30.11.2021

„Das Potenzial ist groß!“

Martin Mörl, Geschäftsführer, Girlan Immobilien GmbH
Martin Mörl

Martin Mörl spricht im Interview über Chancen von problematischen Einzelhandelsobjekten, zur Entwicklung der Mieten und über opportunistische Handelsimmobilien-Investoren.

 Frage: Der Anteil problematischer Einzelhandelsimmobilien nimmt zu. Was sollten Eigentümer tun?

MM: „Zunächst ist eine kritische Analyse der Lage- und Standortqualität einer Handelsimmobilie, der Mieterstruktur, der Wettbewerbssituation usw. erforderlich. Sie ist die Grundlage für ein standortgerechtes und zeitgemäßes Nutzungs- und Immobilienkonzept. Die Bandbreite möglicher Maßnahmen ist dabei sehr groß. Sie reicht von der Optimierung im Bestand über Transformation und Repositionierung bis zu kompletten Konversion bzw. Abriss und Neubau. Für alle Optionen gibt es erfolgreiche Beispiele, und die hohe Nachfrage durch alternative Nutzungen wie zum Beispiel Wohnen hilft natürlich. Eigentümer sollten ihre Assets sehr gut kennen und eine grundsätzliche Bereitschaft zu Nutzungsänderungen und Investitionen mitbringen.“  

Frage: Der Strukturwandel hat vermehrt opportunistische Handelsimmobilien-Investoren auf den Plan gerufen. Was raten Sie denen?

MM: „Ja, in der Tat. Wir sehen mehr opportunistische Investoren auf dem deutschen Markt, die sich gerade Einzelhandelsimmobilien genau ansehen. Viele Objekte sollen ja auch verkauft werden, und auch wenn der Markt noch immer teuer ist, gibt es für diese Investorengruppe attraktive Möglichkeiten. Wie gesagt, die Bandbreite möglicher Maßnahmen und Nutzungen ist größer denn je, und der Flächenbedarf ist da. Opportunistischen Investoren raten wir also, auf die richtige Objektauswahl zu achten, die Risiken im Blick zu behalten, auf individuelle Konzepte zu bestehen und sich kompetente und erfahrene Partner an Bord zu holen. Investoren können riesige Fehler machen.“

Frage: Vielerorts sinken die Einzelhandelsmieten. Sehen Sie in dieser Entwicklung auch Chancen?

MM: „Im Schnitt sinken die Einzelhandelsmieten, wobei in sehr guten Lagen die Mieten häufig gehalten werden können. Schwächere Standorte, Nebenlagen, Obergeschosse usw. verlieren dagegen weiter an Attraktivität. Gut laufende Marken und Sortimente können weiterhin hohe Umsätze generieren, die wiederum entsprechende Mietniveaus ermöglichen. Generell sind wir auf dem Weg zu mehr Umsatzmieten, weil diese die Risiken für Händler und Vermieter minimieren und nachhaltige Mietniveaus für alle Seiten fördern. Definitiv bietet die derzeitige Situation auch Chancen. Denn moderate Mieten bieten ganz anderen Sortimenten und Nutzungen wieder bezahlbare Flächen: Design, Möbel, Sport, Kultur, soziale Einrichtungen, nicht zu vergessen neue Handels- und Gastronomiekonzepte. Ein schönes Beispiel: das Schlaraffenland im Einkaufszentrum neustädter in Gießen. Tolles Konzept, tolle Kundenkommunikation, tolle Außenflächen, wo vorher eigentlich weder Handel noch Gastronomie waren. Mehr Kleinteiligkeit, mehr Vielfalt, mehr Nahversorgung, mehr Mixed-Use tut auch den Städten sehr gut.“

Frage: Schon vor Corona hatten viele Innenstädte mit Leerstand und sinkenden Frequenzen zu kämpfen. Wie kann man die Innenstädte retten?

MM: „Große Frage. Sicher ist, dass für lebendige, attraktive Innenstädte alle an einem Strang ziehen müssen; Kommunen, Eigentümer, Händler, Gastronomen, Politik, Verwaltung, Handels- und Tourismusverbände… Kein leichtes Unterfangen, die Herausforderungen sind komplex. Retail kann und wird elementarer Bestandteil lebendiger Innenstädte bleiben. Der Anteil wird zwar abnehmen, dafür kommt Vielfalt dazu. Monotone Einkaufsstraßen sind nicht mehr gefragt, stattdessen Erlebnisse und sozio-kulturelle Bedeutung. Der Gestaltungsspielraum für Investoren und Eigentümer von Handelsimmobilien ist erheblich – er muss nur genutzt werden. Politik und Verwaltung müssen dabei sehr aufpassen, für den Handel so wichtige Themen wie Erreichbarkeit, Mobilität, Öffnungszeiten, Außenbestuhlung usw. mit der nötigen Sorgfalt und Weitsicht zu behandeln.“

Frage: Und zu guter Letzt: Wie sehen die Shopping Places von morgen aus?

MM: „Shopping Places werden attraktive Orte sein, mit besonderer Atmosphäre, besonderen Angeboten, besonderem Design, und das alles bestens integriert in das jeweilige Umfeld. Sie bieten all das, was offline gewünscht wird: super Produkte, zeitgemäße Dienstleistungen, soziales Miteinander, Freundlichkeit, außergewöhnliche Atmosphäre. Identität, Fokussierung und Positionierung werden also für Vermieter und Eigentümer noch wichtiger. Shopping Places werden weiterhin relevanter Teil des Lebens sein!“

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Shopping-Center THEO, Husum. Copyright: Girlan Immobilien

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Girlan Immobilien
Erstveröffentlichung: 5. Oktober 2021

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