30.08.2017

Effizienz durch Digitalisierung

Veränderte Wertschöpfungsketten in der Immobilienwirtschaft durch Digitalisierung

Johannes Glasl, Geschäftsführer, EURO Risk Immobilien Service GmbH
Johannes Glasl

Im Interview mit The Property Post erläutert Johannes Glasl, Geschäftsführer der EURO Risk Immobilien Service GmbH wie sich durch Digitalisierung bestehende Prozesse transparenter und effizienter realisieren lassen.

Was verstehen Sie unter der Veränderung von Wertschöpfungsketten durch Digitalisierung?

Johannes Glasl (JG): Digitalisierung erlaubt uns, Effizienzsteigerung in bestehenden, traditionellen Prozessen zu realisieren. Möglich wird dies zum Beispiel durch Entfall von Schnittstellen, Einrichtung von Onlinezugriffen sowie der Vereinheitlichung von Datenmodellen. Die Wertschöpfungskette wird dadurch schlanker, involvierte Parteien entfallen oder verändern ihre Funktion. Das „Abfallprodukt“ und der große Effekt ist Transparenz aller digital erfassten Daten und Prozesse. Darüber hinaus ist Digitalisierung die Basis für Disruption, also das Aufbrechen bestehender Geschäftsmodelle und das Entstehen völlig neuer, mit konventionellen Mitteln undenkbarer Geschäftsmodelle und damit Wertschöpfungsketten.

Was wären Beispiele für Effizienzsteigerung und Disruption in der Immobilienwirtschaft?

JG: Effizienzsteigerung sehen wir an unterschiedlichsten Stellen. Schauen wir auf die Entwicklung neuer Gebäude, entsteht heute über BIM (= Building Information Modeling = Gebäudedatenmodellierung) ein neuer Standard, der die spätere Weiterverwendung von Daten aus dem Planungsprozess erlaubt. In der Betriebsphase der Immobilie sehen wir immer mehr Anbieter von CAFM Lösungen auf dem Markt, also dem digital unterstützten Facility Management (Computer-Aided Facility Management).

Disruption ist in der Immobilienwirtschaft ein bisschen schwieriger, da eine Immobilie nun mal ein „Real Asset“ ist und somit nicht virtualisiert werden kann. Die Plattform Airbnb zeigt, auf welche Art Disruption in der Immobilienwirtschaft möglich ist. Airbnb ist wie Uber oder Tinder eine Kombination aus Social Media und „Real Life“ und eine echte Konkurrenz für das traditionelle Business, in diesem Fall den Hotelbetrieb.

Mit Blick auf Effizienzsteigerung: Wie bewerten Sie den Stand der Dinge in der Immobilienwirtschaft?

JG: Wir sehen in einzelnen Bereichen, wie zum Beispiel im Facility Management, dass durch Digitalisierung hoch effiziente und sehr schlanke, schnelle Prozesse entstehen. Die technologische Durchdringung ist allerdings relativ überschaubar. Generell ist die Branche eher noch am Anfang der Entwicklung. In den nächsten Jahren werden sich Standards erst noch etablieren, Schnittstellen werden entstehen und die unzähligen aktuell noch papierbehafteten Prozesse werden sukzessive integriert. Auf der bevorstehenden EXPO wird sich dieses Bild bestätigen.

Stichwort Standardisierung – in welcher Form? 

JG: Alle unterschiedlichen Prozesse rund um die Immobilie haben heute eigene Datenmodelle und -standards. Ich gehe davon aus, dass ein lebenszyklusübergreifendes Modell entstehen wird, sodass das Facility Management mit CAFM nahtlos die Daten aus dem BIM integrieren kann. So könnten auch Ereignisse an Objekten unabhängig vom Eigentümer, sondern objektbezogen erfasst und gespeichert werden. Der Vorteil: Beim Eigentumswechsel kann dann auf eine digitale Objekthistorie – z.B. im Grundbuch – zugegriffen werden.

Das klingt nach viel Transparenz aber auch nach Zukunftsvision – was ist zeitlich etwas greifbarer?

JG: Im Bereich der wertunterstützenden Prozesse (wie Schaden-, assetbezogenem Risiko- und Versicherungsmanagement) haben wir heute noch immer eine sehr heterogene Prozess- und Datenlandschaft. Das wird die Branche mit Hilfe spezialisierter Dienstleister schnell angehen, um aktuelle und auswertbare Daten zu ihren Objekten anzulegen und nutzen zu können.

Aber warum muss auf einmal alles digitalisiert werden?

JG: Digitalisierung erlaubt Effizienzsteigerung und Transparenz. Beides ist für den Investor oder für eine Kapitalverwaltungsgesellschaft von größter Bedeutung, um in Zeiten überproportional gestiegener Kaufpreise Renditen zu sichern oder zu optimieren. Im Wettbewerb werden diejenigen Marktteilnehmer das Nachsehen haben, die aufgrund fehlender Daten ihre Dienstleister nicht überwachen und steuern können und somit aufgrund ineffizienter Prozesse zu hohen Personalaufwand produzieren oder ihre Mieter verärgern.

Das ist nachvollziehbar. Wie lautet also Ihre konkrete Empfehlung an einen großen Investor?

JG: Jeder Investor oder dessen Verwalter muss sich zunächst mit der Standortbestimmung auseinandersetzen:

  • Wie ist das Portfolio geografisch, hinsichtlich seiner Nutzungsarten und Lebenszyklen ausgerichtet?
  • Welche Dienstleister sind auf der Verwaltungs- und Betreuungsseite involviert?
  • Welche Schnittstellen gibt es, wie sind diese ausgelegt und in welcher Häufigkeit werden sie angesprochen?
  • Gibt es Besonderheiten in den Bewirtschaftungskosten insgesamt oder in Teilbereichen des Portfolios?

Auf Basis dieser Fragen kann eine Roadmap und Priorisierung erarbeitet und umgesetzt werden.

Das klingt noch sehr abstrakt. Wo sehen Sie denn die wesentlichen Hebel für ein Portfolio?

JG: Digitalisierung nur der Digitalisierung wegen ist natürlich sinnlos. Im Vordergrund steht die Stabilisierung und Optimierung der Cashflows, also der Betriebs- und Kapitalkosten genauso wie die Höhe des Kauf- bzw. insbesondere Verkaufspreises. Hierbei ist Digitalisierung jedoch eine große Hilfe und trägt zur Effizienzsteigerung sowie zu gesteigerter Transparenz bei.

Sie sprechen immer von Chancen – aber wo sind die Risiken der Digitalisierung?

JG: Aktuell sind einzelne, isolierte Geschäftsprozesse für sich digital abgebildet, aber es gibt nur wenig Standards. Hier werden weitere Entwicklungen stattfinden, sodass aus dem heutigen Fehlen von Standards das Risiko mangelnder Kompatibilität (z.B. beim Wechsel von Dienstleistern) und spätere Anpassungen bestehender Systeme erforderlich werden. Das sollte jedoch niemand dazu verleiten abzuwarten, bis es Standards gibt und bis dahin konventionell weiterzuarbeiten.

Also empfehlen Sie, an der Entwicklung zu partizipieren anstatt abzuwarten. Wie sieht es mit der Abhängigkeit von Systemen aus?

JG: Erste Frage: Ja, eindeutig partizipieren. Zweite Frage: Ja, natürlich machen wir uns durch Digitalisierung von bestimmten Systemen abhängig, gleichzeitig können wir uns aber die Technologie effizient zu Nutze machen. Mit dem Risiko von Ausfällen, Störungen oder sonstigen Zwischenfällen muss sich auch jedes Unternehmen auseinandersetzen, das mit E-Mail arbeitet – also alle.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von EURO Risk Immobilien Service GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2017

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