Kann ein Makler nachhaltig sein?
Makler stehen nicht im Verdacht, besonders nachhaltig zu agieren. ZIEGERT hat als erstes deutsches Immobilienvertriebsunternehmen eine Entsprechenserklärung zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex veröffentlicht. Alexander Boether, Leiter Nachhaltigkeit und Responsible Investments bei ZIEGERT, berichtet im Interview, was für Schritte das Unternehmen in den vergangenen Monaten unternommen hat und welche Ziele sich ZIEGERT setzt.
Herr Boether, ZIEGERT hat als erstes deutsches Maklerunternehmen eine Entsprechenserklärung zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex veröffentlicht. Kann ein Makler überhaupt nachhaltig sein?
Verglichen mit klassischen Projektentwicklern oder gar Bestandshaltern sind wir als aus dem klassischen Vertrieb kommendes Unternehmen zunächst nur für eine kurze Wegstrecke im Lebenszyklus einer Immobilie präsent gewesen. Das ändert sich. Planung, Finanzierung und Vermarktung sind Abschnitte voller wegweisender Entscheidungen. Und hier geben wir heute als beratendes Vertriebsunternehmen richtungsweisende und wichtige Impulse beispielsweise mit der Einschätzung, welche Gebäude- und Wohnungsausstattung vom potenziellen Kunden nicht nur gewünscht, sondern am Ende auch bezahlt werden kann. Das heißt: Idealerweise sind wir gleich am Anfang mit im Boot bei einem mehrschichtigen und integrierten Planungsprozess, der die vielen und oft gleichzeitigen Herausforderungen der Projektphasen berücksichtigt. Das Nachhaltigkeitsmanagement, welches ich verantwortete, richtet sich jedoch nicht nur nach außen an die Kunden und die Projekte, sondern auch auf die internen Prozesse und Mitarbeiterstrukturen. Wir entwickeln beispielsweise ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Management-Vergütung-System, um in Zukunft noch mehr in diese Richtung leisten und messbar machen zu können. Und natürlich sind wir stolz darauf, dass wir als erstes Unternehmen unserer Branche die DNK Entsprechenserklärung abgegeben haben und für unsere Aktivitäten bewertet wurden.
Wie bewegen Sie sich persönlich zum Kunden- mit dem Porsche?
Ein wunderbares Klischee und vielen Dank für diese Frage! Nein, die Verwendung eines solchen Fahrzeuges im Stadtverkehr entzieht sich jeder Vereinbarkeit mit den persönlichen und auch unternehmerischen Werten und Einstellung. Wir gehen mit dem Thema Mobilität neu und verantwortungsvoll um und berücksichtigen für das Mobilitätsverhalten im Unternehmen aber auch für unsere Projekte nachhaltigkeitsorientierte Mobilitätskonzepte, wozu neben den öffentlichen Verkehrsmitteln, Unternehmensfahrrädern auch die Elektromobilität und Sharing-Modelle gehören. ZIEGERT geht aber über das Thema Mobilität und Management auch hinaus unter anderem im Bereich Energie, wozu die Nutzung von Ökostrom und verantwortungsvolle Verwendung von Ressourcen zur Verbesserung der Ökobilanz gehört. Besonders stolz bin ich aber auch darauf, dass das Unternehmen in die Mitarbeiter und deren Wohlbefinden investiert. Wir haben einen Wohlfühlmanager, und bieten Interessierten beispielsweise Yoga und Pilates-Training und Bio-Essen an. Darüber hinaus werden wir im kommenden Jahr von einem repräsentativen Altbau in einen energieeffizienten Neubau umziehen.
Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie oder Soziales - Welche ist denn nun die aktuell wichtigste Säule der Nachhaltigkeit?
Alle drei. Nachhaltigkeit ist ein ganzheitliches Konzept. Unternehmerische Nachhaltigkeit hat allerdings das Primat des Wirtschaftlichen. Leistung muss sich für uns und unsere Kunden auch rechnen – sonst funktioniert Nachhaltigkeit auch in der Immobilienwirtschaft nicht. Dass das möglich ist und auch bereits von uns und unseren Projektpartnern erfolgreich umgesetzt wird, zeigen wir auf in einem wissenschaftlich fundierten Research-Programm, welches wir gemeinsam mit einer der führenden Universitäten, der ESMT, vor knapp einem Jahr begonnen haben. Hier entwickeln wir sogenannte KPIs für die Branche, also Punkte, an denen die positiven Auswirkungen nachhaltigen Wirkens aufgezeigt messbar gemacht werden. Wir haben über 25 Faktoren ermittelt, die belegen, dass sich auf Nachhaltigkeit ausgelegtes Wirtschaften zu wirtschaftlich besseren Ergebnissen führt – und dies nicht nur langfristig, sondern bereits kurz- und mittelfristig positive Akzente setzt. Die Parameter reichen von der integrierten Planung über den verantwortungsvollen Ressourcenverbrauch, die optimierte Flächenplanung zu passgenauen Finanzierungsmodellen, Quartiersarbeit bis hin zur Gestaltung von Partizipationsprozessen. Diese Aktivitäten machen den entscheidenden Unterschied für unsere Kunden und deren Projekte. Sie freuen sich über zum Teil deutliche Vermögenszuwächse und ZIEGERT setzt dabei in einer wachsenden Stadt positive Impulse, wenn Nachbarschaft neu geplant und gebaut wird.
Ist das so? Die derzeitige Diskussion um Neubauprojekte lässt vermuten, dass die meisten Anwohner in Berlin eher negative Auswirkungen erwarten als positive Impulse.
Das ist auch eine kommunikative Herausforderung. In einer Mieterstadt mit steigenden Mieten sind die Anwohner oft gegen eine bauliche Aufwertung, weil sie steigende Wohnkosten befürchten müssen, ohne positive Veränderung. Dem wirken wir entgegen, indem wir zeigen, dass sich für Schulen, Vereine, soziale oder künstlerische Projekte etwas verbessert, mit persönlichem Einsatz aber auch Bereitstellung erforderlicher Geldmittel. Wenn ein Vorhaben dann fertig ist, werden in der Regel davon auch eigene Impulse ausgehen durch Bewohner, die sich im Quartier neu engagieren oder einem ausgewogenen vielfältigen Nutzungsmix, wenn zum Beispiel neue Nahversorgungsangebote, eine Kita oder auch Büros und Studioflächen geschaffen werden. Wir sind davon überzeugt, dass erst durch die richtige Mischung von Wohnen und Arbeiten ein Quartier wirklich lebenswert und lebendig wird. Wenn wir die vielfältigen Möglichkeiten der Gestaltung suchen und finden, entwickeln wir uns von Einfalt zur Vielfalt – oder um bei meinem ersten Wortbild zu bleiben – vom Einton zum Dreiton bzw. Dreiklang. Darin liegt die Kraft, die Musik.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIEGERT – Bank- und Immobilienconsulting GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juni 2018