Über Hemmschwellen und Effizienzgewinne
Jan-Oliver Meding, Geschäftsführender Gesellschafter MPP Meding Plan + Projekt GmbH nutzt BIM seit zwei Jahren. Aktuell führt MPP zwei Projekte als koordinierender BIM-Manager durch, ein komplexes Wohnungsbauprojekt in der Dresdner Altstadt und ein Hotelbau in Kiel.
Nach einer Umfrage der Bundesarchitektenkammer liegt der Anteil der deutschen Architektur- und Planungsbüros mit aktiver BIM-Nutzung gerade einmal bei neun Prozent. Warum setzt sich diese Methode in Deutschland so langsam durch?
Jan-Oliver Meding: Engländer, Skandinavier und Amerikaner sind technologieaffiner und haben andere Planungsstrukturen. In Deutschland sind wir traditionell beim Bauen an Abgrenzung gewöhnt. Erst Ausschreibung, dann Planung, dann wieder Ausschreibung, dann Ausführung. Jeder übernimmt nur seinen eigenen Part. Das steht natürlich fundamental gegen BIM: Denn hier sind die Erfahrungen aus Ausführung und Betrieb notwendig, um bereits in der Planung die richtigen Massen, Materialien und Zeiten zu berücksichtigen. Sowohl in Skandinavien als auch in angelsächsischen Ländern herrscht hingegen das Prinzip partnerschaftlichen Bauens vor. Allianzen zwischen Planern und Ausführenden sind die Regel. Sie finden Niederschlag in Mehrparteienverträgen, gemeinsamen Versicherungen und Runden Tischen während des gesamten Prozessverlaufs. Hinzu kommen mentale Hürde und persönliche Ressentiments. Technik und IT sind bei BIM das Hauptthema. Viele Architekten sehen sich noch im künstlerischen Bereich und fürchten, dass das mit der Computerisierung auf der Strecke bleibt.
Ihr Unternehmen nutzt BIM seit zwei Jahren. Wo liegen die Effizienzgewinne?
Wir rechnen mit Zeitgewinnen bis zu 20 Prozent und Ertragsgewinnen von bis zu zehn Prozent. Die Vorbereitungszeit ist zwar länger, weil so viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Wenn der eigentliche Planungsprozess dann aber beginnt, ist er strukturierter und schneller abgeschlossen. Planungsänderungen während der Projektphase sind bei BIM nicht vorgesehen. Damit sind die Architekten schneller bei anderen Projekten einsetzbar. Allerdings wird die Kommunikation viel komplexer. Im virtuellen Modell macht man nicht alles nacheinander, sondern gleichzeitig und kommt immer wieder zusammen, um die einzelnen Arbeitsergebnisse zu synchronisieren. Das heißt, dass Mitarbeiter stringent am Thema bleiben und die getroffenen Entscheidungen konsequent zu Ende führen müssen.
Wo liegen die größten Hemmschuhe für die Umstellung auf BIM?
Die größten Hemmschuhe sind der Investitions- und der Schulungsaufwand. Da BIM mehrheitlich auf Windows läuft, hieß das für uns, dass wir neue Computer und neue CAD-Programme kaufen oder mieten mussten. Für Lizenzen und Hardware fallen zwischen 10.000 und 15.000 Euro pro Arbeitsplatz an.
Und die personelle Seite?
Es ist extrem schwierig, Fachplaner mit BIM-Kenntnissen zu finden. Mehr als eine Handvoll gibt es noch nicht am Markt. Auch das Thema Schulung ist ein Nadelöhr. Schulungen kosten nicht nur Geld, man muss auch Plätze bekommen. Wir mussten als Hamburger Büro dann nach Berlin ausweichen, weil es in Hamburg keine Kapazitäten gab. Wir haben dann gute Erfahrungen gemacht mit Blöcken aus externer Schulung und anschließendem weiteren Inhouse-Training. Der Schulungs-Aufwand ist hoch, der Schritt von CAD zu BIM ist etwa so groß wie damals vom Tuschezeichnen zu CAD. Alle Beteiligten müssen eine hohe Arbeitsdisziplin aufweisen und wenn einer nicht mitmacht, funktioniert das ganze Konzept nicht.
Für welche Architekturaufgaben eignet sich BIM?
BIM ist etwas für Profis, die Entscheidungen treffen, die auf kalkulierbaren Parametern fußen und nicht emotional getroffen werden. In der Regel beginnt das bei etwa
fünf Millionen Euro Baukosten. Bei Großprojekten nutzen Investoren die BIM-Dateien später auch für ihr Asset- und Facility-Management. Für das individuelle Einfamilienhaus eines privaten Bauherrn ist BIM unwirtschaftlich. BIM-Modelle dienen ja gerade auch der standardisierten Gebäudeplanung, die erhobenen Daten stehen nachher auch anderen Projekten zur Verfügung.
Welche Rolle spielen in dem Prozess BIM-Manager und Bauherren?
Dem BIM-Manager kommt eine entscheidende Rolle zu. Er muss wie ein Löwendompteur fungieren und den Prozess steuern, damit alle in der vorgegebenen Zeit die geplante Qualität und Quantität abliefern. Ein externer BIM-Manager muss nicht zwangsläufig Architekt sein, auch wenn es natürlich naheliegt. Der ständige Einblick in die Fortschritte während der Projektphase ermöglicht eine bessere Kontrolle durch den Bauherrn, der dann auch in dieses Konzept eingebunden und diszipliniert werden muss. Und da der Dienstleister schlecht den Auftraggeber disziplinieren kann, ist ein Schiedsrichter, als den man den BIM-Manager auch betrachten kann, eine sinnvolle Sache.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von MPP Meding Plan + Projekt GmbH
Erstveröffentlichung: Süddeutsche Zeitung, 5.10.2018