Ein Gespräch über die aktuelle Lage der Tourismuswirtschaft
The Propert Post: Herr Schaffer, die Tourismuswirtschaft zählt - wenig überraschend - international zu den von der Pandemie am stärksten betroffenen Branchen. Wie sehen Sie die aktuelle Lage im Hinblick auf die nun beschlossenen Lockerungen?
Martin Schaffer: Die letzten 15 Monate haben leider gezeigt, dass der Keller gerade in Europa ein sehr tiefer ist: So war beispielsweise in Deutschland im ersten Halbjahr der Umsatz im Beherbergungsgeschäft sogar gegenüber dem 4. Quartal 2020 nochmals um rund 30 Prozent eingebrochen. Lockerungsschritte sind aber getan und Buchungszahlen steigen rapide, daher rechnen wir im 3. Quartal mit einem deutlichen Anstieg der Umsätze.
TPP: Wenn wir einmal auf die USA blicken: hier scheint eine starke Divergenz zu Europa zu bestehen.
MS: Die Impfkampagnen waren zwischenzeitlich in den Vereinigten Staaten sehr viel weiter als bei uns - für den Tourismus ein durchaus positives Signal. Auch die Kreuzfahrten aus den amerikanischen Häfen nehmen wieder ihren Betrieb auf – wenn auch unter strengen Auflagen.
TPP: Das sollte gelisteten Unternehmen in diesem Bereich Auftrieb geben. Wie schätzen Sie das ein?
MS: Wir sollten bei dieser Diskussion nicht außer Acht lassen, dass die Aktien der Kreuzfahrtlinien bei der Ankündigung dieser Bestimmungen nicht gestiegen, sondern sogar leicht gesunken sind. Ein Fall von “sell the news” - erwartete Ereignisse beflügeln die Kurse nicht mehr weiter, sondern bekannte Marktdaten und Rahmenbedingungen sind in den Aktienkursen bereits enthalten. Aber bei anziehenden Auslastungen werden sich Umsätze und Erträge wieder verbessern, was sich dann positiv auf die Aktienkursentwicklung auswirken sollte.
TPP: Was bedeutet dies im Hinblick auf Konsum und Zinsentwicklung?
MS: Die positiven Nachrichten vorweg: Das 1. Halbjahr 2021 war das letzte, das voll von den Lockdowns belastet wurde. Bereits ab dem 2. Halbjahr 2021 sollte die europäische Konjunktur deutlich an Fahrt aufnehmen. Und: Gerade auch im Tourismus – das klassische “Reisen” und “Wegfahren” - haben die Konsumenten ein Nachholbedürfnis und werden über einige Jahre hinweg überdurchschnittlich viel Geld ausgeben. Das sind insbesondere für die Ferienhotellerie gute Aussichten.
TPP: Vielen Dank für das Gespräch!
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2021