Ein Gespräch über gute Geschäfte trotz Corona-Pandemie & die Folgen des „Green Deals“ von Ursula von der Leyen
In regelmäßigen Interviews gehen die Vorstände Heiko Böhnke und Jörn Zurmühlen mit den maßgeblichen Akteuren der Branche den aktuellen Herausforderungen der institutionellen Immobilienanlage auf den Grund. Michael Schneider, Geschäftsführer der Service-KVG IntReal, erklärt im ersten Gespräch, warum trotz Corona-Pandemie gute Geschäfte möglich sind, welche Folgen der „Green Deal“ von Ursula von der Leyen hat und welche Urlaubsregion in Deutschland er besonders empfehlen kann.
Heiko Böhnke: Gibt es bei der IntReal spürbare Auswirkungen der Corona-Pandemie?
Michael Schneider: Hier jetzt nein zu sagen wäre das falsche Zeichen. Die Pandemie hat Auswirkungen auf fast alles. Allerdings muss man dazu sagen, dass wir als Immobilien-Service-KVG genauso wie die ganze Immobilienfonds-Branche sehr erfolgsverwöhnt waren. Die Zuwachszahlen waren in den letzten Jahren immens, was sich auch noch auf das erste Quartal 2020 erstreckte. Wenn man in das zweite Quartal schaut und auch die Kapitalmarktstatistik der Bundesbank zu Rate zieht, ist das zwar ein Dämpfer. Doch im direkten Vergleich war das erste Halbjahr 2020 trotzdem besser als das erste Halbjahr 2019, und schon jetzt besser als das komplette Jahr 2018.
Böhnke: Suchen Investoren aus Deiner Sicht tatsächlich nur noch krisenresistente Anlagen oder siehst Du auch Investoren, die opportunistisch und antizyklisch denken und entsprechend investieren?
Schneider: Wir wünschen uns natürlich auch letzteres. Es ist eher die Frage, wie weit Investoren jetzt in einen bestehenden Fonds mit einem unveränderlichen Portfolio oder in einen neuen Fonds investieren. Ein Großteil der Investoren vertritt die Auffassung: Ein frischer Fonds lohnt sich. Auch mit einer Beimischung in durch die Pandemie „abgestrafte“ Assetklassen wie z.B. Hotels. Den Preisrahmen bildet dabei nicht das höchste Niveau des Kaufpreises aus dem letzten Quartals, sondern es wird eine erwartete Preisreduzierung berücksichtigt. Das ist eine Frage der Rendite-Risiko-Betrachtung. Der Großteil der Investoren ist allerdings eindeutig risikoavers und sehr vorsichtig. Das sieht man auch in den aktuell am stärksten nachgefragten Investitionsschwerpunkten: Wohnen und Logistik und wenn Einzelhandel, dann am besten mit Fokus auf Lebensmittelnahversorger.
Böhnke: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen möchte in den nächsten Jahren ihren „Green Deal“ durchboxen, was sicherlich auch erhebliche energetische Auswirkungen und Aufrüstungen mit sich bringt. Wie ist Euer Blick auf diese Thematik: Sind Investoren bereit, diesen Schritt mitzugehen und auf Rendite zu verzichten?
Schneider: Es kann sich momentan keiner erlauben, auf Rendite zu verzichten. Wir leben aktuell in einem Niedrigzinsumfeld, was bedeutet, dass wir in einer der sehr nachgefragten Assetklassen wie Immobilien ganz schön unter Druck stehen. Die Frage ist: Wieviel ist den Investoren am Ende ESG und in welcher Ausprägung wert – bei den jetzt schon niedrigen Renditen. Wie dann am Ende ein ESG-konformes Produkt aussieht, was auch den Investoren gefällt, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.
Böhnke: Die Möglichkeit, in Deutschland mit Immobilien-Spezialfonds zu handeln, steckt noch in den Kinderschuhen – Stichwort Zweitmarkt. Welche Vorteile siehst Du aus KVG-Sicht für ein Geschäftsmodell, das sich auf den Handel mit Spezialfondsanteilen spezialisiert hat?
Schneider: Wir haben im letzten Jahr relativ viele Transaktionen auf dem Sekundärmarkt durchgeführt – einige auch gemeinsam mit der REAX. Das auf den Gesamtmarkt hochzurechnen ist allerdings noch schwierig. Denn vieles läuft noch nicht offiziell zwischen Verkäufer und Investor über einen Vermittlungspartner. Grundsätzlich ist zudem keine öffentlichkeitswirksame Publizierung gewünscht. Noch läuft es überwiegend wie folgt: Der Investor geht auf seine KVG zu, die für ihn den Fonds administriert, und fragt, wie das Problem eines möglichen Fondsausstiegs vertragskonform gelöst werden kann. Bei kleinvolumigen Anteilen ist das auf diese Weise oft noch möglich. Dies geschieht dann meistens im Kreis der weiteren „eigenen“ Fondsanleger. Wenn aber der Verkauf von Fondsanteilen in einem größeren Rahmen passiert und oder an weitere, eventuell auch externe Investoren erfolgen soll, kann eine KVG den Anforderungen nach schneller Abwicklung im Tagesgeschäft in der Regel nicht nachkommen. Neutrale und entsprechend qualifizierte Vermittler können hier sicher Abhilfe schaffen und so einen erheblichen Mehrwert für die betroffene KVG, für die Bestandsanleger und auch für neue Investoren erzeugen.
Böhnke: Das Jahr 2020 war trotz Deiner erfreulich optimistischen Einschätzung bislang nun nicht gerade geprägt von guten Nachrichten. Doch wir wissen auch, dass Krisen immer wieder Lichtblicke produzieren. Was war für Dich das bisherige Highlight des Jahres?
Schneider: Ein wirklich erfreulicher Aspekt in diesem Jahr war tatsächlich mein letzter Sommerurlaub. Wir waren in Brandenburg, erst notgedrungen, aber dann war es wundervoll. Manchmal liegt das Gute halt sehr nah. Übrigens auch eine Einsicht vieler Investoren, die die nationalen Immobilienmärkte den oft viel volatileren Auslandsmärkten aktuell deutlich vorziehen. Dies ist auch ohne Pandemie eine wichtige Erkenntnis.
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Erstveröffentlichung: Website Real Exchange, November 2020