt zugute, und daran wird sich auch künftig nichts ändern. Was sich jedoch ändert, sind bestimmte inhaltliche Schwerpunkte. Etwas verkürzt könnte man sagen: In der Phase des überdurchschnittlich starken Wachstums der Assets under Management ging es vor allem darum, schnell genug mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für dieselben Aufgaben zu gewinnen. Heute geht es weniger um weiteres schnelles Personalwachstum, sondern mehr um Spezialisierung auf bestimmte Themengebiete. Das schließt auch die Erschließung neuer Geschäftsfelder mit ein.
TPP: An welche Geschäftsfelder denken Sie dabei und warum sind diese für INTREAL interessant?
CD: Am Markt beobachten wir ja nicht ein schlichtes Auf und Ab im quantitativen Sinn. Vielmehr kommt es auch zu Veränderungen, die über kurzfristige Marktzyklusphasen hinaus prägend sein werden. Nachdem im vergangenen und im laufenden Jahr deutlich weniger Immobilienfonds aufgelegt worden sind als in den vorangegangenen Jahren, rechnen wir perspektivisch mit einer Markterholung. Diese wird aber nicht so aussehen, dass wir bei Immobilienfonds einfach 1:1 wieder dieselben Zahlen sehen werden wie zuvor. Schon jetzt zeigt sich deutlich, dass für institutionelle Investoren neben Immobilien auch andere Real Assets wichtiger werden, beispielsweise Infrastruktur oder Private Debt. Parallel gewinnen Themen wie Effizienz, Digitalisierung, Diversifikation und Erweiterung des Leistungsangebots an Bedeutung. Das Wachstum wird künftig also eher in die Breite als nur schnell in eine Richtung gehen. Deshalb sehen wir uns sehr genau an, in welchen Bereichen wir Wachstumspotenziale sehen, und verstärken uns dort entsprechend.
TPP: Wie geschieht dies konkret, wie reagiert die INTREAL auf diese Entwicklungen?
CD: Wir haben in den zurückliegenden Monaten mehrere Schlüsselpositionen neu geschaffen beziehungsweise Verantwortungsbereiche neu zugeschnitten, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur und Private Debt. Zudem haben wir im Frühjahr 2024 mit der Gründung einer auf Beratung spezialisierten Tochtergesellschaft, der REAX Advisory GmbH, auf den wachsenden Bedarf an Beratungsleistungen reagiert.
TPP: Ein wichtiges Thema der vergangenen Jahre, mit dem sich die INTREAL schon früh sehr intensiv befasst hat, war das Stichwort ESG. Rückt das zurzeit angesichts des veränderten Marktumfeldes etwas in den Hintergrund?
CD: Nein, ESG bleibt weiterhin aktuell, aber es ist inzwischen weithin zur Normalität geworden. Unter den zuletzt neu aufgelegten Fonds gab es kaum noch solche, die nicht wenigstens die Kriterien für sogenannte Artikel-8-Fonds erfüllten oder sogar den Kriterien für Artikel-9-Fonds entsprachen.
TPP: Wenn Sie nun zum Abschluss unseres Interviews eine Botschaft an Ihre Fondspartner richten wollten, welche wäre das? Was liegt Ihnen im Moment besonders am Herzen?
CD: Ich glaube, dann sollte ich die Chance nutzen, an dieser Stelle ganz offen einen Eindruck anzusprechen, der vielleicht hier und da entstehen könnte: Mit der Marktsituation haben sich auch die Intensität und die Schwerpunkte der Kommunikation mit unseren Fondspartnern verändert. Wenn wir unsere Aufgaben so erfüllen sollen, wie es unser Anspruch ist und die Anleger von uns erwarten, dann brauchen wir dafür heute wesentlich mehr Informationen als früher und müssen uns um deutlich mehr Details kümmern. Beispielsweise fragen wir bei Projektentwicklungen häufiger nach Informationen aus dem Baucontrolling, dem Fertigstellungsgrad, eventuellem Verzug oder Anzeichen für Probleme bei einem Projektentwickler. Auch bei Bestandsobjekten werden heute mehr Daten und Informationen benötigt, weil sich die Anleger intensiver damit auseinandersetzen. Das kann mitunter so wirken, als seien wir anstrengender oder gar „nerviger“ geworden. Wir tun das aber nicht, um unnötig Zeit anderer zu beanspruchen, sondern erledigen nur unsere Hausaufgaben. Schließlich geht es darum, dass die Anleger zufrieden sind, was wiederum auch unseren Fondspartnern zugutekommt. Das ist und bleibt für uns der entscheidende Maßstab.
TPP: Frau Dufieux, vielen Dank für das Gespräch!
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Erstveröffentlichung: INTREAL Insight 2/2024, September 2024