Über moderne Arbeitsplätze, Heimarbeit und den Einfluss der Preise auf die Bürogröße
Der durchschnittliche deutsche Büroarbeitsplatz wird immer kleiner. Ist das die zwangsläufige Folge steigender Büromieten?
Bedingt. Hier sind eher die unternehmerischen Ziele einer stärker vernetzten, interagierenden Belegschaft ursächlich, die auch bei den Beschäftigten auf eine zunehmende Aufgeschlossenheit hinsichtlich kommunikativerer Belegungs- und somit Arbeitsformen treffen und zu einem effizienteren Anmieten führen können. Darüber hinaus sorgen das geringe Flächenangebot und das Beschäftigungswachstum nicht selten dafür, dass es zu Arbeitsplatzverdichtungen kommt und in manchen Zweier-Büros ein dritter Schreibtisch zugestellt wird oder Wände entfernt werden, um Gruppenräume zu ermöglichen. Ist ein Unternehmen mit Lage und Ausstattung der angemieteten Immobilie zufrieden, versucht es vor dem Hintergrund geringen Angebots und steigender Preise zunächst bestehende Flächen zu optimieren oder Teams, die autark arbeiten können, in nahe gelegenen Business oder Coworking-Centern unterzubringen.
Welche Rolle spielen neue Formen der Arbeitsorganisation, also mehr Großraumbüros oder mehr Heimarbeit?
Die Akzeptanz von Heimarbeit ist in den vergangenen Jahren in vielen Unternehmen gewachsen. Bereits 40 Prozent bieten diese Möglichkeit an. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 30 Prozent. Hintergrund ist hier aber weniger das Einsparen von Raumkosten als eine angemessene Reaktion auf Wünsche der Beschäftigten, die Familie und Beruf besser in Einklang bringen wollen und dem Unternehmen erhalten bleiben sollen. Großraumbüros sind natürlich effizienter und führen zu Einsparungen, allerdings sollten Teile der Einsparungen in gestalterische Maßnahmen und/ oder Umbauten investiert werden. Das klassische Großraumbüro wird nicht zurückkommen. Hybride Konzepte, die Arbeiten, Austausch und Erholung im Büro ermöglichen, sind eine Lösung und treffen auf die Interessen der Belegschaft.
Für welche Arbeitgeber kann der Wegzug in schlechtere Lagen eine Alternative sein?
Wir sehen eher den Trend, dass Unternehmen sich hinsichtlich Lage und Ausstattung gerne verbessern möchten und dies so weit möglich auch forcieren. Vor allem Unternehmen mit einem großen Anteil an jungen und hochqualifizierten Fachkräften in der Belegschaft ziehen verstärkt in die Zentren, weil sie ihren Mitarbeitern ein urbanes Arbeitsumfeld bieten wollen. Ein Umzug in schlechtere Lagen wird allenfalls aus einem Zwang heraus entstehen, weil zum Beispiel Mietverträge nicht verlängert werden konnten und eine Alternative in der Nähe nicht rechtzeitig gefunden wurde. Leistungsträger sollen und müssen gehalten werden. Daher ist eine Lageverschlechterung momentan ein echtes Risiko. Sollte es betriebswirtschaftliche Gründe für einen Umzug geben, empfiehlt es sich in der Tat, zum Beispiel Belegungs-Arbeitsformen zu überdenken und Flächen zurückzugeben oder unterzuvermieten. Investoren, die in gut angebundenen Nebenlagen ihre Immobilie allerdings fit machen und bereit sind, Mietern moderne Belegungsformen mit ansprechender Aufenthaltsqualität zu bieten, können von der Verknappung in den Top-Lagen und steigenden Mieten profitieren.
Könnte die erkennbare konjunkturelle Abschwächung auch die Büroarbeitswelt erkennbar beeinflussen?
In der Bürovermietung gibt es aktuell einen starken Nachfrageüberhang und somit viel Druck im Markt. Angesichts des enormen Bedarfs dürfte es ein bis zwei Jahre dauern, bis sich ein Rückgang der Konjunktur in der Bürovermietung bemerkbar macht. Die derzeit hohe Nachfrage ist zudem nicht allein auf Wachstumsmotive der Unternehmen zurückzuführen. Auch die Präferenzen bei der Flächenauswahl haben sich hin zu attraktiveren Büros verändert. Dieser Trend wird sich auch in schwächeren konjunkturellen Situationen nicht nachhaltig umkehren. Das heißt: Die Agilität im Markt wird hoch bleiben, so dass es kaum Veränderungen bei den Leerstandsraten geben wird. Zugleich würden die Durchschnittsmieten zunächst in eine Seitwärtsbewegung gehen. Und im Spitzensegment müsste es schon mehr als eine konjunkturelle Delle geben, bis die Mieten auch dort stagnieren.
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Erstveröffentlichung: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.08.2019