Wie geht es nach der mipim weiter?
The Property Post (TPP): Herr Khodzitski, die mipim 2024 ist noch in frischer Erinnerung. Welche Erkenntnisse haben Sie an der Côte d'Azur gewonnen?
Gabriel Khodzitski (GK): Die Messe betätigte, was ohnehin viele ahnen. Die Zahl der Entwickler-Insolvenzen wird in diesem Jahr noch einmal stark anziehen, weil sich einerseits die Finanzierungsbedingungen nicht verbessern, anderseits die Trading-Developer ihr Geschäftsmodell kaum den neuen Gegebenheiten anpassen. Da die Inflation in den Vereinigten Staaten und im Euroraum weiterhin deutlich von der Zwei-Prozent-Marke entfernt ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen nochmal steigen, heute höher als das sie fallen. Damit dürfte es weiter nur eine geringe Investorennachfrage geben.
Um ihre Renditeziele zu erreichen und zusätzliches Kapital zu erschließen, müssten Developer im aktuellen Marktumfeld auf Longterm-Strategien umschalten. Die Schaffung eigener Fondsstrukturen oder Joint Ventures mit institutionellen Anlagern für Eigenkapitalbeschaffung sind eine Möglichkeit, Forward-Deals neu zu denken. Entwicklungsunternehmen ohne Bewirtschaftungskompetenz und Kapazitäten werden in diesem Marktzyklus leichter scheitern als Akteure, die sich in dieser Richtung neu aufstellen.
TPP: Wie schneidet der Investitionsstandort Deutschland aktuell im internationalen Vergleich ab?
GK: Deutschland ist als sicherer Hafen nicht mehr so gefragt wie unmittelbar nach der Finanzkrise. Dafür fehlt es an politischer Verlässlichkeit und wirtschaftlichem Potenzial. Das Bild, dass das Land als Ganzes abgibt, hält viele nationale und internationale Akteure von weiteren Engagements ab. Wer hier doch tätig wird, braucht wohl einen langen Atem. Buy und Manage-to-Core & Hold wird eine dominierende Strategie für Bestandsinvestments werden. Die Strategien der Käufer zielen schon jetzt auf das Hebeln der Energiestandards, um so bessere Finanzierungsbedingungen zu erhalten und letztlich die Eigenkapitalrendite zu leveragen.
TPP: Welche Nutzungsarten sehen Sie im Fokus?
GK: Das aktuelle Mietpreiswachstum lenkt die Begehrlichkeit auf Wohnen und dabei sowohl auf Bestandsportfolien als auch auf Neubauprojekte. Dabei nähern sich die Preisvorstellungen von Verkäufer- und Käuferseite langsam an. Zudem ist der politische Druck, Neubau zu realisieren und mehr bezahlbaren Wohnraum anzubieten, extrem hoch. Preisgedämpftes Wohnen mit einer Zuschusskomponente im Neubau ist für jede Kommune ein Gamechanger und wichtige Voraussetzung für mehr wirtschaftliches Wachstum. Das dürfte den lokalen Markteintritt erleichtern.
Daneben wird es auch weiter Investitionen in moderne Büros geben, allerdings nur in Projekte, die eine überzeugende CO2-Billanz vorweisen können. Nach unseren Analysen ist allerdings Vorsicht geboten. Das Mietwachstum ist noch zu überwertet, eine Preiskorrektur bei den Miethöhen auf 30 bis maximal 40 Euro je Quadratmeter in Core-Lagen ist realistisch. Damit sollte der Bodenrichtwert für Gewerbegrundstücke nochmal deutlich fallen.
TPP: Momentan sieht es nach einer längeren Durststrecke für viele Immobilieninvestoren aus. Womit würden sich denn auch kurzfristig guter Erträge erzielen lassen?
GK: Den aktuell effektivsten Hebel sehen wir in der energetischen Ertüchtigung von Wohnungsbeständen und der Erzeugung von grünem Strom. Dabei ist letztere interessanter als die reine Bestandssanierung, da mit dem gleichen Geldaufwand eine bessere Rendite erzielt wird. Die Immobilie wird künftig stärker als potenzieller Energielieferant gesehen werden, weshalb sich der Fokus von der Einsparung auf die CO2-neutrale Erzeugung von Wärme und Strom verschiebt. Das dürfte dann den nächsten Innovationsschub beim Bau von Wohnungen und Gewerbeflächen auslösen.
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Erstveröffentlichung: The Property Post vom 27.03.2024