Herr Lönner, das Jahr 2022 ist fast vorbei. Wie ist Ihr Resümee?
Bernd Lönner: Das Jahr hat die gesamte Immobilienbranche weltweit vor große Herausforderungen gestellt. Zu der Corona-Pandemie kamen diverse globale Ereignisse hinzu, die Rahmenbedingungen haben sich stetig verändert. Der Krieg in der Ukraine, massive Lieferengpässe, erheblich steigende Energiepreise, eine Inflation von zehn Prozent und deutliche Zinserhöhungen haben unsere Welt ein Stück weit aus den Fugen gebracht und sie deutlich komplexer werden lassen. Die Frage ist nun, wie man darauf reagiert.
Wie stellt sich Real I.S. auf diese veränderte Marktsituation ein?
BL: Zweifellos haben wir es mit einer Kombination von Krisenfaktoren zu tun, für die es bislang keinen historischen Vergleich gibt. Aber genau deshalb ist es wichtiger denn je, nicht in Schockstarre zu verharren, sondern sich proaktiv mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen und den Blick für vorhandene Chancen zu öffnen und diese zu nutzen. Real I.S. hat seit Beginn der Corona-Pandemie unter Beweis gestellt, auch in Krisenzeiten flexibel zu agieren und unerwartete Probleme meistern zu können. Wir haben einen starken Wachstumspfad realisieren können, haben rd. 13 Milliarden Euro Assets under Management und sind an zehn Standorten weltweit vertreten. Die lokale Präsenz und somit die Nähe zu den Märkten sind sehr wichtig für die richtige Einschätzung von Pricing und Timing. Wichtig ist auch, dass wir Zukunftsthemen angehen. Wir haben zum Beispiel wesentliche Impulse in Sachen Digitalisierung gesetzt und auch das Thema „Büro der Zukunft“ vorangetrieben –auch bei uns selbst mit dem Umbau unseres Firmensitzes in München. Darüber hinaus hat die Energiekrise bei allen das Bewusstsein geschärft, dass wir wichtige Schritte in Richtung ökologische Nachhaltigkeit noch schneller gehen müssen. Auch wir übernehmen Verantwortung, entwickeln uns und unser Angebot weiter und nutzen dabei auch innovative Technologien zum Beispiel für die Reduzierung von Verbräuchen in unseren Immobilien und zur Einsparung von Treibhausgasemissionen.
Nennen Sie uns die drei wichtigsten Gründe, warum sich Immobilieninvestments auch aktuell lohnen?
BL: Dazu gehört erstens der Inflationsschutz. Wir sind weiterhin in einer Phase hoher Inflationsraten, und über Indexierung der Mietverträge kann man sich gegen die Inflation rüsten und die Einnahmen analog zu den steigenden Verbraucherpreisen erhöhen. Zweitens: die stabilen Vermietungsmärkte zum Beispiel im Büro- und Logistikmarkt. Und drittens: die geringere Volatilität von Immobilien im Vergleich zu Aktien und Renten. Immobilieninvestments sind wertstabil.
Welche konkreten Opportunitäten sehen Sie derzeit?
BL: Immobilien bieten auch jetzt, trotz Unsicherheiten und steigenden Finanzierungs- und Baukosten, gute Investmentchancen in allen Assetklassen. Allerdings kommt es auf die genaue Selektion an. Risikoaverse Investoren finden Sicherheit in den Segmenten Wohnen, Logistik und Büro in Zentrumslagen mit stabilen Mieteinnahmen. Risikofreudigere Anleger können die Opportunitäten im Hotel- und Handelsimmobilienmarkt mit Anfangsrenditen von mehr als vier Prozent nutzen. Opportunitäten bietet allerdings nicht nur Deutschland, sondern zum Beispiel auch Australien. Die geplanten Infrastrukturprojekte der australischen Regierung – mit Investitionen in Rekordhöhe in den kommenden 15 Jahren von 120 Milliarden Australischen Dollar – werden den Wirtschaftsstandort Australien weiter aufwerten und sich auch positiv auf die Büroimmobilienmärkte auswirken. Sydney zeigt bereits eine positive Entwicklung: Die Büromieten sind seit 2022 wieder im Aufwärtstrend. Zu nennen ist aber auch Irland. Die dortigen Wohnungsmärkte gehören zu den spannendsten in Europa. Die irische Bevölkerung wächst rasant und das Angebot von Wohnungen und Gewerbeflächen kann mit der Nachfrage kaum Schritt halten. In Australien und Irland sind auch wir bereits seit Längerem investiert und nutzen die Potenziale.
Was erwarten Sie für die generelle Marktentwicklung 2023?
BL: 2022 waren ja im Markt überdurchschnittlich viele Transaktionsabbrüche zu beobachten, weil Verkäufer und Käufer preislich nicht zueinandergefunden haben. Langsam nähern sich Angebot und Nachfrage wieder an. Wir erwarten zwar eine Preisanpassung am Markt, aber die fundamentale Nachfrage nach Core-Gewerbeimmobilien bleibt weiterhin bestehen. Denn Core-Immobilien dürften in den kommenden Quartalen relativ stabile Mieteinnahmen bieten. Als Renditeplus kommt die Mietindexierung hinzu, die zu steigenden Cashflow-Renditen führen wird. Das wird die Kaufpreisrückgänge im Investmentmarkt begrenzen.
Insgesamt wird das Jahr 2023 zweifellos sehr herausfordernd. Aber es gibt Opportunitäten, man muss nur genauer hinschauen und den Markt sondieren. Optimismus ist der erste Schritt, um Chancen zu erkennen.
Vielen Dank, Herr Lönner!
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Erstveröffentlichung: Blogbeitrag Real I.S., Dezember 2022