14.12.2021

Klimaneutraler Gebäudesektor

„Nachhaltigkeit darf kein Lippenbekenntnis sein“

Iris Wolke-Haupt, Managing Director Germany, ISG
Iris Wolke-Haupt

Mit dem "Sustainable Buildings Monitor" präsentiert ISG eine umfassende internationale Studie über die Kohlenstoffemissionen und den Energieverbrauch durch den Betrieb von Gewerbeimmobilien. Ziel der Studie ist es, diejenigen Länder besser zu unterstützen, an denen am meisten getan werden muss, um die von den Gebäuden verursachten Emissionen zu reduzieren und Lösungen zur Förderung der Energieeffizienz zu liefern. Ein weiteres Hauptziel dieser Untersuchung ist es, einen breiten Aufruf zur Zusammenarbeit und zum Konsens zwischen Bau- und Immobilienunternehmen zu starten. Es gilt, gemeinsam die Bemühungen, um eine nachhaltige Zukunft zu erfassen und zu bewerten. Iris Wolke-Haupt, Managing Director Germany von ISG, erläutert im Interview die Hintergründe und Fakten.

The Property Post (TPP): ISG: Frau Wolke-Haupt, der ISG Sustainable Buildings Monitor ist eine sehr ehrgeizige Studie mit einer klaren Aussage für sofortiges Handeln. Wie kam es zu dieser Initiative?

Wolke-Haupt: Wir bei ISG sehen es als unsere Pflicht an, einen aktiven Beitrag zu den Herausforderungen unserer Zeit zu leisten und Verantwortung zu übernehmen für das Erbe, das wir übernommen haben und sorgsam weitergeben möchten. Bei dem Begriff "Herausforderung" denken wir immer noch an die Corona-Pandemie, aber nachhaltiges und ressourcenschonendes Wirtschaften muss weiterhin oberste Priorität haben. Hier müssen wir handeln: schnell, entschlossen und gemeinsam. Genauso haben wir in der internationalen Gemeinschaft auch sehr schnell Impfstoffe gegen das Corona-Virus entwickeln können, die viele Leben gerettet haben. Ich sehe darin eine Blaupause für eine konzertierte Strategie zur Erreichung der Klimaziele. Immerhin stammen 25 Prozent der weltweiten Emissionen aus dem Gebäudebereich. Wir als Bau- und Immobilienwirtschaft haben also eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung des Klimanotstandes zu spielen.

TPP: Wir stehen vor einer Aufgabe, die noch Generationen beschäftigen und beeinflussen wird. Wo sollten wir ansetzen?

Wolke-Haupt: Wie immer beginnt jedes Projekt mit einer Bestandsaufnahme. Genau das tun wir mit unserem 'Sustainable Buildings Monitor'. Sowohl beim Energieverbrauch als auch bei den CO2-Emissionen gehört die deutsche Gewerbeimmobilienbranche nicht zu den Spitzenreitern. Woran liegt das? Wir haben im Bürobereich noch einen hohen unsanierten Bestand. Zahlreiche Eigentümer sind jetzt gefordert, ihren Bestand für ein ESG-konformes Portfolio energetisch und technisch aufzurüsten. Wenn wir uns nicht in dem Ausmaß und Tempo engagieren, wie es diese Herausforderung erfordert, schaffen wir nur größere Probleme für die Zukunft - sowohl für das Klima als auch für unsere kollektive Fähigkeit, die Ressourcen und Kapazitäten rechtzeitig zu mobilisieren.

TPP: Unterstützt die derzeitige Verfügbarkeit von Daten ein schnelles Handeln mit klar definierten Maßstäben zur Darstellung und Messung des Fortschritts?

Wolke-Haupt: Leider ist genau das nicht der Fall. Die Zusammenstellung unserer Forschungsergebnisse war keine leichte Aufgabe, weshalb wir uns umso mehr verpflichtet fühlten, diesen Beitrag zu leisten. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Wirtschaftsforschung haben wir Daten aus verschiedenen staatlichen Quellen und privatwirtschaftlichen Studien zusammengetragen. Einheitliche Datenstandards und allgemeine Transparenz würden uns helfen, radikale Schritte in Richtung einer Netto-Null-Altlast zu unternehmen. Deshalb spielt die Sensorik bei unseren Ausbau- und Sanierungsprojekten eine zentrale Rolle. Wir müssen alle mit ins Boot holen. Wünschenswert wäre auch Transparenz auf Mieterseite, zum Beispiel bei der zeitlichen und personellen Belegung von Flächen. Grüne Mietverträge („Green Leases“), die als Anreiz für ein ökologisch nachhaltiges Mieterverhalten immer beliebter werden, leisten hier einen wichtigen Beitrag.

TPP: Was tut die ISG auf dem Weg zu einer nachhaltigen Bauwirtschaft?

Wolke-Haupt: Wir sollten bei allem, was wir tun, einen positiven ökologischen und sozialen Wandel herbeiführen und sicherstellen, dass jede unserer Handlungen einen Nettogewinn für die Gesellschaft darstellt. Wir haben uns bei ISG dazu verpflichtet, bis 2030 keine Kohlenstoffemissionen mehr zu verursachen und bis 2024 eine interne Kohlenstoffsteuer einzuführen, die zur Finanzierung nachhaltiger Innovationsprojekte in unserem gesamten Unternehmen verwendet werden kann. Wir helfen unseren Kunden, Gebäude mit möglichst geringen Kohlendioxid-Emissionen zu errichten - zum Beispiel durch die konsequente Verwendung lokaler Baumaterialien. Außerdem unterziehen wir unsere Projekte einem Nachhaltigkeitsmonitoring, um intern Best Practices zu ermitteln und unsere eigenen Qualitätsstandards zu definieren.

TPP: Wie lautet Ihre Einschätzung für die kommenden Jahre?

Wolke-Haupt: Dank des beherzten Engagements der jungen Generationen haben wir den Fortschritt bereits beschleunigt. Die Maßnahmen zum Klimaschutz und zum Erhalt unserer Umwelt sind signifikant gestiegen. Erfreulicherweise gibt es aus meiner Sicht einen klaren gesellschaftlichen und politischen Willen für konsequentes nachhaltiges Wirtschaften in allen Bereichen. Ermutigend finde ich die Initiativen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft. Es sollte nicht immer der Gesetzgeber sein, der Druck ausübt, sondern die Branche selbst muss ehrgeizige Ziele entwickeln. Nachhaltigkeit kann und darf kein Lippenbekenntnis sein. Ich freue mich, dass wir als ISG hier unsere Erfahrung und Expertise einbringen können.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ISG
Erstveröffentlichung: The Property Post, Dezember 2021

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